Für diese Fälle des anonymen, pseudonymen oder Collec- tivverlages wird nun im §. 14 die Schutzfrist auf dreissig Jahre, von der ersten Ausgabe gerechnet, bestimmt mit dem Zusatze:
"vorausgesetzt, dass nicht auf dem Titelblatte, unter der Zu- eignung, oder am Schlusse der Vorrede der Herausgeber, Unternehmer, Besteller (§. 1) genannt ist, welcher in das volle Recht eines Urhebers tritt.
Uebrigens steht die Wahrnehmung der Rechte des anony- men oder pseudonymen Autors dem Verleger des Werkes als Stellvertreter zu."
Hier ist also unter der Beschränkung auf die Fälle des §. 1. b. c. die Möglichkeit vorgesehen, dass die Schutzfrist nach der Lebensdauer des Herausgebers, Unternehmers oder Bestel- lers bestimmt wird. Es ist diesen Personen gestattet, das von dem anonymen oder pseudonymen Verfasser oder von einer Mehrheit von Verfassern abgeleitete Verlagsrechte auf ihre eigene Lebensdauer mit der Nachfrist von dreissig Jahren für ihre Rechtsnachfolger auszunutzen, und in dieser Beziehung stellt das Oesterreichische Gesetz eine auffallende Abweichung von den Regeln der übrigen deutschen Nachdruckgesetze dar, welche alle in Uebereinstimmung mit dem Bundesbeschlusse vom 19. Juni 1845 die Schutzfrist für das vermuthete Verlags- recht der Verleger oder Herausgeber anonymer, pseudonymer oder collectiver Werke lediglich nach dem Tage des ersten Erscheinens, nicht nach der Lebensdauer des Verlegers oder Herausgebers bestimmen. Man könnte hier vielleicht von einem fingirten Verlagsrechte sprechen, wenn eben nicht die Voraus- setzung die wäre, dass der wirkliche Urheber unbekannt oder ungewiss ist. Das Gesetz will also nicht einen fingirten Au- tor, sondern eine, den Nachweis der Autorschaft ersetzende Vermuthung aufstellen. Dass es dabei die Berechnung der Schutzfrist nach der Lebensdauer des Verfassers auf den blossen Herausgeber oder Verleger überträgt, statt die Schutzfrist ano- nymer oder pseudonymer Werke allgemein vom Zeitpuncte der Herausgabe zu berechnen, ist offenbar unzweckmässig und konnte allerdings der Auffassung Vorschub leisten, als ob die Gleich- stellung des Herausgebers und Verlegers mit dem Urheber im §. 1 als eine vollständige Uebertragung aller auf das Recht des Urhebers bezüglichen Regeln auf dessen gedachte Stellver- treter aufzufassen wäre. Allein der Gesetzgeber hat offenbar
Herausgeber und Besteller.
Für diese Fälle des anonymen, pseudonymen oder Collec- tivverlages wird nun im §. 14 die Schutzfrist auf dreissig Jahre, von der ersten Ausgabe gerechnet, bestimmt mit dem Zusatze:
»vorausgesetzt, dass nicht auf dem Titelblatte, unter der Zu- eignung, oder am Schlusse der Vorrede der Herausgeber, Unternehmer, Besteller (§. 1) genannt ist, welcher in das volle Recht eines Urhebers tritt.
Uebrigens steht die Wahrnehmung der Rechte des anony- men oder pseudonymen Autors dem Verleger des Werkes als Stellvertreter zu.«
Hier ist also unter der Beschränkung auf die Fälle des §. 1. b. c. die Möglichkeit vorgesehen, dass die Schutzfrist nach der Lebensdauer des Herausgebers, Unternehmers oder Bestel- lers bestimmt wird. Es ist diesen Personen gestattet, das von dem anonymen oder pseudonymen Verfasser oder von einer Mehrheit von Verfassern abgeleitete Verlagsrechte auf ihre eigene Lebensdauer mit der Nachfrist von dreissig Jahren für ihre Rechtsnachfolger auszunutzen, und in dieser Beziehung stellt das Oesterreichische Gesetz eine auffallende Abweichung von den Regeln der übrigen deutschen Nachdruckgesetze dar, welche alle in Uebereinstimmung mit dem Bundesbeschlusse vom 19. Juni 1845 die Schutzfrist für das vermuthete Verlags- recht der Verleger oder Herausgeber anonymer, pseudonymer oder collectiver Werke lediglich nach dem Tage des ersten Erscheinens, nicht nach der Lebensdauer des Verlegers oder Herausgebers bestimmen. Man könnte hier vielleicht von einem fingirten Verlagsrechte sprechen, wenn eben nicht die Voraus- setzung die wäre, dass der wirkliche Urheber unbekannt oder ungewiss ist. Das Gesetz will also nicht einen fingirten Au- tor, sondern eine, den Nachweis der Autorschaft ersetzende Vermuthung aufstellen. Dass es dabei die Berechnung der Schutzfrist nach der Lebensdauer des Verfassers auf den blossen Herausgeber oder Verleger überträgt, statt die Schutzfrist ano- nymer oder pseudonymer Werke allgemein vom Zeitpuncte der Herausgabe zu berechnen, ist offenbar unzweckmässig und konnte allerdings der Auffassung Vorschub leisten, als ob die Gleich- stellung des Herausgebers und Verlegers mit dem Urheber im §. 1 als eine vollständige Uebertragung aller auf das Recht des Urhebers bezüglichen Regeln auf dessen gedachte Stellver- treter aufzufassen wäre. Allein der Gesetzgeber hat offenbar
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Herausgeber und Besteller.
Für diese Fälle des anonymen, pseudonymen oder Collec-
tivverlages wird nun im §. 14 die Schutzfrist auf dreissig Jahre,
von der ersten Ausgabe gerechnet, bestimmt mit dem Zusatze:
»vorausgesetzt, dass nicht auf dem Titelblatte, unter der Zu-
eignung, oder am Schlusse der Vorrede der Herausgeber,
Unternehmer, Besteller (§. 1) genannt ist, welcher in das
volle Recht eines Urhebers tritt.
Uebrigens steht die Wahrnehmung der Rechte des anony-
men oder pseudonymen Autors dem Verleger des Werkes
als Stellvertreter zu.«
Hier ist also unter der Beschränkung auf die Fälle des
§. 1. b. c. die Möglichkeit vorgesehen, dass die Schutzfrist nach
der Lebensdauer des Herausgebers, Unternehmers oder Bestel-
lers bestimmt wird. Es ist diesen Personen gestattet, das von
dem anonymen oder pseudonymen Verfasser oder von einer
Mehrheit von Verfassern abgeleitete Verlagsrechte auf ihre
eigene Lebensdauer mit der Nachfrist von dreissig Jahren für
ihre Rechtsnachfolger auszunutzen, und in dieser Beziehung
stellt das Oesterreichische Gesetz eine auffallende Abweichung
von den Regeln der übrigen deutschen Nachdruckgesetze dar,
welche alle in Uebereinstimmung mit dem Bundesbeschlusse
vom 19. Juni 1845 die Schutzfrist für das vermuthete Verlags-
recht der Verleger oder Herausgeber anonymer, pseudonymer
oder collectiver Werke lediglich nach dem Tage des ersten
Erscheinens, nicht nach der Lebensdauer des Verlegers oder
Herausgebers bestimmen. Man könnte hier vielleicht von einem
fingirten Verlagsrechte sprechen, wenn eben nicht die Voraus-
setzung die wäre, dass der wirkliche Urheber unbekannt oder
ungewiss ist. Das Gesetz will also nicht einen fingirten Au-
tor, sondern eine, den Nachweis der Autorschaft ersetzende
Vermuthung aufstellen. Dass es dabei die Berechnung der
Schutzfrist nach der Lebensdauer des Verfassers auf den blossen
Herausgeber oder Verleger überträgt, statt die Schutzfrist ano-
nymer oder pseudonymer Werke allgemein vom Zeitpuncte der
Herausgabe zu berechnen, ist offenbar unzweckmässig und konnte
allerdings der Auffassung Vorschub leisten, als ob die Gleich-
stellung des Herausgebers und Verlegers mit dem Urheber im
§. 1 als eine vollständige Uebertragung aller auf das Recht
des Urhebers bezüglichen Regeln auf dessen gedachte Stellver-
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/243>, abgerufen am 24.11.2024.
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