In der letzteren Beziehung wird beispielsweise bemerkt 1), dass der Gypsabguss von dem Angesichte einer lebenden oder todten Person nicht gegen Nachbildung geschützt ist.
Die zweifelhafte und bestrittene Frage, ob die photogra- phische Nachbildung der Naturgegenstände als ein originales Geistesproduct den Rechtsschutz gegen unbefugte Vervielfälti- gung geniesst, oder ob dieselbe als eine bloss mechanische Re- production der Natur anzusehen ist, wird im §. 18 erörtert werden.
Der andere Theil der oben aufgestellten Bedingung: dass das Werk nicht die Wiederholung eines andern Geistesproductes sein darf, unterliegt einer Einschränkung, da auch die Wieder- holung eines Originals in veränderter Form wieder als ein originales Geistesproduct gilt, sofern die vorgenommene Formveränderung sich als ein selbständiges Geisteserzeugniss darstellt, das der mechanischen Wiederholung fähig ist und durch diese Reproduction einen vermögensrechtlichen Nutzen gewähren kann. Dies gilt z. B. von der Uebersetzung von Schriften aus einer Sprache in die andere; ferner von der Re- production von Werken der bildenden Kunst durch Kupferstich, Lithographie, Modellirung etc. Auch bei Erfindungen kann die Verbesserung eines bereits bekannten Verfahrens oder Werk- zeuges Gegenstand eines Erfindungspatentes werden, sofern die Verbesserung nicht eine blosse Variation des Vorhandenen, son- dern eine wirklich neue geistige Production darstellt (oben S. 130).
Das geistige Eigenthum an einer solchen Wiederholung in veränderter Form ist unabhängig von der Existenz eines gei- stigen Eigenthumes an dem Originale. Es kann daher ein Verlagsrecht an einer Uebersetzung oder einem Kupferstiche bestehen, sowohl in dem Falle, dass das Original selbst Gegen- stand des geistigen Eigenthumes ist, als auch in dem Falle, dass das ausschliessliche Recht der Vervielfältigung an dem Ori- ginale bereits erloschen ist. Ebenso kann ein Verbesserungspa- tent ebensowohl für die Veränderung eines patentirten als einer in den freien Gebrauch übergegangenen Erfindung genommen werden. Doch wird in dem ersten Falle der Gebrauch des gei- stigen Eigenthumes durch das dem Urheber des Originales zu-
1) Gambastide, Traite theorique et pratique des contrefacons en tous genres, ou de la propriete en matiere de litterature etc. p. 381.
Originalität.
In der letzteren Beziehung wird beispielsweise bemerkt 1), dass der Gypsabguss von dem Angesichte einer lebenden oder todten Person nicht gegen Nachbildung geschützt ist.
Die zweifelhafte und bestrittene Frage, ob die photogra- phische Nachbildung der Naturgegenstände als ein originales Geistesproduct den Rechtsschutz gegen unbefugte Vervielfälti- gung geniesst, oder ob dieselbe als eine bloss mechanische Re- production der Natur anzusehen ist, wird im §. 18 erörtert werden.
Der andere Theil der oben aufgestellten Bedingung: dass das Werk nicht die Wiederholung eines andern Geistesproductes sein darf, unterliegt einer Einschränkung, da auch die Wieder- holung eines Originals in veränderter Form wieder als ein originales Geistesproduct gilt, sofern die vorgenommene Formveränderung sich als ein selbständiges Geisteserzeugniss darstellt, das der mechanischen Wiederholung fähig ist und durch diese Reproduction einen vermögensrechtlichen Nutzen gewähren kann. Dies gilt z. B. von der Uebersetzung von Schriften aus einer Sprache in die andere; ferner von der Re- production von Werken der bildenden Kunst durch Kupferstich, Lithographie, Modellirung etc. Auch bei Erfindungen kann die Verbesserung eines bereits bekannten Verfahrens oder Werk- zeuges Gegenstand eines Erfindungspatentes werden, sofern die Verbesserung nicht eine blosse Variation des Vorhandenen, son- dern eine wirklich neue geistige Production darstellt (oben S. 130).
Das geistige Eigenthum an einer solchen Wiederholung in veränderter Form ist unabhängig von der Existenz eines gei- stigen Eigenthumes an dem Originale. Es kann daher ein Verlagsrecht an einer Uebersetzung oder einem Kupferstiche bestehen, sowohl in dem Falle, dass das Original selbst Gegen- stand des geistigen Eigenthumes ist, als auch in dem Falle, dass das ausschliessliche Recht der Vervielfältigung an dem Ori- ginale bereits erloschen ist. Ebenso kann ein Verbesserungspa- tent ebensowohl für die Veränderung eines patentirten als einer in den freien Gebrauch übergegangenen Erfindung genommen werden. Doch wird in dem ersten Falle der Gebrauch des gei- stigen Eigenthumes durch das dem Urheber des Originales zu-
1) Gambastide, Traité théorique et pratique des contrefaçons en tous genres, ou de la propriété en matière de littérature etc. p. 381.
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Originalität.
In der letzteren Beziehung wird beispielsweise bemerkt 1), dass
der Gypsabguss von dem Angesichte einer lebenden oder todten
Person nicht gegen Nachbildung geschützt ist.
Die zweifelhafte und bestrittene Frage, ob die photogra-
phische Nachbildung der Naturgegenstände als ein originales
Geistesproduct den Rechtsschutz gegen unbefugte Vervielfälti-
gung geniesst, oder ob dieselbe als eine bloss mechanische Re-
production der Natur anzusehen ist, wird im §. 18 erörtert
werden.
Der andere Theil der oben aufgestellten Bedingung: dass
das Werk nicht die Wiederholung eines andern Geistesproductes
sein darf, unterliegt einer Einschränkung, da auch die Wieder-
holung eines Originals in veränderter Form wieder als
ein originales Geistesproduct gilt, sofern die vorgenommene
Formveränderung sich als ein selbständiges Geisteserzeugniss
darstellt, das der mechanischen Wiederholung fähig ist und
durch diese Reproduction einen vermögensrechtlichen Nutzen
gewähren kann. Dies gilt z. B. von der Uebersetzung von
Schriften aus einer Sprache in die andere; ferner von der Re-
production von Werken der bildenden Kunst durch Kupferstich,
Lithographie, Modellirung etc. Auch bei Erfindungen kann
die Verbesserung eines bereits bekannten Verfahrens oder Werk-
zeuges Gegenstand eines Erfindungspatentes werden, sofern die
Verbesserung nicht eine blosse Variation des Vorhandenen, son-
dern eine wirklich neue geistige Production darstellt (oben S. 130).
Das geistige Eigenthum an einer solchen Wiederholung in
veränderter Form ist unabhängig von der Existenz eines gei-
stigen Eigenthumes an dem Originale. Es kann daher ein
Verlagsrecht an einer Uebersetzung oder einem Kupferstiche
bestehen, sowohl in dem Falle, dass das Original selbst Gegen-
stand des geistigen Eigenthumes ist, als auch in dem Falle,
dass das ausschliessliche Recht der Vervielfältigung an dem Ori-
ginale bereits erloschen ist. Ebenso kann ein Verbesserungspa-
tent ebensowohl für die Veränderung eines patentirten als einer
in den freien Gebrauch übergegangenen Erfindung genommen
werden. Doch wird in dem ersten Falle der Gebrauch des gei-
stigen Eigenthumes durch das dem Urheber des Originales zu-
1) Gambastide, Traité théorique et pratique des contrefaçons en
tous genres, ou de la propriété en matière de littérature etc. p. 381.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/149>, abgerufen am 28.11.2024.
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