Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Stolz auf die Kühne, stolzer auf sich, bemaß
Die hohe Brittin, aber mit edlem Blick,
Thuiskons Tochter: Ja bey Barden
Wuchs ich mit dir in dem Eichenhain auf;
Allein ich glaubte, daß du gestorben wärst!
Verzeih, o Muse, wenn du unsterblich bist,
Verzeih, daß ichs erst jetzo lerne;
Aber am Ziele nur will ichs lernen!
Dort steht es! doch o siehst du das weitere,
Und seine Kron' auch? diesen gehaltnen Muth,
Dieß stolze Schweigen, diesen Blick, der
Feurig zur Erde sich senkt, die kenn' ich!
Doch eh der Herold dir zu gefahrvoll tönt,
Sinn's nach noch Einmal. Bin es nicht ich, die schon
Mit der an Thermopyl gestritten?
Und mit der hohen der sieben Hügel?
Sie sprachs. Der grosse, richtende Augenblick
Kam mit dem Herold näher. Ich liebe dich!
Sprach schnell mit Flammenblick Teutona,
Brittin, ich liebe dich mit Bewundrung!
Doch dich nicht heisser, als die Unsterblichkeit,
Und jene Palmen! rühre, dein Genius
Gebeut ers, sie vor mir, doch faß' ich,
Wenn du sie fassest, dann gleich die Kron' auch.

Und
H 2

Stolz auf die Kuͤhne, ſtolzer auf ſich, bemaß
Die hohe Brittin, aber mit edlem Blick,
Thuiskons Tochter: Ja bey Barden
Wuchs ich mit dir in dem Eichenhain auf;
Allein ich glaubte, daß du geſtorben waͤrſt!
Verzeih, o Muſe, wenn du unſterblich biſt,
Verzeih, daß ichs erſt jetzo lerne;
Aber am Ziele nur will ichs lernen!
Dort ſteht es! doch o ſiehſt du das weitere,
Und ſeine Kron’ auch? dieſen gehaltnen Muth,
Dieß ſtolze Schweigen, dieſen Blick, der
Feurig zur Erde ſich ſenkt, die kenn’ ich!
Doch eh der Herold dir zu gefahrvoll toͤnt,
Sinn’s nach noch Einmal. Bin es nicht ich, die ſchon
Mit der an Thermopyl geſtritten?
Und mit der hohen der ſieben Huͤgel?
Sie ſprachs. Der groſſe, richtende Augenblick
Kam mit dem Herold naͤher. Ich liebe dich!
Sprach ſchnell mit Flammenblick Teutona,
Brittin, ich liebe dich mit Bewundrung!
Doch dich nicht heiſſer, als die Unſterblichkeit,
Und jene Palmen! ruͤhre, dein Genius
Gebeut ers, ſie vor mir, doch faß’ ich,
Wenn du ſie faſſeſt, dann gleich die Kron’ auch.

Und
H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0123" n="115"/>
            <lg n="83">
              <l><hi rendition="#in">S</hi>tolz auf die Ku&#x0364;hne, &#x017F;tolzer auf &#x017F;ich, bemaß</l><lb/>
              <l>Die hohe Brittin, aber mit edlem Blick,</l><lb/>
              <l>Thuiskons Tochter: Ja bey Barden</l><lb/>
              <l>Wuchs ich mit dir in dem Eichenhain auf;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="84">
              <l><hi rendition="#in">A</hi>llein ich glaubte, daß du ge&#x017F;torben wa&#x0364;r&#x017F;t!</l><lb/>
              <l>Verzeih, o Mu&#x017F;e, wenn du un&#x017F;terblich bi&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Verzeih, daß ichs er&#x017F;t jetzo lerne;</l><lb/>
              <l>Aber am Ziele nur will ichs lernen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="85">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>ort &#x017F;teht es! doch o &#x017F;ieh&#x017F;t du das weitere,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;eine Kron&#x2019; auch? die&#x017F;en gehaltnen Muth,</l><lb/>
              <l>Dieß &#x017F;tolze Schweigen, die&#x017F;en Blick, der</l><lb/>
              <l>Feurig zur Erde &#x017F;ich &#x017F;enkt, die kenn&#x2019; ich!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="86">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>och eh der Herold dir zu gefahrvoll to&#x0364;nt,</l><lb/>
              <l>Sinn&#x2019;s nach noch Einmal. Bin es nicht ich, die &#x017F;chon</l><lb/>
              <l>Mit der an Thermopyl ge&#x017F;tritten?</l><lb/>
              <l>Und mit der hohen der &#x017F;ieben Hu&#x0364;gel?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="87">
              <l><hi rendition="#in">S</hi>ie &#x017F;prachs. Der gro&#x017F;&#x017F;e, richtende Augenblick</l><lb/>
              <l>Kam mit dem Herold na&#x0364;her. Ich liebe dich!</l><lb/>
              <l>Sprach &#x017F;chnell mit Flammenblick Teutona,</l><lb/>
              <l>Brittin, ich liebe dich mit Bewundrung!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="88">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>och dich nicht hei&#x017F;&#x017F;er, als die Un&#x017F;terblichkeit,</l><lb/>
              <l>Und jene Palmen! ru&#x0364;hre, dein Genius</l><lb/>
              <l>Gebeut ers, &#x017F;ie vor mir, doch faß&#x2019; ich,</l><lb/>
              <l>Wenn du &#x017F;ie fa&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t, dann gleich die Kron&#x2019; auch.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">H 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0123] Stolz auf die Kuͤhne, ſtolzer auf ſich, bemaß Die hohe Brittin, aber mit edlem Blick, Thuiskons Tochter: Ja bey Barden Wuchs ich mit dir in dem Eichenhain auf; Allein ich glaubte, daß du geſtorben waͤrſt! Verzeih, o Muſe, wenn du unſterblich biſt, Verzeih, daß ichs erſt jetzo lerne; Aber am Ziele nur will ichs lernen! Dort ſteht es! doch o ſiehſt du das weitere, Und ſeine Kron’ auch? dieſen gehaltnen Muth, Dieß ſtolze Schweigen, dieſen Blick, der Feurig zur Erde ſich ſenkt, die kenn’ ich! Doch eh der Herold dir zu gefahrvoll toͤnt, Sinn’s nach noch Einmal. Bin es nicht ich, die ſchon Mit der an Thermopyl geſtritten? Und mit der hohen der ſieben Huͤgel? Sie ſprachs. Der groſſe, richtende Augenblick Kam mit dem Herold naͤher. Ich liebe dich! Sprach ſchnell mit Flammenblick Teutona, Brittin, ich liebe dich mit Bewundrung! Doch dich nicht heiſſer, als die Unſterblichkeit, Und jene Palmen! ruͤhre, dein Genius Gebeut ers, ſie vor mir, doch faß’ ich, Wenn du ſie faſſeſt, dann gleich die Kron’ auch. Und H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/123
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/123>, abgerufen am 21.11.2024.