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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

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Achtzehnter Gesang.
Jn verwehende Trümmern gebrochner Gedanken versinke,
Dann entflieh in die unergründbaren Räume des Undings.

Also rief er gen Himmel. Wir huben gefaltete Hände
Jn die Wolken empor. Denn wir sahn die Gerichtsposaune
Aus den Händen der Todesengel sinken; Eloa
Schnell sich verhüllen; wir sahn den Richter sich wenden. Er streckte
Seinen Arm aus, warf, warf einen flammenden Donner,
Daß die Höhn und die Tiefen bis in die Gewölbe der Hölle
Laut ertönten! von seinem Haupte der hohe Gerichtsplatz
Hundert Hügel stürzte. Der Schutt erzitterte, dampfte,
Krachte, wie im Gebirg' Erdbeben dumpfes Getös' wälzt,
Noch, da er lag, von der Donnerflamme. Mit fliegendem Blicke
Sucht' ich den Lästerer in der Zerrüttung. Jch sah ihn heraufgehn,
Und er zuckte. Der rächende Donner hatt' ihm das Leben
Zu geschärfterm Gefühl entzündet, des Herzens Empfindung
Schwerdter gegeben, und tieferes Grübeln dem schnellen Gedanken!
Und wir hörten herauf von dem Schreckengefilde die Stimme
Seiner Verzweiflung erschallen: Laß ab, du Bote, du Rächer,
Donner des Richters, laß ab! Dich hör' ich ewig! ach ewig
Stürzen die dampfenden Hügel auf mich! O wärt ihr zu Gräbern,
Lastende Felsen, geworden, damit ich tiefer ihn hörte
Seinen unsterblichen Rufer! Verflucht sey der Mund, der sich
aufthat,
Seinem Gerichte zu flehn, daß es noch entsetzlicher würde!
Fluch dem Tod' und dem Leben, und allen, die jemals, dem Schooße
Einer Mutter, dem Schooße des Grabes, ins Leben, entflohn sind!
Jezo
G 3

Achtzehnter Geſang.
Jn verwehende Truͤmmern gebrochner Gedanken verſinke,
Dann entflieh in die unergruͤndbaren Raͤume des Undings.

Alſo rief er gen Himmel. Wir huben gefaltete Haͤnde
Jn die Wolken empor. Denn wir ſahn die Gerichtspoſaune
Aus den Haͤnden der Todesengel ſinken; Eloa
Schnell ſich verhuͤllen; wir ſahn den Richter ſich wenden. Er ſtreckte
Seinen Arm aus, warf, warf einen flammenden Donner,
Daß die Hoͤhn und die Tiefen bis in die Gewoͤlbe der Hoͤlle
Laut ertoͤnten! von ſeinem Haupte der hohe Gerichtsplatz
Hundert Huͤgel ſtuͤrzte. Der Schutt erzitterte, dampfte,
Krachte, wie im Gebirg’ Erdbeben dumpfes Getoͤſ’ waͤlzt,
Noch, da er lag, von der Donnerflamme. Mit fliegendem Blicke
Sucht’ ich den Laͤſterer in der Zerruͤttung. Jch ſah ihn heraufgehn,
Und er zuckte. Der raͤchende Donner hatt’ ihm das Leben
Zu geſchaͤrfterm Gefuͤhl entzuͤndet, des Herzens Empfindung
Schwerdter gegeben, und tieferes Gruͤbeln dem ſchnellen Gedanken!
Und wir hoͤrten herauf von dem Schreckengefilde die Stimme
Seiner Verzweiflung erſchallen: Laß ab, du Bote, du Raͤcher,
Donner des Richters, laß ab! Dich hoͤr’ ich ewig! ach ewig
Stuͤrzen die dampfenden Huͤgel auf mich! O waͤrt ihr zu Graͤbern,
Laſtende Felſen, geworden, damit ich tiefer ihn hoͤrte
Seinen unſterblichen Rufer! Verflucht ſey der Mund, der ſich
aufthat,
Seinem Gerichte zu flehn, daß es noch entſetzlicher wuͤrde!
Fluch dem Tod’ und dem Leben, und allen, die jemals, dem Schooße
Einer Mutter, dem Schooße des Grabes, ins Leben, entflohn ſind!
Jezo
G 3
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[101/0101] Achtzehnter Geſang. Jn verwehende Truͤmmern gebrochner Gedanken verſinke, Dann entflieh in die unergruͤndbaren Raͤume des Undings. Alſo rief er gen Himmel. Wir huben gefaltete Haͤnde Jn die Wolken empor. Denn wir ſahn die Gerichtspoſaune Aus den Haͤnden der Todesengel ſinken; Eloa Schnell ſich verhuͤllen; wir ſahn den Richter ſich wenden. Er ſtreckte Seinen Arm aus, warf, warf einen flammenden Donner, Daß die Hoͤhn und die Tiefen bis in die Gewoͤlbe der Hoͤlle Laut ertoͤnten! von ſeinem Haupte der hohe Gerichtsplatz Hundert Huͤgel ſtuͤrzte. Der Schutt erzitterte, dampfte, Krachte, wie im Gebirg’ Erdbeben dumpfes Getoͤſ’ waͤlzt, Noch, da er lag, von der Donnerflamme. Mit fliegendem Blicke Sucht’ ich den Laͤſterer in der Zerruͤttung. Jch ſah ihn heraufgehn, Und er zuckte. Der raͤchende Donner hatt’ ihm das Leben Zu geſchaͤrfterm Gefuͤhl entzuͤndet, des Herzens Empfindung Schwerdter gegeben, und tieferes Gruͤbeln dem ſchnellen Gedanken! Und wir hoͤrten herauf von dem Schreckengefilde die Stimme Seiner Verzweiflung erſchallen: Laß ab, du Bote, du Raͤcher, Donner des Richters, laß ab! Dich hoͤr’ ich ewig! ach ewig Stuͤrzen die dampfenden Huͤgel auf mich! O waͤrt ihr zu Graͤbern, Laſtende Felſen, geworden, damit ich tiefer ihn hoͤrte Seinen unſterblichen Rufer! Verflucht ſey der Mund, der ſich aufthat, Seinem Gerichte zu flehn, daß es noch entſetzlicher wuͤrde! Fluch dem Tod’ und dem Leben, und allen, die jemals, dem Schooße Einer Mutter, dem Schooße des Grabes, ins Leben, entflohn ſind! Jezo G 3

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/101>, abgerufen am 21.11.2024.