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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Dritter Gesang.

Alsdann wärst du ein Jünger von einem gefürchteten
Meister!

Alsdan würdest du auch dein Erbtheil früher erlangen!
Jst es gleich klein; so kannst du es doch, erlangst dus nur
frühe,

Endlich mit unermüdendem Fleiß, mit Wachen und Ar-
beit,

Durch Anbauung und Handeln bereichern, damit es der
andern

Grossen gesegnetem Erbe, wiewol von ferne nur, glei-
che.

Hierzu füllen gewis, für die Ueberlieferung JEsu,
Dir die dankbaren Priester mit ihrem Reichthum die
Hände.

Dies ist der Nath, den dir |dein bekümmerter Vater er-
theilet.

Schaue mich an! Jst dies nicht mein blasses erstorbenes
Antlitz!

Ja, aus dem Reiche der Schatten, da deinentwegen noch
zärtlich,

Komm ich hieher! Ein Engel des Lichts, der war wohl
dein Schutzgeist,

Leitete mich zu dir, da zeigt ich dir dieses im Traume.
Doch du erwachest. Verachte nicht, Sohn, die ermah-
nende Stimme

Deines Vaters, und laß mich nicht traurig in meine
Behausung

Unter die Seelen der Todten mit Herzeleid wiederkehren.

Satan richtete sich, nach Vollendung seiner Gesichte
Ueber ihm auf. So richtet sich hoch ein olympischer Berg
auf,

Welcher ein Thal war, wenn Thäler um ihn, bey Er-
schüttrung der Erde,

Mit unermeslichem sinkenden Schritt in die Tiefe sich
stürzen.

Judas erwacht und sprang ungestüm auf. Ja, sie war
es, die Stimme
Meines
J 2

Dritter Geſang.

Alsdann waͤrſt du ein Juͤnger von einem gefuͤrchteten
Meiſter!

Alsdan wuͤrdeſt du auch dein Erbtheil fruͤher erlangen!
Jſt es gleich klein; ſo kannſt du es doch, erlangſt dus nur
fruͤhe,

Endlich mit unermuͤdendem Fleiß, mit Wachen und Ar-
beit,

Durch Anbauung und Handeln bereichern, damit es der
andern

Groſſen geſegnetem Erbe, wiewol von ferne nur, glei-
che.

Hierzu fuͤllen gewis, fuͤr die Ueberlieferung JEſu,
Dir die dankbaren Prieſter mit ihrem Reichthum die
Haͤnde.

Dies iſt der Nath, den dir |dein bekuͤmmerter Vater er-
theilet.

Schaue mich an! Jſt dies nicht mein blaſſes erſtorbenes
Antlitz!

Ja, aus dem Reiche der Schatten, da deinentwegen noch
zaͤrtlich,

Komm ich hieher! Ein Engel des Lichts, der war wohl
dein Schutzgeiſt,

Leitete mich zu dir, da zeigt ich dir dieſes im Traume.
Doch du erwacheſt. Verachte nicht, Sohn, die ermah-
nende Stimme

Deines Vaters, und laß mich nicht traurig in meine
Behauſung

Unter die Seelen der Todten mit Herzeleid wiederkehren.

Satan richtete ſich, nach Vollendung ſeiner Geſichte
Ueber ihm auf. So richtet ſich hoch ein olympiſcher Berg
auf,

Welcher ein Thal war, wenn Thaͤler um ihn, bey Er-
ſchuͤttrung der Erde,

Mit unermeslichem ſinkenden Schritt in die Tiefe ſich
ſtuͤrzen.

Judas erwacht und ſprang ungeſtuͤm auf. Ja, ſie war
es, die Stimme
Meines
J 2
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[131/0135] Dritter Geſang. Alsdann waͤrſt du ein Juͤnger von einem gefuͤrchteten Meiſter! Alsdan wuͤrdeſt du auch dein Erbtheil fruͤher erlangen! Jſt es gleich klein; ſo kannſt du es doch, erlangſt dus nur fruͤhe, Endlich mit unermuͤdendem Fleiß, mit Wachen und Ar- beit, Durch Anbauung und Handeln bereichern, damit es der andern Groſſen geſegnetem Erbe, wiewol von ferne nur, glei- che. Hierzu fuͤllen gewis, fuͤr die Ueberlieferung JEſu, Dir die dankbaren Prieſter mit ihrem Reichthum die Haͤnde. Dies iſt der Nath, den dir |dein bekuͤmmerter Vater er- theilet. Schaue mich an! Jſt dies nicht mein blaſſes erſtorbenes Antlitz! Ja, aus dem Reiche der Schatten, da deinentwegen noch zaͤrtlich, Komm ich hieher! Ein Engel des Lichts, der war wohl dein Schutzgeiſt, Leitete mich zu dir, da zeigt ich dir dieſes im Traume. Doch du erwacheſt. Verachte nicht, Sohn, die ermah- nende Stimme Deines Vaters, und laß mich nicht traurig in meine Behauſung Unter die Seelen der Todten mit Herzeleid wiederkehren. Satan richtete ſich, nach Vollendung ſeiner Geſichte Ueber ihm auf. So richtet ſich hoch ein olympiſcher Berg auf, Welcher ein Thal war, wenn Thaͤler um ihn, bey Er- ſchuͤttrung der Erde, Mit unermeslichem ſinkenden Schritt in die Tiefe ſich ſtuͤrzen. Judas erwacht und ſprang ungeſtuͤm auf. Ja, ſie war es, die Stimme Meines J 2

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/135>, abgerufen am 02.05.2024.