Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.
Wenn
Wenn
<TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <lg n="22"> <l> <pb facs="#f0116" n="112"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meſſias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Vor des Leibes Geburt, ſich ſelbſt noch unbekannt,<lb/><hi rendition="#et">ſchweben,</hi></l><lb/> <l>Fand ich ſie im Truͤben naͤchſt einer rinnenden Quelle,</l><lb/> <l>Die, wie von fern herweinende Stimmen, langrauſchend ins<lb/><hi rendition="#et">Thal floß.</hi></l><lb/> <l>Hier hat einmal, wie die Engel erzaͤhlen, der traurige<lb/><hi rendition="#et">Seraph</hi></l><lb/> <l>Abbadonaa geweint, als er einſt aus Eden zuruͤck kam,</l><lb/> <l>Und das erſte Paar Menſchen der heiligen Unſchuld be-<lb/><hi rendition="#et">raubt ſah.</hi></l><lb/> <l>Auch wißt ihr wohl, daß Seraphim oft hier die Seelen<lb/><hi rendition="#et">beklagen,</hi></l><lb/> <l>Denen ſie GOtt zu Vertrauten erkohr, die aber auf Er-<lb/><hi rendition="#et">den</hi></l><lb/> <l>Erſt die heilige Jugend mit Unſchuld lieblich bekroͤnen,</l><lb/> <l>Dann den Anfang des goͤttlichen Lebens entheiligen wer-<lb/><hi rendition="#et">den.</hi></l><lb/> <l>Ach, ſie wird, vom Laſter entſtellt, ein ſchreckliches Ende</l><lb/> <l>Nehmen. Sie ſinds, um die vor ihrer unſelgen Geburts-<lb/><hi rendition="#et">zeit</hi></l><lb/> <l>Bruͤderlich, mit Seufzern der himmliſchen Freundſchaft,<lb/><hi rendition="#et">mit Thraͤnen,</hi></l><lb/> <l>Menſchen unweinbar, die Seraphim klagen. Hier fand<lb/><hi rendition="#et">ich die Seele</hi></l><lb/> <l>Meines geliebten Lebbaͤus in ruhige Wolken gehuͤllet.</l><lb/> <l>Alſo vernahm ſie den traurigen Ton mit ſchwacher Empfin-<lb/><hi rendition="#et">dung</hi></l><lb/> <l>Die nun ſo lang, als das ſtaͤrckre Gefuͤhl der Sinne ſie<lb/><hi rendition="#et">einnimmt,</hi></l><lb/> <l>Ausgeloͤſcht iſt, doch wieder erweckt wird und maͤchtiger<lb/><hi rendition="#et">wirket,</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/></l> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [112/0116]
Der Meſſias.
Vor des Leibes Geburt, ſich ſelbſt noch unbekannt,
ſchweben,
Fand ich ſie im Truͤben naͤchſt einer rinnenden Quelle,
Die, wie von fern herweinende Stimmen, langrauſchend ins
Thal floß.
Hier hat einmal, wie die Engel erzaͤhlen, der traurige
Seraph
Abbadonaa geweint, als er einſt aus Eden zuruͤck kam,
Und das erſte Paar Menſchen der heiligen Unſchuld be-
raubt ſah.
Auch wißt ihr wohl, daß Seraphim oft hier die Seelen
beklagen,
Denen ſie GOtt zu Vertrauten erkohr, die aber auf Er-
den
Erſt die heilige Jugend mit Unſchuld lieblich bekroͤnen,
Dann den Anfang des goͤttlichen Lebens entheiligen wer-
den.
Ach, ſie wird, vom Laſter entſtellt, ein ſchreckliches Ende
Nehmen. Sie ſinds, um die vor ihrer unſelgen Geburts-
zeit
Bruͤderlich, mit Seufzern der himmliſchen Freundſchaft,
mit Thraͤnen,
Menſchen unweinbar, die Seraphim klagen. Hier fand
ich die Seele
Meines geliebten Lebbaͤus in ruhige Wolken gehuͤllet.
Alſo vernahm ſie den traurigen Ton mit ſchwacher Empfin-
dung
Die nun ſo lang, als das ſtaͤrckre Gefuͤhl der Sinne ſie
einnimmt,
Ausgeloͤſcht iſt, doch wieder erweckt wird und maͤchtiger
wirket,
Wenn
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