Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.
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Der Meſſias.
Schlummernden Staͤdten. Der Tod liegt auf ihren
verbreiteten Fluͤgeln
An den Mauern, und hauchet um ſich verderbende
Duͤnſte.
Jtzo liegen die Staͤdte noch ruhig: Bey naͤchtlicher
Lampe
Wacht noch der Weiſe; noch unterreden ſich goͤttliche
Freunde
Unter den Roſen des Fruͤhlings beym unentheiligten
Weine
Von der unſterblichen Dauer der Seelen und ihrer
Freundſchaft:
Aber bald wird ſich der furchtbare Tod am Tage des
Jammers
Ueber ſie breiten, am Tage der Quaal und des ſterbenden
Winſelns,
Wo mit gerungenen Haͤnden die Braut um den Braͤutigam
jammert;
Wo nun aller Kinder beraubt die verzweifelnde Mutter
Wuͤtend dem Tag, an dem ſie gebahr und geboren ward,
fluchet;
Wo mit tiefen verfallenen Augen die Todtengraͤber
Durch die Leichname wandeln bis hoch vom truͤben
Olympus
Mit tiefſinniger Stirn der Todesengel herabſteigt,
Und ſich umſieht, und alles veroͤdet und ſtill und einſam
Sieht, und auf den Graͤbern voll ernſter Betrachtungen
ſtehn bleibt.
Alſo kam uͤber Jſcharioth Satan zum nahen Verderben,
Und ließ einen verfuͤhrenden Traum in ſein offnes Ge-
hirne.
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