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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Der Messias.
Wie ins Heilige GOttes, verhüllt, wenn er einsame Nächte
Unter dem Anschaun des Vaters in grossen Gebeten
durchwachte.

Nach dem Gebirge begab er sich itzt. Johannes alleine
Folgt ihm bis zu den Gräbern der Seher, in heiligen
Grotten,

Wie sein göttlicher Freund, die Nacht im Gebete zu
bleiben.

Von da erhub sich der Mittler zur obersten Spitze des
Berges.

Jndem umgab ihn vom hohen Moria ein Schimmer der
Opfer,

Die den ewigen Vater noch itzt vorbildend versöhnten.
Um und um nahm ihn der Oelbaum ins Kühle. Gelin-
dere Lüfte,

Gleich dem Säuseln der Gegenwart GOttes, umflossen
sein Antlitz.

Der dem Messias auf Erden zum Dienste gegebene
Seraph,

Gabriel ist sein himmlischer Name, stand eben am Ein-
gang

Zwoer umdufteten Cedern, und dachte dem Heile der
Menschen

Und dem Triumphe der Ewigkeit nach, als itzt der Er-
löser

Seinem Vater entgegen vor ihm im stillen vorbeygieng.
Gabriel wuste, daß nun die Zeit der Erlösung heran-
kam.

Diese Betrachtung entzückt ihn, er sprach mit zärtlicher
Stimme:


Willst

Der Meſſias.
Wie ins Heilige GOttes, verhuͤllt, wenn er einſame Naͤchte
Unter dem Anſchaun des Vaters in groſſen Gebeten
durchwachte.

Nach dem Gebirge begab er ſich itzt. Johannes alleine
Folgt ihm bis zu den Graͤbern der Seher, in heiligen
Grotten,

Wie ſein goͤttlicher Freund, die Nacht im Gebete zu
bleiben.

Von da erhub ſich der Mittler zur oberſten Spitze des
Berges.

Jndem umgab ihn vom hohen Moria ein Schimmer der
Opfer,

Die den ewigen Vater noch itzt vorbildend verſoͤhnten.
Um und um nahm ihn der Oelbaum ins Kuͤhle. Gelin-
dere Luͤfte,

Gleich dem Saͤuſeln der Gegenwart GOttes, umfloſſen
ſein Antlitz.

Der dem Meſſias auf Erden zum Dienſte gegebene
Seraph,

Gabriel iſt ſein himmliſcher Name, ſtand eben am Ein-
gang

Zwoer umdufteten Cedern, und dachte dem Heile der
Menſchen

Und dem Triumphe der Ewigkeit nach, als itzt der Er-
loͤſer

Seinem Vater entgegen vor ihm im ſtillen vorbeygieng.
Gabriel wuſte, daß nun die Zeit der Erloͤſung heran-
kam.

Dieſe Betrachtung entzuͤckt ihn, er ſprach mit zaͤrtlicher
Stimme:


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[6/0010] Der Meſſias. Wie ins Heilige GOttes, verhuͤllt, wenn er einſame Naͤchte Unter dem Anſchaun des Vaters in groſſen Gebeten durchwachte. Nach dem Gebirge begab er ſich itzt. Johannes alleine Folgt ihm bis zu den Graͤbern der Seher, in heiligen Grotten, Wie ſein goͤttlicher Freund, die Nacht im Gebete zu bleiben. Von da erhub ſich der Mittler zur oberſten Spitze des Berges. Jndem umgab ihn vom hohen Moria ein Schimmer der Opfer, Die den ewigen Vater noch itzt vorbildend verſoͤhnten. Um und um nahm ihn der Oelbaum ins Kuͤhle. Gelin- dere Luͤfte, Gleich dem Saͤuſeln der Gegenwart GOttes, umfloſſen ſein Antlitz. Der dem Meſſias auf Erden zum Dienſte gegebene Seraph, Gabriel iſt ſein himmliſcher Name, ſtand eben am Ein- gang Zwoer umdufteten Cedern, und dachte dem Heile der Menſchen Und dem Triumphe der Ewigkeit nach, als itzt der Er- loͤſer Seinem Vater entgegen vor ihm im ſtillen vorbeygieng. Gabriel wuſte, daß nun die Zeit der Erloͤſung heran- kam. Dieſe Betrachtung entzuͤckt ihn, er ſprach mit zaͤrtlicher Stimme: Willſt

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/10>, abgerufen am 19.04.2024.