[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.Der Messias. Lazarus gieng und streuete Blumen, und thaut' in der Lauben Kies, aus dem kühlenden Quell, und bog die Zweige, des Schattens Mehr zu geben, und mehr dem Sonnenstrahle zu wehren. Und ob er wohl, bey dem frohen Geschäft, die Lauben zu schmücken Und zu kühlen, am Grabe der himmlischen Schwester vorbeykam, Troff ihm die Thräne doch nicht der Todeserinn'rung. Jch sehe Bald sie wieder!.. und brach der Blumen selbst auf dem Grabe. An dem Bache hatten sich schon, mit der Harf' und der Gidith, Seiner Jugend Gespielen um eine Palme gelagert, Mit der Asoor, der Cymbale, dem Horn, und jener Posaune, Die den Donner nicht hallt, von hellem Tone nur zittert. Und sie fühlten voraus der Lieder Freude, die, käme Nun der Abendstern, und der silberne Mond mit dem Sterne, Von der Palme sich sollten umher in die Lauben ergießen. Jezo war nach und nach der Geladnen Versammlung gekommen, Und sie saßen umher in den luftigen Lauben, und fühlten Freude, die nun nicht mehr voll Ungestümes die Seele Ueberwältigte, die, gleich sanften Bächen, das Jnnre Jhres Lebens durchwallte. Was hatten sie nicht von des Mittlers Zeugen gehört; was selber gesehn; was durften zu hören Sie nicht noch und zu sehen erwarten, die Söhne des Bundes Ach des neuen, der über ihnen mit Herrlichkeit strahlte, Der, gestiftet durch Tod, durch Auferstehung gestiftet, Jhnen zum fröhlichen Tage das Leben, zum heiteren Abend Machte (wenige nur sahn, trübe den Blick, in die Zukunft) Machte zum süßen Schlummer den Tod! kein Zweifel bewölkte Jhre Seelen, nicht jene Belastung der Ungewißheit, Die,
Der Meſſias. Lazarus gieng und ſtreuete Blumen, und thaut’ in der Lauben Kies, aus dem kuͤhlenden Quell, und bog die Zweige, des Schattens Mehr zu geben, und mehr dem Sonnenſtrahle zu wehren. Und ob er wohl, bey dem frohen Geſchaͤft, die Lauben zu ſchmuͤcken Und zu kuͤhlen, am Grabe der himmliſchen Schweſter vorbeykam, Troff ihm die Thraͤne doch nicht der Todeserinn’rung. Jch ſehe Bald ſie wieder!.. und brach der Blumen ſelbſt auf dem Grabe. An dem Bache hatten ſich ſchon, mit der Harf’ und der Gidith, Seiner Jugend Geſpielen um eine Palme gelagert, Mit der Aſoor, der Cymbale, dem Horn, und jener Poſaune, Die den Donner nicht hallt, von hellem Tone nur zittert. Und ſie fuͤhlten voraus der Lieder Freude, die, kaͤme Nun der Abendſtern, und der ſilberne Mond mit dem Sterne, Von der Palme ſich ſollten umher in die Lauben ergießen. Jezo war nach und nach der Geladnen Verſammlung gekommen, Und ſie ſaßen umher in den luftigen Lauben, und fuͤhlten Freude, die nun nicht mehr voll Ungeſtuͤmes die Seele Ueberwaͤltigte, die, gleich ſanften Baͤchen, das Jnnre Jhres Lebens durchwallte. Was hatten ſie nicht von des Mittlers Zeugen gehoͤrt; was ſelber geſehn; was durften zu hoͤren Sie nicht noch und zu ſehen erwarten, die Soͤhne des Bundes Ach des neuen, der uͤber ihnen mit Herrlichkeit ſtrahlte, Der, geſtiftet durch Tod, durch Auferſtehung geſtiftet, Jhnen zum froͤhlichen Tage das Leben, zum heiteren Abend Machte (wenige nur ſahn, truͤbe den Blick, in die Zukunft) Machte zum ſuͤßen Schlummer den Tod! kein Zweifel bewoͤlkte Jhre Seelen, nicht jene Belaſtung der Ungewißheit, Die,
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Der Meſſias.
Lazarus gieng und ſtreuete Blumen, und thaut’ in der Lauben
Kies, aus dem kuͤhlenden Quell, und bog die Zweige, des Schattens
Mehr zu geben, und mehr dem Sonnenſtrahle zu wehren.
Und ob er wohl, bey dem frohen Geſchaͤft, die Lauben zu ſchmuͤcken
Und zu kuͤhlen, am Grabe der himmliſchen Schweſter vorbeykam,
Troff ihm die Thraͤne doch nicht der Todeserinn’rung. Jch ſehe
Bald ſie wieder!.. und brach der Blumen ſelbſt auf dem Grabe.
An dem Bache hatten ſich ſchon, mit der Harf’ und der Gidith,
Seiner Jugend Geſpielen um eine Palme gelagert,
Mit der Aſoor, der Cymbale, dem Horn, und jener Poſaune,
Die den Donner nicht hallt, von hellem Tone nur zittert.
Und ſie fuͤhlten voraus der Lieder Freude, die, kaͤme
Nun der Abendſtern, und der ſilberne Mond mit dem Sterne,
Von der Palme ſich ſollten umher in die Lauben ergießen.
Jezo war nach und nach der Geladnen Verſammlung gekommen,
Und ſie ſaßen umher in den luftigen Lauben, und fuͤhlten
Freude, die nun nicht mehr voll Ungeſtuͤmes die Seele
Ueberwaͤltigte, die, gleich ſanften Baͤchen, das Jnnre
Jhres Lebens durchwallte. Was hatten ſie nicht von des Mittlers
Zeugen gehoͤrt; was ſelber geſehn; was durften zu hoͤren
Sie nicht noch und zu ſehen erwarten, die Soͤhne des Bundes
Ach des neuen, der uͤber ihnen mit Herrlichkeit ſtrahlte,
Der, geſtiftet durch Tod, durch Auferſtehung geſtiftet,
Jhnen zum froͤhlichen Tage das Leben, zum heiteren Abend
Machte (wenige nur ſahn, truͤbe den Blick, in die Zukunft)
Machte zum ſuͤßen Schlummer den Tod! kein Zweifel bewoͤlkte
Jhre Seelen, nicht jene Belaſtung der Ungewißheit,
Die,
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