Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.Der Messias. Schon sein ganzes Betragen vorm Sitze der Herrlich-keit GOttes, Eh noch der eilende Seraph des Himmels Grentzen er- reichte. Jtzo erhuben sich neue geheimnißvolle Gespräche Zwischen ihm und dem Vater, von hohem tiefsinnigen Jn- halt, Selbst Unsterblichen dunkel, Gespräche von Dingen, die künftig GOttes Erlösung vor allen Erlösten verherrlichen wer- den. Unterdeß war der Seraph zur äussersten Grenze des Himmels Aufwärts gestiegen. Hier füllen nur Sonnen den heili- gen Umkreis. Hell, gleich einem vom Lichte gewebten ätherischen Vor- hang Zieht sich ihr Glanz um den Himmel herum. Kein dunk- ler Planete Naht sich des Himmels verderbendem Blick. Entfliehend und ferne Geht die bewölkte Natur vorüber: die Erden fliehn mit ihr Klein und unmerkbar dahin, wie unter dem Fusse des Wandrers Niedriger Staub, von Gewürmen bewohnt, aufwallet und hinsinkt. Um den Himmel herum sind tausend offene Wege, Lange, nicht auszusehende Wege, von Sonnen umgeben. Hier
Der Meſſias. Schon ſein ganzes Betragen vorm Sitze der Herrlich-keit GOttes, Eh noch der eilende Seraph des Himmels Grentzen er- reichte. Jtzo erhuben ſich neue geheimnißvolle Geſpraͤche Zwiſchen ihm und dem Vater, von hohem tiefſinnigen Jn- halt, Selbſt Unſterblichen dunkel, Geſpraͤche von Dingen, die kuͤnftig GOttes Erloͤſung vor allen Erloͤſten verherrlichen wer- den. Unterdeß war der Seraph zur aͤuſſerſten Grenze des Himmels Aufwaͤrts geſtiegen. Hier fuͤllen nur Sonnen den heili- gen Umkreis. Hell, gleich einem vom Lichte gewebten aͤtheriſchen Vor- hang Zieht ſich ihr Glanz um den Himmel herum. Kein dunk- ler Planete Naht ſich des Himmels verderbendem Blick. Entfliehend und ferne Geht die bewoͤlkte Natur voruͤber: die Erden fliehn mit ihr Klein und unmerkbar dahin, wie unter dem Fuſſe des Wandrers Niedriger Staub, von Gewuͤrmen bewohnt, aufwallet und hinſinkt. Um den Himmel herum ſind tauſend offene Wege, Lange, nicht auszuſehende Wege, von Sonnen umgeben. Hier
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Der Meſſias.
Schon ſein ganzes Betragen vorm Sitze der Herrlich-
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Eh noch der eilende Seraph des Himmels Grentzen er-
reichte.
Jtzo erhuben ſich neue geheimnißvolle Geſpraͤche
Zwiſchen ihm und dem Vater, von hohem tiefſinnigen Jn-
halt,
Selbſt Unſterblichen dunkel, Geſpraͤche von Dingen, die
kuͤnftig
GOttes Erloͤſung vor allen Erloͤſten verherrlichen wer-
den.
Unterdeß war der Seraph zur aͤuſſerſten Grenze des
Himmels
Aufwaͤrts geſtiegen. Hier fuͤllen nur Sonnen den heili-
gen Umkreis.
Hell, gleich einem vom Lichte gewebten aͤtheriſchen Vor-
hang
Zieht ſich ihr Glanz um den Himmel herum. Kein dunk-
ler Planete
Naht ſich des Himmels verderbendem Blick. Entfliehend
und ferne
Geht die bewoͤlkte Natur voruͤber: die Erden fliehn mit
ihr
Klein und unmerkbar dahin, wie unter dem Fuſſe des
Wandrers
Niedriger Staub, von Gewuͤrmen bewohnt, aufwallet
und hinſinkt.
Um den Himmel herum ſind tauſend offene Wege,
Lange, nicht auszuſehende Wege, von Sonnen umgeben.
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Zitationshilfe: | Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/18>, abgerufen am 16.07.2024. |