Von ihr sollt ein König entstehn, der die Herrschaften Davids Mächtig besitzen und Jsraels Erbe verherrlichen würde. Er hieß JEsus, so sollte sie ihn, den Göttersohn, nennen. Ewig sollte die Macht des großen Königreichs dauern. Dieses vernahmt ihr, Warum erstaunten die Götter der Hölle, Da sie dies hörten? Jch selber, ich habe viel mehr noch gesehen; Doch mich erschreckt nichts. Jch will euch alles treulich entdecken. Nichts will ich euch verschweigen, damit ihr sehet, wie feurig, Sich mein Muth in Gefahren erhebt; sinds anders Ge- fahren, Wenn sich auf unserer Welt ein sterblicher Träumer ver- göttert. Jch war auf Erden, und wartete dort auf des göttlichen Knabens Hohe Geburt. Jtzt wird aus deinem Schosse, Maria, Dacht ich, der Göttliche kommen. Geschwinder als Au- genblicke, Schneller noch als die Gedanken der Götter vom Zorne beflügelt, Wird er gen Himmel erwachsen. Jtzt deckt er in seiner Erhöhung Mit dem einen Fusse das Meer, mit dem andern den Erd- kreis. Jtzt wägt er in der erschrecklichen Rechte den Mond und die Sonne, Jn der Linken die Morgensterne. Da kömmt er und tödtet!
Mitten
E 4
Zweyter Geſang.
Von ihr ſollt ein Koͤnig entſtehn, der die Herrſchaften Davids Maͤchtig beſitzen und Jſraels Erbe verherrlichen wuͤrde. Er hieß JEſus, ſo ſollte ſie ihn, den Goͤtterſohn, nennen. Ewig ſollte die Macht des großen Koͤnigreichs dauern. Dieſes vernahmt ihr, Warum erſtaunten die Goͤtter der Hoͤlle, Da ſie dies hoͤrten? Jch ſelber, ich habe viel mehr noch geſehen; Doch mich erſchreckt nichts. Jch will euch alles treulich entdecken. Nichts will ich euch verſchweigen, damit ihr ſehet, wie feurig, Sich mein Muth in Gefahren erhebt; ſinds anders Ge- fahren, Wenn ſich auf unſerer Welt ein ſterblicher Traͤumer ver- goͤttert. Jch war auf Erden, und wartete dort auf des goͤttlichen Knabens Hohe Geburt. Jtzt wird aus deinem Schoſſe, Maria, Dacht ich, der Goͤttliche kommen. Geſchwinder als Au- genblicke, Schneller noch als die Gedanken der Goͤtter vom Zorne befluͤgelt, Wird er gen Himmel erwachſen. Jtzt deckt er in ſeiner Erhoͤhung Mit dem einen Fuſſe das Meer, mit dem andern den Erd- kreis. Jtzt waͤgt er in der erſchrecklichen Rechte den Mond und die Sonne, Jn der Linken die Morgenſterne. Da koͤmmt er und toͤdtet!
Mitten
E 4
<TEI><text><body><lgtype="poem"><lgn="21"><l><pbfacs="#f0075"n="71"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Zweyter Geſang.</hi></fw></l><lb/><l>Von ihr ſollt ein Koͤnig entſtehn, der die Herrſchaften<lb/><hirendition="#et">Davids</hi></l><lb/><l>Maͤchtig beſitzen und Jſraels Erbe verherrlichen wuͤrde.</l><lb/><l>Er hieß JEſus, ſo ſollte ſie ihn, den Goͤtterſohn, nennen.</l><lb/><l>Ewig ſollte die Macht des großen Koͤnigreichs dauern.</l><lb/><l>Dieſes vernahmt ihr, Warum erſtaunten die Goͤtter der<lb/><hirendition="#et">Hoͤlle,</hi></l><lb/><l>Da ſie dies hoͤrten? Jch ſelber, ich habe viel mehr noch<lb/><hirendition="#et">geſehen;</hi></l><lb/><l>Doch mich erſchreckt nichts. Jch will euch alles treulich<lb/><hirendition="#et">entdecken.</hi></l><lb/><l>Nichts will ich euch verſchweigen, damit ihr ſehet, wie<lb/><hirendition="#et">feurig,</hi></l><lb/><l>Sich mein Muth in Gefahren erhebt; ſinds anders Ge-<lb/><hirendition="#et">fahren,</hi></l><lb/><l>Wenn ſich auf unſerer Welt ein ſterblicher Traͤumer ver-<lb/><hirendition="#et">goͤttert.</hi></l><lb/><l>Jch war auf Erden, und wartete dort auf des goͤttlichen<lb/><hirendition="#et">Knabens</hi></l><lb/><l>Hohe Geburt. Jtzt wird aus deinem Schoſſe, Maria,</l><lb/><l>Dacht ich, der Goͤttliche kommen. Geſchwinder als Au-<lb/><hirendition="#et">genblicke,</hi></l><lb/><l>Schneller noch als die Gedanken der Goͤtter vom Zorne<lb/><hirendition="#et">befluͤgelt,</hi></l><lb/><l>Wird er gen Himmel erwachſen. Jtzt deckt er in ſeiner<lb/><hirendition="#et">Erhoͤhung</hi></l><lb/><l>Mit dem einen Fuſſe das Meer, mit dem andern den Erd-<lb/><hirendition="#et">kreis.</hi></l><lb/><l>Jtzt waͤgt er in der erſchrecklichen Rechte den Mond und<lb/><hirendition="#et">die Sonne,</hi></l><lb/><l>Jn der Linken die Morgenſterne. Da koͤmmt er und toͤdtet!<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Mitten</fw><lb/></l></lg></lg></body></text></TEI>
[71/0075]
Zweyter Geſang.
Von ihr ſollt ein Koͤnig entſtehn, der die Herrſchaften
Davids
Maͤchtig beſitzen und Jſraels Erbe verherrlichen wuͤrde.
Er hieß JEſus, ſo ſollte ſie ihn, den Goͤtterſohn, nennen.
Ewig ſollte die Macht des großen Koͤnigreichs dauern.
Dieſes vernahmt ihr, Warum erſtaunten die Goͤtter der
Hoͤlle,
Da ſie dies hoͤrten? Jch ſelber, ich habe viel mehr noch
geſehen;
Doch mich erſchreckt nichts. Jch will euch alles treulich
entdecken.
Nichts will ich euch verſchweigen, damit ihr ſehet, wie
feurig,
Sich mein Muth in Gefahren erhebt; ſinds anders Ge-
fahren,
Wenn ſich auf unſerer Welt ein ſterblicher Traͤumer ver-
goͤttert.
Jch war auf Erden, und wartete dort auf des goͤttlichen
Knabens
Hohe Geburt. Jtzt wird aus deinem Schoſſe, Maria,
Dacht ich, der Goͤttliche kommen. Geſchwinder als Au-
genblicke,
Schneller noch als die Gedanken der Goͤtter vom Zorne
befluͤgelt,
Wird er gen Himmel erwachſen. Jtzt deckt er in ſeiner
Erhoͤhung
Mit dem einen Fuſſe das Meer, mit dem andern den Erd-
kreis.
Jtzt waͤgt er in der erſchrecklichen Rechte den Mond und
die Sonne,
Jn der Linken die Morgenſterne. Da koͤmmt er und toͤdtet!
Mitten
E 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]
Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ erschienen zunächst in den ‚Neuen Beiträgen zum Vergnügen des Verstandes und des Witzes‘ (Bremen und Leipzig). Im Deutschen Textarchiv finden Sie mit dem 1749 in Halle erschienenen Druck die erste selbstständige Publikation des ersten bis dritten Gesangs. Ab 1751 erschienen diese und die weiteren Gesänge in vier Bänden, die Sie ebenfalls im DTA finden.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/75>, abgerufen am 29.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.