[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.Achtzehnter Gesang. Und den letzten, am Krevz! dem Wunderbaren! dem Hohen!Den nicht Namen, den Thränen nicht nennen; dem großen Erwerber Dieses jauchzenden ewigen Lebens! der Sterblichen Sohne, Und Jehova's! dem Allerheiligsten Hosianna! Jezo trat der erste der Todesengel, als wär er Heerschaar, tausend Schritte näher zum Thron. Die Posaune Klang, da er stand; und sie schwieg, und der Seraph redte. So sprach er: Daß die Spötter des Todten, der lebt, dem Throne sich nahen! Auf den Gekreuzigten schaun, und, wer sie gewesen sind, lernen! Sie erschienen; vermochten die menschenfeindliche Seele Unter des Lächelns Truge nicht mehr zu decken. Jhr Herz war Jn ihr Antlitz hinauf mit jeder Bosheit gezeichnet. Und sie standen gesehn von den Richtern. Es schauten die Richter Unter einander, die Reihn der goldnen Wolken hinunter, Forschend sich an: Wer aufstehn sollte, die Feinde zu richten? Tief in den Schaaren der Ueberwinder, mit schimmernder Wange, Und mit morgenröthlicher Freude des Lebens gekränzet, Stand ein Jüngling. Die Todesbläße der sprossenden Jahre, Und die Geduld, in der Blüthe sich langsam sterben zu sehen, War mit anderer Schöne belohnt, als jene, die vormals Den noch Sterblichen schmückte, mit Schöne der Engel, so mächtig, Durch lautredende Züge die ganze Seele zu bilden. Und der Erstling der Märtyrer kam von dem Throne des Richters, Stephanus, dem in der Blüthe der Tod auch lächelnd den Blick schloß, Zu dem Jüngling herab. Die Botschaft enthüllte die Demuth Seines sinkenden Blicks; er zitterte sanft, und erhub sich Strah-
Achtzehnter Geſang. Und den letzten, am Krevz! dem Wunderbaren! dem Hohen!Den nicht Namen, den Thraͤnen nicht nennen; dem großen Erwerber Dieſes jauchzenden ewigen Lebens! der Sterblichen Sohne, Und Jehova’s! dem Allerheiligſten Hoſianna! Jezo trat der erſte der Todesengel, als waͤr er Heerſchaar, tauſend Schritte naͤher zum Thron. Die Poſaune Klang, da er ſtand; und ſie ſchwieg, und der Seraph redte. So ſprach er: Daß die Spoͤtter des Todten, der lebt, dem Throne ſich nahen! Auf den Gekreuzigten ſchaun, und, wer ſie geweſen ſind, lernen! Sie erſchienen; vermochten die menſchenfeindliche Seele Unter des Laͤchelns Truge nicht mehr zu decken. Jhr Herz war Jn ihr Antlitz hinauf mit jeder Bosheit gezeichnet. Und ſie ſtanden geſehn von den Richtern. Es ſchauten die Richter Unter einander, die Reihn der goldnen Wolken hinunter, Forſchend ſich an: Wer aufſtehn ſollte, die Feinde zu richten? Tief in den Schaaren der Ueberwinder, mit ſchimmernder Wange, Und mit morgenroͤthlicher Freude des Lebens gekraͤnzet, Stand ein Juͤngling. Die Todesblaͤße der ſproſſenden Jahre, Und die Geduld, in der Bluͤthe ſich langſam ſterben zu ſehen, War mit anderer Schoͤne belohnt, als jene, die vormals Den noch Sterblichen ſchmuͤckte, mit Schoͤne der Engel, ſo maͤchtig, Durch lautredende Zuͤge die ganze Seele zu bilden. Und der Erſtling der Maͤrtyrer kam von dem Throne des Richters, Stephanus, dem in der Bluͤthe der Tod auch laͤchelnd den Blick ſchloß, Zu dem Juͤngling herab. Die Botſchaft enthuͤllte die Demuth Seines ſinkenden Blicks; er zitterte ſanft, und erhub ſich Strah-
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Achtzehnter Geſang.
Und den letzten, am Krevz! dem Wunderbaren! dem Hohen!
Den nicht Namen, den Thraͤnen nicht nennen; dem großen Erwerber
Dieſes jauchzenden ewigen Lebens! der Sterblichen Sohne,
Und Jehova’s! dem Allerheiligſten Hoſianna!
Jezo trat der erſte der Todesengel, als waͤr er
Heerſchaar, tauſend Schritte naͤher zum Thron. Die Poſaune
Klang, da er ſtand; und ſie ſchwieg, und der Seraph redte. So
ſprach er:
Daß die Spoͤtter des Todten, der lebt, dem Throne ſich nahen!
Auf den Gekreuzigten ſchaun, und, wer ſie geweſen ſind, lernen!
Sie erſchienen; vermochten die menſchenfeindliche Seele
Unter des Laͤchelns Truge nicht mehr zu decken. Jhr Herz war
Jn ihr Antlitz hinauf mit jeder Bosheit gezeichnet.
Und ſie ſtanden geſehn von den Richtern. Es ſchauten die Richter
Unter einander, die Reihn der goldnen Wolken hinunter,
Forſchend ſich an: Wer aufſtehn ſollte, die Feinde zu richten?
Tief in den Schaaren der Ueberwinder, mit ſchimmernder Wange,
Und mit morgenroͤthlicher Freude des Lebens gekraͤnzet,
Stand ein Juͤngling. Die Todesblaͤße der ſproſſenden Jahre,
Und die Geduld, in der Bluͤthe ſich langſam ſterben zu ſehen,
War mit anderer Schoͤne belohnt, als jene, die vormals
Den noch Sterblichen ſchmuͤckte, mit Schoͤne der Engel, ſo maͤchtig,
Durch lautredende Zuͤge die ganze Seele zu bilden.
Und der Erſtling der Maͤrtyrer kam von dem Throne des Richters,
Stephanus, dem in der Bluͤthe der Tod auch laͤchelnd den Blick ſchloß,
Zu dem Juͤngling herab. Die Botſchaft enthuͤllte die Demuth
Seines ſinkenden Blicks; er zitterte ſanft, und erhub ſich
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