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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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IV. Das geistige Eigenthum. §. 12. Begriff und Sprachgebrauch.
senschaft und Kunst 1) oder literarisches und artistisches Eigen-
thum 2); und auch in den Patentgesetzen verschiedener deut-
scher und ausländischer Staaten werden die Erfindungen als
ein geistiges Eigenthum des Urhebers bezeichnet 3).

Der Gebrauch dieser Bezeichnung ist von neueren juristi-
schen Schriftstellern vielfach bekämpft worden 4). Ihre Angriffe
sind indess lediglich gegen die Verwechslung des geistigen Ei-
genthumes mit dem Sacheigenthume und gegen die unzulässige
Ausdehnung des Eigenthumsbegriffes gerichtet, welche die nächste
Veranlassung zu dem herrschenden Sprachgebrauche gegeben
hat. Diese Einwendungen sind indess nicht geeignet, den ein-
mal von der Gesetzgebung und von der Wissenschaft recipirten
Sprachgebrauch zu beseitigen. Man kann sich füglich der Be-
zeichnung: geistiges Eigenthum bedienen, ohne dadurch die ge-
nerische Verschiedenheit des Urheberrechtes an Geistesproducten
und des Sacheigenthumes in Zweifel zu ziehen. Die Bezeich-
nung des geistigen Eigenthumes hat also dieselbe Berechtigung,
wie andere allgemein angenommene juristische Kunstausdrücke,
welche bei bloss wörtlicher Auffassung einen Widerspruch er-
geben, wie z. B. die vermuthete Vollmacht, die geistliche Ver-
wandtschaft, die moralische Person u. dgl. m.

Ueberdiess fehlt es an einem andern recipirten Kunstaus-
drucke, welcher das geistige Eigenthum zu verdrängen geeig-
net wäre. Das Verlagsrecht ist ein von dem ursprünglichen
geistigen Eigenthume verschiedenes abgeleitetes Recht, welches
zu seiner Begründung einen Verlagsvertrag voraussetzt. (Vergl.
§. 28 Nr. 4.). Es umfasst nur das Recht der Vervielfältigung
von Schriften und Kunstwerken, nicht die Rechte des Erfinders,

1) Preuss. Gesetz v. 11. Juni 1837. Baierisch. Gesetz v. 15. April
1840. Braunschweig. Gesetz v. 10. Februar 1842. Grossherzogl. Sächs.
Gesetz v. 11. Januar 1839.
2) Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846. Kurfürstl. Hess. Ver-
ordnung v. 16. Mai 1829.
3) Oesterreich. Gesetz v. 15. August 1852. Engl. Statut 17 Ge-
orge III. Cap. 57. Neapolit. Decret v. 2. März 1810. Französ. Gesetz
v. 25. Mai 1791.
4) Neustetel, Der Büchernachdruck nach Römischem Rechte be-
trachtet. Heidelberg 1824. S. 4 ff. Wächter, Das Verlagsrecht. Stutt-
gart 1857. Bd. I. S. 99 ff. Maurenbrecher, Deutsches Privatrecht
§. 506. Gerber, Deutsches Privatrecht §. 219. Note 3. Renouard,
Traite des droits d'auteurs. Paris 1838. Tom. I. p. 455.

IV. Das geistige Eigenthum. §. 12. Begriff und Sprachgebrauch.
senschaft und Kunst 1) oder literarisches und artistisches Eigen-
thum 2); und auch in den Patentgesetzen verschiedener deut-
scher und ausländischer Staaten werden die Erfindungen als
ein geistiges Eigenthum des Urhebers bezeichnet 3).

Der Gebrauch dieser Bezeichnung ist von neueren juristi-
schen Schriftstellern vielfach bekämpft worden 4). Ihre Angriffe
sind indess lediglich gegen die Verwechslung des geistigen Ei-
genthumes mit dem Sacheigenthume und gegen die unzulässige
Ausdehnung des Eigenthumsbegriffes gerichtet, welche die nächste
Veranlassung zu dem herrschenden Sprachgebrauche gegeben
hat. Diese Einwendungen sind indess nicht geeignet, den ein-
mal von der Gesetzgebung und von der Wissenschaft recipirten
Sprachgebrauch zu beseitigen. Man kann sich füglich der Be-
zeichnung: geistiges Eigenthum bedienen, ohne dadurch die ge-
nerische Verschiedenheit des Urheberrechtes an Geistesproducten
und des Sacheigenthumes in Zweifel zu ziehen. Die Bezeich-
nung des geistigen Eigenthumes hat also dieselbe Berechtigung,
wie andere allgemein angenommene juristische Kunstausdrücke,
welche bei bloss wörtlicher Auffassung einen Widerspruch er-
geben, wie z. B. die vermuthete Vollmacht, die geistliche Ver-
wandtschaft, die moralische Person u. dgl. m.

Ueberdiess fehlt es an einem andern recipirten Kunstaus-
drucke, welcher das geistige Eigenthum zu verdrängen geeig-
net wäre. Das Verlagsrecht ist ein von dem ursprünglichen
geistigen Eigenthume verschiedenes abgeleitetes Recht, welches
zu seiner Begründung einen Verlagsvertrag voraussetzt. (Vergl.
§. 28 Nr. 4.). Es umfasst nur das Recht der Vervielfältigung
von Schriften und Kunstwerken, nicht die Rechte des Erfinders,

1) Preuss. Gesetz v. 11. Juni 1837. Baierisch. Gesetz v. 15. April
1840. Braunschweig. Gesetz v. 10. Februar 1842. Grossherzogl. Sächs.
Gesetz v. 11. Januar 1839.
2) Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846. Kurfürstl. Hess. Ver-
ordnung v. 16. Mai 1829.
3) Oesterreich. Gesetz v. 15. August 1852. Engl. Statut 17 Ge-
orge III. Cap. 57. Neapolit. Decret v. 2. März 1810. Französ. Gesetz
v. 25. Mai 1791.
4) Neustetel, Der Büchernachdruck nach Römischem Rechte be-
trachtet. Heidelberg 1824. S. 4 ff. Wächter, Das Verlagsrecht. Stutt-
gart 1857. Bd. I. S. 99 ff. Maurenbrecher, Deutsches Privatrecht
§. 506. Gerber, Deutsches Privatrecht §. 219. Note 3. Renouard,
Traité des droits d’auteurs. Paris 1838. Tom. I. p. 455.
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[118/0134] IV. Das geistige Eigenthum. §. 12. Begriff und Sprachgebrauch. senschaft und Kunst 1) oder literarisches und artistisches Eigen- thum 2); und auch in den Patentgesetzen verschiedener deut- scher und ausländischer Staaten werden die Erfindungen als ein geistiges Eigenthum des Urhebers bezeichnet 3). Der Gebrauch dieser Bezeichnung ist von neueren juristi- schen Schriftstellern vielfach bekämpft worden 4). Ihre Angriffe sind indess lediglich gegen die Verwechslung des geistigen Ei- genthumes mit dem Sacheigenthume und gegen die unzulässige Ausdehnung des Eigenthumsbegriffes gerichtet, welche die nächste Veranlassung zu dem herrschenden Sprachgebrauche gegeben hat. Diese Einwendungen sind indess nicht geeignet, den ein- mal von der Gesetzgebung und von der Wissenschaft recipirten Sprachgebrauch zu beseitigen. Man kann sich füglich der Be- zeichnung: geistiges Eigenthum bedienen, ohne dadurch die ge- nerische Verschiedenheit des Urheberrechtes an Geistesproducten und des Sacheigenthumes in Zweifel zu ziehen. Die Bezeich- nung des geistigen Eigenthumes hat also dieselbe Berechtigung, wie andere allgemein angenommene juristische Kunstausdrücke, welche bei bloss wörtlicher Auffassung einen Widerspruch er- geben, wie z. B. die vermuthete Vollmacht, die geistliche Ver- wandtschaft, die moralische Person u. dgl. m. Ueberdiess fehlt es an einem andern recipirten Kunstaus- drucke, welcher das geistige Eigenthum zu verdrängen geeig- net wäre. Das Verlagsrecht ist ein von dem ursprünglichen geistigen Eigenthume verschiedenes abgeleitetes Recht, welches zu seiner Begründung einen Verlagsvertrag voraussetzt. (Vergl. §. 28 Nr. 4.). Es umfasst nur das Recht der Vervielfältigung von Schriften und Kunstwerken, nicht die Rechte des Erfinders, 1) Preuss. Gesetz v. 11. Juni 1837. Baierisch. Gesetz v. 15. April 1840. Braunschweig. Gesetz v. 10. Februar 1842. Grossherzogl. Sächs. Gesetz v. 11. Januar 1839. 2) Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846. Kurfürstl. Hess. Ver- ordnung v. 16. Mai 1829. 3) Oesterreich. Gesetz v. 15. August 1852. Engl. Statut 17 Ge- orge III. Cap. 57. Neapolit. Decret v. 2. März 1810. Französ. Gesetz v. 25. Mai 1791. 4) Neustetel, Der Büchernachdruck nach Römischem Rechte be- trachtet. Heidelberg 1824. S. 4 ff. Wächter, Das Verlagsrecht. Stutt- gart 1857. Bd. I. S. 99 ff. Maurenbrecher, Deutsches Privatrecht §. 506. Gerber, Deutsches Privatrecht §. 219. Note 3. Renouard, Traité des droits d’auteurs. Paris 1838. Tom. I. p. 455.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/134>, abgerufen am 30.04.2024.