Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Messias.
Hier auf der Welt mein erobertes Reich, als König, zu
schützen.

Unterdeß stirb noch, Verlassner, vor mir! So sagt er, und
stürtzte

Stürmend auf Samma. Allein des ruhigschweigenden
Mittlers

Stille verborgne Gewalt kam, gleich der Allmacht des
Vaters,

Wenn er Welten geheim und still den Untergang zuwinckt,
Satan im Zorne zuvor; er floh, und vergaß im Entflie-
hen,

Unter allmächtigem Fusse das Meer und die Erde zu
schlagen.

Unterdeß stieg Samma von seinem Felsen hernieder.
Also entfloh vom hohen Euphrates Nebucadnezar,
Da ihm der Rathschluß der heiligen Wächter die mensch-
liche Bildung

Wiederum gab, und ihn zum Anschaun des Himmels er-
höhte.

GOttes Schrecknisse gingen nicht mehr, mit dem Rau-
schen Euphrates,

Vor ihm in dunklen sinaischen Donnerwettern vorüber.
Nebucadnezar kam auf die stolzen Höhen zu Babel,
Nicht mehr als GOtt; er lag, von da gen Himmel ver-
breitet,

Dankbar im Staube gebeugt, den Ewigern anzubeten.
Also kam Samma zu JEsu herab, und fiel vor ihm nieder!
Darf ich dir folgen, du heiliger Mann? ach laß mich mein
Leben

Das du mir wieder geschenkt, bey dir, Mann GOttes,
vollenden!

Also

Der Meſſias.
Hier auf der Welt mein erobertes Reich, als Koͤnig, zu
ſchuͤtzen.

Unterdeß ſtirb noch, Verlaſſner, vor mir! So ſagt er, und
ſtuͤrtzte

Stuͤrmend auf Samma. Allein des ruhigſchweigenden
Mittlers

Stille verborgne Gewalt kam, gleich der Allmacht des
Vaters,

Wenn er Welten geheim und ſtill den Untergang zuwinckt,
Satan im Zorne zuvor; er floh, und vergaß im Entflie-
hen,

Unter allmaͤchtigem Fuſſe das Meer und die Erde zu
ſchlagen.

Unterdeß ſtieg Samma von ſeinem Felſen hernieder.
Alſo entfloh vom hohen Euphrates Nebucadnezar,
Da ihm der Rathſchluß der heiligen Waͤchter die menſch-
liche Bildung

Wiederum gab, und ihn zum Anſchaun des Himmels er-
hoͤhte.

GOttes Schreckniſſe gingen nicht mehr, mit dem Rau-
ſchen Euphrates,

Vor ihm in dunklen ſinaiſchen Donnerwettern voruͤber.
Nebucadnezar kam auf die ſtolzen Hoͤhen zu Babel,
Nicht mehr als GOtt; er lag, von da gen Himmel ver-
breitet,

Dankbar im Staube gebeugt, den Ewigern anzubeten.
Alſo kam Samma zu JEſu herab, und fiel vor ihm nieder!
Darf ich dir folgen, du heiliger Mann? ach laß mich mein
Leben

Das du mir wieder geſchenkt, bey dir, Mann GOttes,
vollenden!

Alſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <lg n="9">
          <pb facs="#f0058" n="54"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw><lb/>
          <l>Hier auf der Welt mein erobertes Reich, als Ko&#x0364;nig, zu<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chu&#x0364;tzen.</hi></l><lb/>
          <l>Unterdeß &#x017F;tirb noch, Verla&#x017F;&#x017F;ner, vor mir! So &#x017F;agt er, und<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tu&#x0364;rtzte</hi></l><lb/>
          <l>Stu&#x0364;rmend auf Samma. Allein des ruhig&#x017F;chweigenden<lb/><hi rendition="#et">Mittlers</hi></l><lb/>
          <l>Stille verborgne Gewalt kam, gleich der Allmacht des<lb/><hi rendition="#et">Vaters,</hi></l><lb/>
          <l>Wenn er Welten geheim und &#x017F;till den Untergang zuwinckt,</l><lb/>
          <l>Satan im Zorne zuvor; er floh, und vergaß im Entflie-<lb/><hi rendition="#et">hen,</hi></l><lb/>
          <l>Unter allma&#x0364;chtigem Fu&#x017F;&#x017F;e das Meer und die Erde zu<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chlagen.</hi></l><lb/>
          <l>Unterdeß &#x017F;tieg Samma von &#x017F;einem Fel&#x017F;en hernieder.</l><lb/>
          <l>Al&#x017F;o entfloh vom hohen Euphrates Nebucadnezar,</l><lb/>
          <l>Da ihm der Rath&#x017F;chluß der heiligen Wa&#x0364;chter die men&#x017F;ch-<lb/><hi rendition="#et">liche Bildung</hi></l><lb/>
          <l>Wiederum gab, und ihn zum An&#x017F;chaun des Himmels er-<lb/><hi rendition="#et">ho&#x0364;hte.</hi></l><lb/>
          <l>GOttes Schreckni&#x017F;&#x017F;e gingen nicht mehr, mit dem Rau-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chen Euphrates,</hi></l><lb/>
          <l>Vor ihm in dunklen &#x017F;inai&#x017F;chen Donnerwettern voru&#x0364;ber.</l><lb/>
          <l>Nebucadnezar kam auf die &#x017F;tolzen Ho&#x0364;hen zu Babel,</l><lb/>
          <l>Nicht mehr als GOtt; er lag, von da gen Himmel ver-<lb/><hi rendition="#et">breitet,</hi></l><lb/>
          <l>Dankbar im Staube gebeugt, den Ewigern anzubeten.</l><lb/>
          <l>Al&#x017F;o kam Samma zu JE&#x017F;u herab, und fiel vor ihm nieder!</l><lb/>
          <l>Darf ich dir folgen, du heiliger Mann? ach laß mich mein<lb/><hi rendition="#et">Leben</hi></l><lb/>
          <l>Das du mir wieder ge&#x017F;chenkt, bey dir, Mann GOttes,<lb/><hi rendition="#et">vollenden!</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Al&#x017F;o</fw><lb/>
        </lg>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0058] Der Meſſias. Hier auf der Welt mein erobertes Reich, als Koͤnig, zu ſchuͤtzen. Unterdeß ſtirb noch, Verlaſſner, vor mir! So ſagt er, und ſtuͤrtzte Stuͤrmend auf Samma. Allein des ruhigſchweigenden Mittlers Stille verborgne Gewalt kam, gleich der Allmacht des Vaters, Wenn er Welten geheim und ſtill den Untergang zuwinckt, Satan im Zorne zuvor; er floh, und vergaß im Entflie- hen, Unter allmaͤchtigem Fuſſe das Meer und die Erde zu ſchlagen. Unterdeß ſtieg Samma von ſeinem Felſen hernieder. Alſo entfloh vom hohen Euphrates Nebucadnezar, Da ihm der Rathſchluß der heiligen Waͤchter die menſch- liche Bildung Wiederum gab, und ihn zum Anſchaun des Himmels er- hoͤhte. GOttes Schreckniſſe gingen nicht mehr, mit dem Rau- ſchen Euphrates, Vor ihm in dunklen ſinaiſchen Donnerwettern voruͤber. Nebucadnezar kam auf die ſtolzen Hoͤhen zu Babel, Nicht mehr als GOtt; er lag, von da gen Himmel ver- breitet, Dankbar im Staube gebeugt, den Ewigern anzubeten. Alſo kam Samma zu JEſu herab, und fiel vor ihm nieder! Darf ich dir folgen, du heiliger Mann? ach laß mich mein Leben Das du mir wieder geſchenkt, bey dir, Mann GOttes, vollenden! Alſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/58
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/58>, abgerufen am 03.05.2024.