Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.Der Messias. Hätte mir selbst traurig, und ungenießbar geschienen.Aber in deinem göttlichen Umgang, von deiner Erbar- mung, Stifter des ewigen Bundes, sanft überschattet, da lernt ich Selbst in zärtlicher Wehmuth mehr Seligkeiten empfin- den. Und nun trägst du sein Bild, das Bild des sterblichen Menschen! GOttmensch Erlöser, dich beten wir an! Vollende dein Opfer, Das du für uns, unsterblicher GOtt, zu vollenden her- abstiegst. Mache die Erde bald neu, die du zu verneuen beschlossest, Dein und unser Geburtsland. Komm bald gen Himmel zurücke! Komm, sey gegrüsset in deinen Erbarmungen, GOttmensch Erlöser; Also ertönte mit mächtigem Klang die Stimme der Seelen Durch die Gewölbe der englischen Burg. Der Messias vernahm sie Fern in der Tiefe. Wie mitten in dichtrischen Einsied- leyen, Jn zukünftige Folgen vertieft, prophetische Weisen Dich von fern, sanftwandelnde Stimme des Ewigen, hö- ren. JEsus gieng den Oelberg hinab. An der Mitte des Oel- bergs Stand
Der Meſſias. Haͤtte mir ſelbſt traurig, und ungenießbar geſchienen.Aber in deinem goͤttlichen Umgang, von deiner Erbar- mung, Stifter des ewigen Bundes, ſanft uͤberſchattet, da lernt ich Selbſt in zaͤrtlicher Wehmuth mehr Seligkeiten empfin- den. Und nun traͤgſt du ſein Bild, das Bild des ſterblichen Menſchen! GOttmenſch Erloͤſer, dich beten wir an! Vollende dein Opfer, Das du fuͤr uns, unſterblicher GOtt, zu vollenden her- abſtiegſt. Mache die Erde bald neu, die du zu verneuen beſchloſſeſt, Dein und unſer Geburtsland. Komm bald gen Himmel zuruͤcke! Komm, ſey gegruͤſſet in deinen Erbarmungen, GOttmenſch Erloͤſer; Alſo ertoͤnte mit maͤchtigem Klang die Stimme der Seelen Durch die Gewoͤlbe der engliſchen Burg. Der Meſſias vernahm ſie Fern in der Tiefe. Wie mitten in dichtriſchen Einſied- leyen, Jn zukuͤnftige Folgen vertieft, prophetiſche Weiſen Dich von fern, ſanftwandelnde Stimme des Ewigen, hoͤ- ren. JEſus gieng den Oelberg hinab. An der Mitte des Oel- bergs Stand
<TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <lg n="4"> <pb facs="#f0050" n="46"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meſſias.</hi> </fw><lb/> <l>Haͤtte mir ſelbſt traurig, und ungenießbar geſchienen.</l><lb/> <l>Aber in deinem goͤttlichen Umgang, von deiner Erbar-<lb/><hi rendition="#et">mung,</hi></l><lb/> <l>Stifter des ewigen Bundes, ſanft uͤberſchattet, da lernt<lb/><hi rendition="#et">ich</hi></l><lb/> <l>Selbſt in zaͤrtlicher Wehmuth mehr Seligkeiten empfin-<lb/><hi rendition="#et">den.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und nun traͤgſt du ſein Bild, das Bild des ſterblichen<lb/><hi rendition="#et">Menſchen!</hi></l><lb/> <l>GOttmenſch Erloͤſer, dich beten wir an! Vollende dein<lb/><hi rendition="#et">Opfer,</hi></l><lb/> <l>Das du fuͤr uns, unſterblicher GOtt, zu vollenden her-<lb/><hi rendition="#et">abſtiegſt.</hi></l><lb/> <l>Mache die Erde bald neu, die du zu verneuen beſchloſſeſt,</l><lb/> <l>Dein und unſer Geburtsland. Komm bald gen Himmel<lb/><hi rendition="#et">zuruͤcke!</hi></l><lb/> <l>Komm, ſey gegruͤſſet in deinen Erbarmungen, GOttmenſch<lb/><hi rendition="#et">Erloͤſer;</hi></l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Alſo ertoͤnte mit maͤchtigem Klang die Stimme der<lb/><hi rendition="#et">Seelen</hi></l><lb/> <l>Durch die Gewoͤlbe der engliſchen Burg. Der Meſſias<lb/><hi rendition="#et">vernahm ſie</hi></l><lb/> <l>Fern in der Tiefe. Wie mitten in dichtriſchen Einſied-<lb/><hi rendition="#et">leyen,</hi></l><lb/> <l>Jn zukuͤnftige Folgen vertieft, prophetiſche Weiſen</l><lb/> <l>Dich von fern, ſanftwandelnde Stimme des Ewigen, hoͤ-<lb/><hi rendition="#et">ren.</hi></l><lb/> <l>JEſus gieng den Oelberg hinab. An der Mitte des Oel-<lb/><hi rendition="#et">bergs</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Stand</fw><lb/> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [46/0050]
Der Meſſias.
Haͤtte mir ſelbſt traurig, und ungenießbar geſchienen.
Aber in deinem goͤttlichen Umgang, von deiner Erbar-
mung,
Stifter des ewigen Bundes, ſanft uͤberſchattet, da lernt
ich
Selbſt in zaͤrtlicher Wehmuth mehr Seligkeiten empfin-
den.
Und nun traͤgſt du ſein Bild, das Bild des ſterblichen
Menſchen!
GOttmenſch Erloͤſer, dich beten wir an! Vollende dein
Opfer,
Das du fuͤr uns, unſterblicher GOtt, zu vollenden her-
abſtiegſt.
Mache die Erde bald neu, die du zu verneuen beſchloſſeſt,
Dein und unſer Geburtsland. Komm bald gen Himmel
zuruͤcke!
Komm, ſey gegruͤſſet in deinen Erbarmungen, GOttmenſch
Erloͤſer;
Alſo ertoͤnte mit maͤchtigem Klang die Stimme der
Seelen
Durch die Gewoͤlbe der engliſchen Burg. Der Meſſias
vernahm ſie
Fern in der Tiefe. Wie mitten in dichtriſchen Einſied-
leyen,
Jn zukuͤnftige Folgen vertieft, prophetiſche Weiſen
Dich von fern, ſanftwandelnde Stimme des Ewigen, hoͤ-
ren.
JEſus gieng den Oelberg hinab. An der Mitte des Oel-
bergs
Stand
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |