[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.Der Messias. Unter dem Volke verachtet. Er lag schon auf dem LagerTodt, und noch kam keiner, der ihn begrübe; da leckt' ihm Einmal sein Hund noch die kalte Hand, und starb. Elisama Stand vor dem Richter. Jhn bracht' ein freudestrahlender Cherub Eine Krone vom Richter. Jm weiten Kreise der Engel Und der Erstandnen, walleten leisere Lispel, der Freude Stimmen umher, da der Cherub die Krone dem Duldenden brachte. Zu der Todten Seelen ward itzt der stolzesten Eine Unter den Menschen geführt. Der aufgeschwollne Verbrecher, Hatte seinem Volke, die heiligen Rechte der Freiheit, Sie, mit Schlangenentwürsen und Klauen des Löwen entrissen. Da verraucht war das Blut der Unterjochung, und ganz nun Ueber die Fesselbeladnen, ihr Haupt die Herrschsucht aufhub, Schwelgt' er, und zischete Spott den Verstummten; kaum waren sie Menschen: Er ein Gott! Jezt kroch der Wurm zu der Leiche des Gottes. Als dem Richter schon nah, ihr Führer, ein himmlischer Jüngling, Folge, noch einmal der Seele gebot, und sie von des Todes Schrecken nun ganz sich ermannte, da hielt sie im Schweben: Der Seraph Sahs, und ein wenig Feuer, wie uns der Sirius funkelt, Schimmert ihm von der Wange. Noch säumte der Todte. Da wandte Sich der Jüngling, und mit der leisen Bewegung der Urkraft, Wie in dem Himmel sie Gott anschuf, berührte des Engels Wehen, indem er sich wandte, den Todten. Da folgt' er, als rissen Stürme dahin, als wirbelten ihn Orkane wie Meerschaum. Und er war, zu beginnen ein Hohngelächter, in Arbeit; Aber es wurde Geheul. So stürzte der führende Seraph Jhn
Der Meſſias. Unter dem Volke verachtet. Er lag ſchon auf dem LagerTodt, und noch kam keiner, der ihn begruͤbe; da leckt’ ihm Einmal ſein Hund noch die kalte Hand, und ſtarb. Eliſama Stand vor dem Richter. Jhn bracht’ ein freudeſtrahlender Cherub Eine Krone vom Richter. Jm weiten Kreiſe der Engel Und der Erſtandnen, walleten leiſere Liſpel, der Freude Stimmen umher, da der Cherub die Krone dem Duldenden brachte. Zu der Todten Seelen ward itzt der ſtolzeſten Eine Unter den Menſchen gefuͤhrt. Der aufgeſchwollne Verbrecher, Hatte ſeinem Volke, die heiligen Rechte der Freiheit, Sie, mit Schlangenentwuͤrſen und Klauen des Loͤwen entriſſen. Da verraucht war das Blut der Unterjochung, und ganz nun Ueber die Feſſelbeladnen, ihr Haupt die Herrſchſucht aufhub, Schwelgt’ er, und ziſchete Spott den Verſtummten; kaum waren ſie Menſchen: Er ein Gott! Jezt kroch der Wurm zu der Leiche des Gottes. Als dem Richter ſchon nah, ihr Fuͤhrer, ein himmliſcher Juͤngling, Folge, noch einmal der Seele gebot, und ſie von des Todes Schrecken nun ganz ſich ermannte, da hielt ſie im Schweben: Der Seraph Sahs, und ein wenig Feuer, wie uns der Sirius funkelt, Schimmert ihm von der Wange. Noch ſaͤumte der Todte. Da wandte Sich der Juͤngling, und mit der leiſen Bewegung der Urkraft, Wie in dem Himmel ſie Gott anſchuf, beruͤhrte des Engels Wehen, indem er ſich wandte, den Todten. Da folgt’ er, als riſſen Stuͤrme dahin, als wirbelten ihn Orkane wie Meerſchaum. Und er war, zu beginnen ein Hohngelaͤchter, in Arbeit; Aber es wurde Geheul. So ſtuͤrzte der fuͤhrende Seraph Jhn
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Der Meſſias.
Unter dem Volke verachtet. Er lag ſchon auf dem Lager
Todt, und noch kam keiner, der ihn begruͤbe; da leckt’ ihm
Einmal ſein Hund noch die kalte Hand, und ſtarb. Eliſama
Stand vor dem Richter. Jhn bracht’ ein freudeſtrahlender Cherub
Eine Krone vom Richter. Jm weiten Kreiſe der Engel
Und der Erſtandnen, walleten leiſere Liſpel, der Freude
Stimmen umher, da der Cherub die Krone dem Duldenden brachte.
Zu der Todten Seelen ward itzt der ſtolzeſten Eine
Unter den Menſchen gefuͤhrt. Der aufgeſchwollne Verbrecher,
Hatte ſeinem Volke, die heiligen Rechte der Freiheit,
Sie, mit Schlangenentwuͤrſen und Klauen des Loͤwen entriſſen.
Da verraucht war das Blut der Unterjochung, und ganz nun
Ueber die Feſſelbeladnen, ihr Haupt die Herrſchſucht aufhub,
Schwelgt’ er, und ziſchete Spott den Verſtummten; kaum waren
ſie Menſchen:
Er ein Gott! Jezt kroch der Wurm zu der Leiche des Gottes.
Als dem Richter ſchon nah, ihr Fuͤhrer, ein himmliſcher Juͤngling,
Folge, noch einmal der Seele gebot, und ſie von des Todes
Schrecken nun ganz ſich ermannte, da hielt ſie im Schweben: Der Seraph
Sahs, und ein wenig Feuer, wie uns der Sirius funkelt,
Schimmert ihm von der Wange. Noch ſaͤumte der Todte. Da wandte
Sich der Juͤngling, und mit der leiſen Bewegung der Urkraft,
Wie in dem Himmel ſie Gott anſchuf, beruͤhrte des Engels
Wehen, indem er ſich wandte, den Todten. Da folgt’ er, als riſſen
Stuͤrme dahin, als wirbelten ihn Orkane wie Meerſchaum.
Und er war, zu beginnen ein Hohngelaͤchter, in Arbeit;
Aber es wurde Geheul. So ſtuͤrzte der fuͤhrende Seraph
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