[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.Neunzehnter Gesang. Seht ihr, o Zeugen, kommen die neuen Zeugen auf jedemWege, der aus dem Thale, nach Tabors heiliger Höh steigt? Ach wie auf allen Pfaden zur Wonne schneller des Pilgers Stab sich bewegt, und dunkler der Staub der Füsse sich wölket! Ach es eilen der Glüklichen viele, viel der Erkohrnen Christus herauf, ihn wieder von Gott verkläret zu sehen! Aber Mirjam ließ den Gesang, und die Saiten ertönen: Ja verklär' ihn, auch mit dieser Klarheit, o Vater, Daß das Antliz des Sohnes Gottes die erste Gemeine Sehe mit Himmelswonne, sie seines Lichtes Ströme Trinke, dadurch auf immer gelabt, und nach Troste nicht dürste, Dann nach Erquickung nicht lechze, wenn nun das Schwert der Tyrannen Ueber sie kommt, und sie, ihr leztes Zeugniß zu zeugen Von dem Sohne Gottes, heran zu dem blutigen Tode Gehen! Laß dann nicht säumende Quaal die Nahen am Ziele Ueberlasten, und bald ihr Blut, o Erbarmender, reden! Bin auch ich erkohren, das große Zeugniß zu zeugen, Jch gewürdigt zu gehen den blutigen Weg zu dem Grabe, Sohn des Vaters; so wende, wenn langsam ich sterbe, nicht ganz dich Weg von der sinkenden. Mir genügt Ein Brosam des Trostes! Dir genüget, nicht ihm, der dein so sehr sich erbarmt hat, Brosame nur zu geben. Wenn er zur Zeugin dich rufet; Siehe, so ist dir keine der Quaalen alle so sehr Quaal, Daß du nicht wieder hörtest die Himmelstimme: Maria! Und nicht wieder sänkest zu seinen Füssen. Am Grabe Weilet er dann nicht mehr; er sizt auf der Herlichkeit Throne, Herscht zu des Vaters Rechte, zu dessen Füssen du dann sinkst! O du, J 4
Neunzehnter Geſang. Seht ihr, o Zeugen, kommen die neuen Zeugen auf jedemWege, der aus dem Thale, nach Tabors heiliger Hoͤh ſteigt? Ach wie auf allen Pfaden zur Wonne ſchneller des Pilgers Stab ſich bewegt, und dunkler der Staub der Fuͤſſe ſich woͤlket! Ach es eilen der Gluͤklichen viele, viel der Erkohrnen Chriſtus herauf, ihn wieder von Gott verklaͤret zu ſehen! Aber Mirjam ließ den Geſang, und die Saiten ertoͤnen: Ja verklaͤr’ ihn, auch mit dieſer Klarheit, o Vater, Daß das Antliz des Sohnes Gottes die erſte Gemeine Sehe mit Himmelswonne, ſie ſeines Lichtes Stroͤme Trinke, dadurch auf immer gelabt, und nach Troſte nicht duͤrſte, Dann nach Erquickung nicht lechze, wenn nun das Schwert der Tyrannen Ueber ſie kommt, und ſie, ihr leztes Zeugniß zu zeugen Von dem Sohne Gottes, heran zu dem blutigen Tode Gehen! Laß dann nicht ſaͤumende Quaal die Nahen am Ziele Ueberlaſten, und bald ihr Blut, o Erbarmender, reden! Bin auch ich erkohren, das große Zeugniß zu zeugen, Jch gewuͤrdigt zu gehen den blutigen Weg zu dem Grabe, Sohn des Vaters; ſo wende, wenn langſam ich ſterbe, nicht ganz dich Weg von der ſinkenden. Mir genuͤgt Ein Broſam des Troſtes! Dir genuͤget, nicht ihm, der dein ſo ſehr ſich erbarmt hat, Broſame nur zu geben. Wenn er zur Zeugin dich rufet; Siehe, ſo iſt dir keine der Quaalen alle ſo ſehr Quaal, Daß du nicht wieder hoͤrteſt die Himmelſtimme: Maria! Und nicht wieder ſaͤnkeſt zu ſeinen Fuͤſſen. Am Grabe Weilet er dann nicht mehr; er ſizt auf der Herlichkeit Throne, Herſcht zu des Vaters Rechte, zu deſſen Fuͤſſen du dann ſinkſt! O du, J 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="39"> <pb facs="#f0135" n="135"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neunzehnter Geſang.</hi> </fw><lb/> <l>Seht ihr, o Zeugen, kommen die neuen Zeugen auf jedem</l><lb/> <l>Wege, der aus dem Thale, nach Tabors heiliger Hoͤh ſteigt?</l><lb/> <l>Ach wie auf allen Pfaden zur Wonne ſchneller des Pilgers</l><lb/> <l>Stab ſich bewegt, und dunkler der Staub der Fuͤſſe ſich woͤlket!</l><lb/> <l>Ach es eilen der Gluͤklichen viele, viel der Erkohrnen</l><lb/> <l>Chriſtus herauf, ihn wieder von Gott verklaͤret zu ſehen!</l> </lg><lb/> <lg n="40"> <l>Aber Mirjam ließ den Geſang, und die Saiten ertoͤnen:</l><lb/> <l>Ja verklaͤr’ ihn, auch mit dieſer Klarheit, o Vater,</l><lb/> <l>Daß das Antliz des Sohnes Gottes die erſte Gemeine</l><lb/> <l>Sehe mit Himmelswonne, ſie ſeines Lichtes Stroͤme</l><lb/> <l>Trinke, dadurch auf immer gelabt, und nach Troſte nicht duͤrſte,</l><lb/> <l>Dann nach Erquickung nicht lechze, wenn nun das Schwert der Tyrannen</l><lb/> <l>Ueber ſie kommt, und ſie, ihr leztes Zeugniß zu zeugen</l><lb/> <l>Von dem Sohne Gottes, heran zu dem blutigen Tode</l><lb/> <l>Gehen! Laß dann nicht ſaͤumende Quaal die Nahen am Ziele</l><lb/> <l>Ueberlaſten, und bald ihr Blut, o Erbarmender, reden!</l> </lg><lb/> <lg n="41"> <l>Bin auch ich erkohren, das große Zeugniß zu zeugen,</l><lb/> <l>Jch gewuͤrdigt zu gehen den blutigen Weg zu dem Grabe,</l><lb/> <l>Sohn des Vaters; ſo wende, wenn langſam ich ſterbe, nicht ganz dich</l><lb/> <l>Weg von der ſinkenden. Mir genuͤgt Ein Broſam des Troſtes!</l> </lg><lb/> <lg n="42"> <l>Dir genuͤget, nicht ihm, der dein ſo ſehr ſich erbarmt hat,</l><lb/> <l>Broſame nur zu geben. Wenn er zur Zeugin dich rufet;</l><lb/> <l>Siehe, ſo iſt dir keine der Quaalen alle ſo ſehr Quaal,</l><lb/> <l>Daß du nicht wieder hoͤrteſt die Himmelſtimme: Maria!</l><lb/> <l>Und nicht wieder ſaͤnkeſt zu ſeinen Fuͤſſen. Am Grabe</l><lb/> <l>Weilet er dann nicht mehr; er ſizt auf der Herlichkeit Throne,</l><lb/> <l>Herſcht zu des Vaters Rechte, zu deſſen Fuͤſſen du dann ſinkſt!</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">O du,</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0135]
Neunzehnter Geſang.
Seht ihr, o Zeugen, kommen die neuen Zeugen auf jedem
Wege, der aus dem Thale, nach Tabors heiliger Hoͤh ſteigt?
Ach wie auf allen Pfaden zur Wonne ſchneller des Pilgers
Stab ſich bewegt, und dunkler der Staub der Fuͤſſe ſich woͤlket!
Ach es eilen der Gluͤklichen viele, viel der Erkohrnen
Chriſtus herauf, ihn wieder von Gott verklaͤret zu ſehen!
Aber Mirjam ließ den Geſang, und die Saiten ertoͤnen:
Ja verklaͤr’ ihn, auch mit dieſer Klarheit, o Vater,
Daß das Antliz des Sohnes Gottes die erſte Gemeine
Sehe mit Himmelswonne, ſie ſeines Lichtes Stroͤme
Trinke, dadurch auf immer gelabt, und nach Troſte nicht duͤrſte,
Dann nach Erquickung nicht lechze, wenn nun das Schwert der Tyrannen
Ueber ſie kommt, und ſie, ihr leztes Zeugniß zu zeugen
Von dem Sohne Gottes, heran zu dem blutigen Tode
Gehen! Laß dann nicht ſaͤumende Quaal die Nahen am Ziele
Ueberlaſten, und bald ihr Blut, o Erbarmender, reden!
Bin auch ich erkohren, das große Zeugniß zu zeugen,
Jch gewuͤrdigt zu gehen den blutigen Weg zu dem Grabe,
Sohn des Vaters; ſo wende, wenn langſam ich ſterbe, nicht ganz dich
Weg von der ſinkenden. Mir genuͤgt Ein Broſam des Troſtes!
Dir genuͤget, nicht ihm, der dein ſo ſehr ſich erbarmt hat,
Broſame nur zu geben. Wenn er zur Zeugin dich rufet;
Siehe, ſo iſt dir keine der Quaalen alle ſo ſehr Quaal,
Daß du nicht wieder hoͤrteſt die Himmelſtimme: Maria!
Und nicht wieder ſaͤnkeſt zu ſeinen Fuͤſſen. Am Grabe
Weilet er dann nicht mehr; er ſizt auf der Herlichkeit Throne,
Herſcht zu des Vaters Rechte, zu deſſen Fuͤſſen du dann ſinkſt!
O du,
J 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |