[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.Der Messias. Simon Johanna, liebest du mich? Da kam in des Jüngers Seele Traurigkeit, daß ihn der Herr zum drittenmal fragte. Und mit der Stimme der Wehmuth erwiederte Petrus: Du weißt, Herr, Alle Dinge, du weißt, daß ich dich liebe! So weide, Sagt' ihm der Göttliche, meine Schaafe! Du warest ein Jüngling, Kephas, und gürtetest dich, und wandeltest hin, wo du wolltest. Wenn das Alter dir kömmt, wirst du die Händ' ausstrecken, Andre werden dich gürten, dich andre führen, dich führen, Wo du nicht hin willst: Folge mir nach! Der Jünger verstand es, Welche Führung dieß sey, und mit welchem Tod' er ein Zeuge Deß, der erstand, Gott preisen würde. Jezt wendete Kephas Sich, und sahe den Jünger auch folgen, den Jesus liebte, Der an der Brust ihm lag bey dem traurigen Mahle der Scheidung. Kephas sprach: Was aber soll dieser? Der Mittler erwiedert: Wenn ich will, daß er, bis ich komme, bleibe, was geht dieß Dich an? Folge du mir nach... Jezt sahe der Jünger Auge den Auferstandnen nicht mehr. So erhebet das Meer sich; Und so senkt es die Woge nieder, und wird zur Ebne, Wie vom Erschienenen unter einander die Einsamen sprachen. Ja, ich folg' ihm nach, rief Simon, ich sterbe, wie er starb! Gürtet, und führt, ich sterbe, wie er! Du aber, Johannes, Stirbst nicht, wie er! Du bist unsterblich... Du bist unsterblich! Rufte Jakobus, und hub sein Auge gen Himmel vor Wonne Trunken... Jch unsterblich? das sagt' er ja nicht... Bis er komme Bleiben! was sagt' er denn anders? Du bist, o Jünger der Liebe, Bist unsterblich! Erkohren hat Er für deine Treue Diesen Lohn, die Krone! Du bist unsterblich, Johannes! Freudig
Der Meſſias. Simon Johanna, liebeſt du mich? Da kam in des Juͤngers Seele Traurigkeit, daß ihn der Herr zum drittenmal fragte. Und mit der Stimme der Wehmuth erwiederte Petrus: Du weißt, Herr, Alle Dinge, du weißt, daß ich dich liebe! So weide, Sagt’ ihm der Goͤttliche, meine Schaafe! Du wareſt ein Juͤngling, Kephas, und guͤrteteſt dich, und wandelteſt hin, wo du wollteſt. Wenn das Alter dir koͤmmt, wirſt du die Haͤnd’ ausſtrecken, Andre werden dich guͤrten, dich andre fuͤhren, dich fuͤhren, Wo du nicht hin willſt: Folge mir nach! Der Juͤnger verſtand es, Welche Fuͤhrung dieß ſey, und mit welchem Tod’ er ein Zeuge Deß, der erſtand, Gott preiſen wuͤrde. Jezt wendete Kephas Sich, und ſahe den Juͤnger auch folgen, den Jeſus liebte, Der an der Bruſt ihm lag bey dem traurigen Mahle der Scheidung. Kephas ſprach: Was aber ſoll dieſer? Der Mittler erwiedert: Wenn ich will, daß er, bis ich komme, bleibe, was geht dieß Dich an? Folge du mir nach… Jezt ſahe der Juͤnger Auge den Auferſtandnen nicht mehr. So erhebet das Meer ſich; Und ſo ſenkt es die Woge nieder, und wird zur Ebne, Wie vom Erſchienenen unter einander die Einſamen ſprachen. Ja, ich folg’ ihm nach, rief Simon, ich ſterbe, wie er ſtarb! Guͤrtet, und fuͤhrt, ich ſterbe, wie er! Du aber, Johannes, Stirbſt nicht, wie er! Du biſt unſterblich… Du biſt unſterblich! Rufte Jakobus, und hub ſein Auge gen Himmel vor Wonne Trunken… Jch unſterblich? das ſagt’ er ja nicht… Bis er komme Bleiben! was ſagt’ er denn anders? Du biſt, o Juͤnger der Liebe, Biſt unſterblich! Erkohren hat Er fuͤr deine Treue Dieſen Lohn, die Krone! Du biſt unſterblich, Johannes! Freudig
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Der Meſſias.
Simon Johanna, liebeſt du mich? Da kam in des Juͤngers
Seele Traurigkeit, daß ihn der Herr zum drittenmal fragte.
Und mit der Stimme der Wehmuth erwiederte Petrus: Du weißt, Herr,
Alle Dinge, du weißt, daß ich dich liebe! So weide,
Sagt’ ihm der Goͤttliche, meine Schaafe! Du wareſt ein Juͤngling,
Kephas, und guͤrteteſt dich, und wandelteſt hin, wo du wollteſt.
Wenn das Alter dir koͤmmt, wirſt du die Haͤnd’ ausſtrecken,
Andre werden dich guͤrten, dich andre fuͤhren, dich fuͤhren,
Wo du nicht hin willſt: Folge mir nach! Der Juͤnger verſtand es,
Welche Fuͤhrung dieß ſey, und mit welchem Tod’ er ein Zeuge
Deß, der erſtand, Gott preiſen wuͤrde. Jezt wendete Kephas
Sich, und ſahe den Juͤnger auch folgen, den Jeſus liebte,
Der an der Bruſt ihm lag bey dem traurigen Mahle der Scheidung.
Kephas ſprach: Was aber ſoll dieſer? Der Mittler erwiedert:
Wenn ich will, daß er, bis ich komme, bleibe, was geht dieß
Dich an? Folge du mir nach… Jezt ſahe der Juͤnger
Auge den Auferſtandnen nicht mehr. So erhebet das Meer ſich;
Und ſo ſenkt es die Woge nieder, und wird zur Ebne,
Wie vom Erſchienenen unter einander die Einſamen ſprachen.
Ja, ich folg’ ihm nach, rief Simon, ich ſterbe, wie er ſtarb!
Guͤrtet, und fuͤhrt, ich ſterbe, wie er! Du aber, Johannes,
Stirbſt nicht, wie er! Du biſt unſterblich… Du biſt unſterblich!
Rufte Jakobus, und hub ſein Auge gen Himmel vor Wonne
Trunken… Jch unſterblich? das ſagt’ er ja nicht… Bis er komme
Bleiben! was ſagt’ er denn anders? Du biſt, o Juͤnger der Liebe,
Biſt unſterblich! Erkohren hat Er fuͤr deine Treue
Dieſen Lohn, die Krone! Du biſt unſterblich, Johannes!
Freudig
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