[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.Meine Seele dürstet! Wie nach der Auferstehung verdorrtes Gebein, So dürstet meine Seele Nach diesen Augenblicken deiner Erbarmungen! Ich liege vor dir auf meinem Angesichte; O läg ich, Vater, noch tiefer vor dir, Gebückt in dem Staube Der untersten der Welten! Du denkst, du empfindest, O du, die seyn wird, Die höher denken, Die seliger wird empfinden! O die du anschaun wirst! Durch wen, o meine Seele? Durch den, Unsterbliche! Der war! und der ist! und der seyn wird! Du, den Worte nicht nennen, Deine noch ungeschaute Gegenwart Erleucht', und erhebe jeden meiner Gedanken! Leit ihn, Unerschafner, zu dir! Deiner Gottheit Gegenwart Entflamm', und beflügle Jede meiner Empfindungen! Leite sie, Unerschafner, zu dir! Wer B
Meine Seele duͤrſtet! Wie nach der Auferſtehung verdorrtes Gebein, So duͤrſtet meine Seele Nach dieſen Augenblicken deiner Erbarmungen! Ich liege vor dir auf meinem Angeſichte; O laͤg ich, Vater, noch tiefer vor dir, Gebuͤckt in dem Staube Der unterſten der Welten! Du denkſt, du empfindeſt, O du, die ſeyn wird, Die hoͤher denken, Die ſeliger wird empfinden! O die du anſchaun wirſt! Durch wen, o meine Seele? Durch den, Unſterbliche! Der war! und der iſt! und der ſeyn wird! Du, den Worte nicht nennen, Deine noch ungeſchaute Gegenwart Erleucht’, und erhebe jeden meiner Gedanken! Leit ihn, Unerſchafner, zu dir! Deiner Gottheit Gegenwart Entflamm’, und befluͤgle Jede meiner Empfindungen! Leite ſie, Unerſchafner, zu dir! Wer B
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Nach dieſen Augenblicken deiner Erbarmungen!
Ich liege vor dir auf meinem Angeſichte;
O laͤg ich, Vater, noch tiefer vor dir,
Gebuͤckt in dem Staube
Der unterſten der Welten!
Du denkſt, du empfindeſt,
O du, die ſeyn wird,
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O die du anſchaun wirſt!
Durch wen, o meine Seele?
Durch den, Unſterbliche!
Der war! und der iſt! und der ſeyn wird!
Du, den Worte nicht nennen,
Deine noch ungeſchaute Gegenwart
Erleucht’, und erhebe jeden meiner Gedanken!
Leit ihn, Unerſchafner, zu dir!
Deiner Gottheit Gegenwart
Entflamm’, und befluͤgle
Jede meiner Empfindungen!
Leite ſie, Unerſchafner, zu dir!
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