Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.Der Messias. Eine der nächsten Sonnen am Himmel helleuchtend be-treten. Ueberall schweigen die Seraphim itzt, und feyren den An- blick. Mit dem der ewige Vater ihr heiliges Loblied belohnte. Jndem erschien der Seraph auf dieser Sonne dem Him- mel. GOtt sah ihn an, der Himmel mit GOtt. Er betete kniend. Zweymal die Zeit, in welcher ein Cherub den Namen Je- hova, Und das anbetende Dreymalheilig der Ewigkeit aus- spricht, Ward er des Anschauns der Gottheit gewürdigt. Drauf kam ihm der Thronen Erstgebohrner, ihn feyrlich vor GOtt zu führen, entgegen. GOtt nennt ihn seinen Geliebten; der Himmel Eloa. Vor allen, Die GOtt erschuf, ist er groß, der nächste dem Unerschaff- nen. Denkt er, so ist ein Gedanke von ihm so schön, als die Seele, Als die ganze Seele des Menschen vom Staube gebildet, Wenn sie, ihrer Unsterblichkeit würdig, gedankenvoll nachsinnt. Sein umschauender Blick ist schöner, als Frühlingsmor- gen, Lieblicher als die Gestirne, da sie vorm Throne des Schö- pfers Jugendlich nen, und voll Licht, mit ihren Tagen, vorbey- flohn. GOtt
Der Meſſias. Eine der naͤchſten Sonnen am Himmel helleuchtend be-treten. Ueberall ſchweigen die Seraphim itzt, und feyren den An- blick. Mit dem der ewige Vater ihr heiliges Loblied belohnte. Jndem erſchien der Seraph auf dieſer Sonne dem Him- mel. GOtt ſah ihn an, der Himmel mit GOtt. Er betete kniend. Zweymal die Zeit, in welcher ein Cherub den Namen Je- hova, Und das anbetende Dreymalheilig der Ewigkeit aus- ſpricht, Ward er des Anſchauns der Gottheit gewuͤrdigt. Drauf kam ihm der Thronen Erſtgebohrner, ihn feyrlich vor GOtt zu fuͤhren, entgegen. GOtt nennt ihn ſeinen Geliebten; der Himmel Eloa. Vor allen, Die GOtt erſchuf, iſt er groß, der naͤchſte dem Unerſchaff- nen. Denkt er, ſo iſt ein Gedanke von ihm ſo ſchoͤn, als die Seele, Als die ganze Seele des Menſchen vom Staube gebildet, Wenn ſie, ihrer Unſterblichkeit wuͤrdig, gedankenvoll nachſinnt. Sein umſchauender Blick iſt ſchoͤner, als Fruͤhlingsmor- gen, Lieblicher als die Geſtirne, da ſie vorm Throne des Schoͤ- pfers Jugendlich nen, und voll Licht, mit ihren Tagen, vorbey- flohn. GOtt
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Der Meſſias.
Eine der naͤchſten Sonnen am Himmel helleuchtend be-
treten.
Ueberall ſchweigen die Seraphim itzt, und feyren den An-
blick.
Mit dem der ewige Vater ihr heiliges Loblied belohnte.
Jndem erſchien der Seraph auf dieſer Sonne dem Him-
mel.
GOtt ſah ihn an, der Himmel mit GOtt. Er betete
kniend.
Zweymal die Zeit, in welcher ein Cherub den Namen Je-
hova,
Und das anbetende Dreymalheilig der Ewigkeit aus-
ſpricht,
Ward er des Anſchauns der Gottheit gewuͤrdigt. Drauf
kam ihm der Thronen
Erſtgebohrner, ihn feyrlich vor GOtt zu fuͤhren, entgegen.
GOtt nennt ihn ſeinen Geliebten; der Himmel Eloa.
Vor allen,
Die GOtt erſchuf, iſt er groß, der naͤchſte dem Unerſchaff-
nen.
Denkt er, ſo iſt ein Gedanke von ihm ſo ſchoͤn, als die
Seele,
Als die ganze Seele des Menſchen vom Staube gebildet,
Wenn ſie, ihrer Unſterblichkeit wuͤrdig, gedankenvoll
nachſinnt.
Sein umſchauender Blick iſt ſchoͤner, als Fruͤhlingsmor-
gen,
Lieblicher als die Geſtirne, da ſie vorm Throne des Schoͤ-
pfers
Jugendlich nen, und voll Licht, mit ihren Tagen, vorbey-
flohn.
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Zitationshilfe: | Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/24>, abgerufen am 16.02.2025. |