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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

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Sechzehnter Gesang.
Jst es, daß wir uns trennen! So sind die Loose gefallen
Jenes Baumes, und jener Blume, des sterbenden Jünglings
Hier, den du liebest, und deins, und aller, die Sterblichkeit athmen!
Alles ist aus, vorüber, wenn wir verwelken, verdorren,
Sterben! alles vergangen, als wär' es niemals gewesen!
Jüngling! was soll der weinende Blick voll Trostes? Du wilst doch
Mich nicht etwa trösten? Was soll mir Tröstung? ich sterbe!
Tröste dich, daß du leben mögest! Jch fürchtet' es lange,
Aber ich dacht' es nicht oft, in der Freude der blühenden Jahre;
Ach nun ist es gekommen, und ich muß wallen, hinunter
Etwa ins Grab? ich walle nirgend hin! Denn ich bin dann
Aufg'löset, ein Nichts! Du wirst dem verwesenden Leichnam
Doch den Namen des Freundes wohl nicht, der dich liebete, geben?
Ehmals schonet' ich deiner Thränen; itzt kenn' ich kein Schonen,
Selber deiner Thränen nicht mehr! Mit eisernem Arme
Fasset der Tod! und eisern wird des Sterbenden Seele!
Ha, er ist entsetzlich der schwarze Gewittergedanke,
Daß ich sterben muß! hinstürzen muß, und verwesen!
Höre, vernimm, bewahre des Scheidenden Wort, du Geliebter,
Wie ein Krieger, den Schild: Ach, daß ich sterbe, vergehe!
Klag' ich die Götter nicht an. Wir Armen sind zu geringe
Zu der Unsterblichkeit! Eile nun hin, und schöpfe der Quelle
Ganzen Strudel mir aus, damit ich noch Einmal mich labe,
Oder, wird es mir Tod, gleich sterbe. Sein Freund gebietet,
Und sie bringen ihm dar die volle Schaale des Todes.
Bleicher ward er, und schwindelt', und zittert', und starb. Die getrennte
Seele schlummerte fliehenden Schlaf von der letzten Erschüttrung.

Ach
IV Band. C

Sechzehnter Geſang.
Jſt es, daß wir uns trennen! So ſind die Looſe gefallen
Jenes Baumes, und jener Blume, des ſterbenden Juͤnglings
Hier, den du liebeſt, und deins, und aller, die Sterblichkeit athmen!
Alles iſt aus, voruͤber, wenn wir verwelken, verdorren,
Sterben! alles vergangen, als waͤr’ es niemals geweſen!
Juͤngling! was ſoll der weinende Blick voll Troſtes? Du wilſt doch
Mich nicht etwa troͤſten? Was ſoll mir Troͤſtung? ich ſterbe!
Troͤſte dich, daß du leben moͤgeſt! Jch fuͤrchtet’ es lange,
Aber ich dacht’ es nicht oft, in der Freude der bluͤhenden Jahre;
Ach nun iſt es gekommen, und ich muß wallen, hinunter
Etwa ins Grab? ich walle nirgend hin! Denn ich bin dann
Aufg’loͤſet, ein Nichts! Du wirſt dem verweſenden Leichnam
Doch den Namen des Freundes wohl nicht, der dich liebete, geben?
Ehmals ſchonet’ ich deiner Thraͤnen; itzt kenn’ ich kein Schonen,
Selber deiner Thraͤnen nicht mehr! Mit eiſernem Arme
Faſſet der Tod! und eiſern wird des Sterbenden Seele!
Ha, er iſt entſetzlich der ſchwarze Gewittergedanke,
Daß ich ſterben muß! hinſtuͤrzen muß, und verweſen!
Hoͤre, vernimm, bewahre des Scheidenden Wort, du Geliebter,
Wie ein Krieger, den Schild: Ach, daß ich ſterbe, vergehe!
Klag’ ich die Goͤtter nicht an. Wir Armen ſind zu geringe
Zu der Unſterblichkeit! Eile nun hin, und ſchoͤpfe der Quelle
Ganzen Strudel mir aus, damit ich noch Einmal mich labe,
Oder, wird es mir Tod, gleich ſterbe. Sein Freund gebietet,
Und ſie bringen ihm dar die volle Schaale des Todes.
Bleicher ward er, und ſchwindelt’, und zittert’, und ſtarb. Die getrennte
Seele ſchlummerte fliehenden Schlaf von der letzten Erſchuͤttrung.

Ach
IV Band. C
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[33/0033] Sechzehnter Geſang. Jſt es, daß wir uns trennen! So ſind die Looſe gefallen Jenes Baumes, und jener Blume, des ſterbenden Juͤnglings Hier, den du liebeſt, und deins, und aller, die Sterblichkeit athmen! Alles iſt aus, voruͤber, wenn wir verwelken, verdorren, Sterben! alles vergangen, als waͤr’ es niemals geweſen! Juͤngling! was ſoll der weinende Blick voll Troſtes? Du wilſt doch Mich nicht etwa troͤſten? Was ſoll mir Troͤſtung? ich ſterbe! Troͤſte dich, daß du leben moͤgeſt! Jch fuͤrchtet’ es lange, Aber ich dacht’ es nicht oft, in der Freude der bluͤhenden Jahre; Ach nun iſt es gekommen, und ich muß wallen, hinunter Etwa ins Grab? ich walle nirgend hin! Denn ich bin dann Aufg’loͤſet, ein Nichts! Du wirſt dem verweſenden Leichnam Doch den Namen des Freundes wohl nicht, der dich liebete, geben? Ehmals ſchonet’ ich deiner Thraͤnen; itzt kenn’ ich kein Schonen, Selber deiner Thraͤnen nicht mehr! Mit eiſernem Arme Faſſet der Tod! und eiſern wird des Sterbenden Seele! Ha, er iſt entſetzlich der ſchwarze Gewittergedanke, Daß ich ſterben muß! hinſtuͤrzen muß, und verweſen! Hoͤre, vernimm, bewahre des Scheidenden Wort, du Geliebter, Wie ein Krieger, den Schild: Ach, daß ich ſterbe, vergehe! Klag’ ich die Goͤtter nicht an. Wir Armen ſind zu geringe Zu der Unſterblichkeit! Eile nun hin, und ſchoͤpfe der Quelle Ganzen Strudel mir aus, damit ich noch Einmal mich labe, Oder, wird es mir Tod, gleich ſterbe. Sein Freund gebietet, Und ſie bringen ihm dar die volle Schaale des Todes. Bleicher ward er, und ſchwindelt’, und zittert’, und ſtarb. Die getrennte Seele ſchlummerte fliehenden Schlaf von der letzten Erſchuͤttrung. Ach IV Band. C

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/33>, abgerufen am 18.12.2024.