Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Nicht daß du wagtest,
In das Allerheiligste zu gehn!
Viel unüberdachte, nie gepriesne, nie gefeyrte,
Himmlische Gnaden sind in dem Heiligthume.
Von ferne nur, nur Einen gemilderten Schimmer,
Damit ich nicht sterbe!
Einen für mich durch Erdenacht gemilderten Schimmer
Deiner Herrlichkeit seh ich.
Wie groß war der, der beten durfte:
Hab ich Gnade vor dir gefunden; so laß mich
Deine Herrlichkeit sehn!
So zum Unendlichen beten durft', und erhört ward!
In das Land des Golgatha kam er nicht!
An ihm rächt' es ein früherer Tod,
Daß er Einmal, nur Einmal nicht glaubte!
Wie groß zeigt ihn selbst die Strafe!
Ihn verbarg der Vater
In eine Nacht des Berges,
Als vor dem Endlichen vorüberging
Des Sohnes Herrlichkeit!
Als die Posaun' auf Sinai schwieg,
Und die Stimme der Donner!
Als Gott
Von Gott sprach!

Unein-

Nicht daß du wagteſt,
In das Allerheiligſte zu gehn!
Viel unuͤberdachte, nie geprieſne, nie gefeyrte,
Himmliſche Gnaden ſind in dem Heiligthume.
Von ferne nur, nur Einen gemilderten Schimmer,
Damit ich nicht ſterbe!
Einen fuͤr mich durch Erdenacht gemilderten Schim̃er
Deiner Herrlichkeit ſeh ich.
Wie groß war der, der beten durfte:
Hab ich Gnade vor dir gefunden; ſo laß mich
Deine Herrlichkeit ſehn!
So zum Unendlichen beten durft’, und erhoͤrt ward!
In das Land des Golgatha kam er nicht!
An ihm raͤcht’ es ein fruͤherer Tod,
Daß er Einmal, nur Einmal nicht glaubte!
Wie groß zeigt ihn ſelbſt die Strafe!
Ihn verbarg der Vater
In eine Nacht des Berges,
Als vor dem Endlichen voruͤberging
Des Sohnes Herrlichkeit!
Als die Poſaun’ auf Sinai ſchwieg,
Und die Stimme der Donner!
Als Gott
Von Gott ſprach!

Unein-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0028" n="20"/>
            <lg n="13">
              <l><hi rendition="#in">N</hi>icht daß du wagte&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>In das Allerheilig&#x017F;te zu gehn!</l><lb/>
              <l>Viel unu&#x0364;berdachte, nie geprie&#x017F;ne, nie gefeyrte,</l><lb/>
              <l>Himmli&#x017F;che Gnaden &#x017F;ind in dem Heiligthume.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="14">
              <l><hi rendition="#in">V</hi>on ferne nur, nur Einen gemilderten Schimmer,</l><lb/>
              <l>Damit ich nicht &#x017F;terbe!</l><lb/>
              <l>Einen fu&#x0364;r mich durch Erdenacht gemilderten Schim&#x0303;er</l><lb/>
              <l>Deiner Herrlichkeit &#x017F;eh ich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="15">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>ie groß war der, der beten durfte:</l><lb/>
              <l>Hab ich Gnade vor dir gefunden; &#x017F;o laß mich</l><lb/>
              <l>Deine Herrlichkeit &#x017F;ehn!</l><lb/>
              <l>So zum Unendlichen beten durft&#x2019;, und erho&#x0364;rt ward!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="16">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>n das Land des Golgatha kam er nicht!</l><lb/>
              <l>An ihm ra&#x0364;cht&#x2019; es ein fru&#x0364;herer Tod,</l><lb/>
              <l>Daß er Einmal, nur Einmal nicht glaubte!</l><lb/>
              <l>Wie groß zeigt ihn &#x017F;elb&#x017F;t die Strafe!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="17">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>hn verbarg der Vater</l><lb/>
              <l>In eine Nacht des Berges,</l><lb/>
              <l>Als vor dem Endlichen voru&#x0364;berging</l><lb/>
              <l>Des Sohnes Herrlichkeit!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="18">
              <l><hi rendition="#in">A</hi>ls die Po&#x017F;aun&#x2019; auf Sinai &#x017F;chwieg,</l><lb/>
              <l>Und die Stimme der Donner!</l><lb/>
              <l>Als Gott</l><lb/>
              <l>Von Gott &#x017F;prach!</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Unein-</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0028] Nicht daß du wagteſt, In das Allerheiligſte zu gehn! Viel unuͤberdachte, nie geprieſne, nie gefeyrte, Himmliſche Gnaden ſind in dem Heiligthume. Von ferne nur, nur Einen gemilderten Schimmer, Damit ich nicht ſterbe! Einen fuͤr mich durch Erdenacht gemilderten Schim̃er Deiner Herrlichkeit ſeh ich. Wie groß war der, der beten durfte: Hab ich Gnade vor dir gefunden; ſo laß mich Deine Herrlichkeit ſehn! So zum Unendlichen beten durft’, und erhoͤrt ward! In das Land des Golgatha kam er nicht! An ihm raͤcht’ es ein fruͤherer Tod, Daß er Einmal, nur Einmal nicht glaubte! Wie groß zeigt ihn ſelbſt die Strafe! Ihn verbarg der Vater In eine Nacht des Berges, Als vor dem Endlichen voruͤberging Des Sohnes Herrlichkeit! Als die Poſaun’ auf Sinai ſchwieg, Und die Stimme der Donner! Als Gott Von Gott ſprach! Unein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/28
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/28>, abgerufen am 20.04.2024.