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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Elfter Gesang.
Jesus Christus! Vor seiner Geburt schon nannten die Engel
Seinen Namen. Jhr kennt den heiligsten aller Namen
Jesus Christus des Todten! Vom Tode wird er erwachen!
Jhr, ob eure Gegenwart gleich mit Schauer uns schreckte,
Seyd Erschaffne, wie wir! Jhr seyd unsterblich! Unsterblich
Sind auch wir! O lasset mit süßen menschlichen Namen
Lasset Brüder euch nennen! Ach ihr seyd unsere Brüder!
Dieses Grab der Märtyrer sey, wenn wir einst zu euch kommen,
Unser Zeuge, daß wir, schon auf der entheiligten Erde,
Noch in der Hülle der Sterblichkeit, unsre Brüder euch nannten.
Euch erinnre dieß Grab der Märtyrer, daß, wenn wir kommen,
Jhr die ersten im Himmel als eure Brüder uns aufnehmt!

Thirza und ihre Söhne vernahmen den Jüngling. Sie sahen
Jhn und seinen Gefährten, indem mit melodischer Stimme
Semida redete, beyde mit freudig staunenden Blicken
Unverwendet auf sie, so daucht es ihnen, hinabschaun.
Als er endete, wandte zu ihren Söhnen sich Thirza:
Möchten sie weilen, ich liebe sie. Einfalt und Unschuld der Seele
Schmückt sie; allein vielleicht, daß der Schauer, welcher sie schreckte,
Von dem Ewigen kam! Geht hin in Frieden! Der Herr sey
Euer Gott! und leit' euch zu unserm ewigen Leben!
Ja bey unserm Staube, der einst der Unsterblichkeit aufwacht,
Ja, wir kommen, entschlummert ihr, euch von dem Himmel entgegen.
Jethro und Semida wendeten sich, und verließen die Höle.
Als der beyden Sterblichen Bild noch um Thirza's Seele
Schwebte, verdrang es auf Einmal ein Anblick voller Erstaunen!
Jhre Söhne, so wie sie vom Leben der Himmlischen strahlen,
Sinken
III Band. D

Elfter Geſang.
Jeſus Chriſtus! Vor ſeiner Geburt ſchon nannten die Engel
Seinen Namen. Jhr kennt den heiligſten aller Namen
Jeſus Chriſtus des Todten! Vom Tode wird er erwachen!
Jhr, ob eure Gegenwart gleich mit Schauer uns ſchreckte,
Seyd Erſchaffne, wie wir! Jhr ſeyd unſterblich! Unſterblich
Sind auch wir! O laſſet mit ſuͤßen menſchlichen Namen
Laſſet Bruͤder euch nennen! Ach ihr ſeyd unſere Bruͤder!
Dieſes Grab der Maͤrtyrer ſey, wenn wir einſt zu euch kommen,
Unſer Zeuge, daß wir, ſchon auf der entheiligten Erde,
Noch in der Huͤlle der Sterblichkeit, unſre Bruͤder euch nannten.
Euch erinnre dieß Grab der Maͤrtyrer, daß, wenn wir kommen,
Jhr die erſten im Himmel als eure Bruͤder uns aufnehmt!

Thirza und ihre Soͤhne vernahmen den Juͤngling. Sie ſahen
Jhn und ſeinen Gefaͤhrten, indem mit melodiſcher Stimme
Semida redete, beyde mit freudig ſtaunenden Blicken
Unverwendet auf ſie, ſo daucht es ihnen, hinabſchaun.
Als er endete, wandte zu ihren Soͤhnen ſich Thirza:
Moͤchten ſie weilen, ich liebe ſie. Einfalt und Unſchuld der Seele
Schmuͤckt ſie; allein vielleicht, daß der Schauer, welcher ſie ſchreckte,
Von dem Ewigen kam! Geht hin in Frieden! Der Herr ſey
Euer Gott! und leit’ euch zu unſerm ewigen Leben!
Ja bey unſerm Staube, der einſt der Unſterblichkeit aufwacht,
Ja, wir kommen, entſchlummert ihr, euch von dem Himmel entgegen.
Jethro und Semida wendeten ſich, und verließen die Hoͤle.
Als der beyden Sterblichen Bild noch um Thirza’s Seele
Schwebte, verdrang es auf Einmal ein Anblick voller Erſtaunen!
Jhre Soͤhne, ſo wie ſie vom Leben der Himmliſchen ſtrahlen,
Sinken
III Band. D
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[49/0065] Elfter Geſang. Jeſus Chriſtus! Vor ſeiner Geburt ſchon nannten die Engel Seinen Namen. Jhr kennt den heiligſten aller Namen Jeſus Chriſtus des Todten! Vom Tode wird er erwachen! Jhr, ob eure Gegenwart gleich mit Schauer uns ſchreckte, Seyd Erſchaffne, wie wir! Jhr ſeyd unſterblich! Unſterblich Sind auch wir! O laſſet mit ſuͤßen menſchlichen Namen Laſſet Bruͤder euch nennen! Ach ihr ſeyd unſere Bruͤder! Dieſes Grab der Maͤrtyrer ſey, wenn wir einſt zu euch kommen, Unſer Zeuge, daß wir, ſchon auf der entheiligten Erde, Noch in der Huͤlle der Sterblichkeit, unſre Bruͤder euch nannten. Euch erinnre dieß Grab der Maͤrtyrer, daß, wenn wir kommen, Jhr die erſten im Himmel als eure Bruͤder uns aufnehmt! Thirza und ihre Soͤhne vernahmen den Juͤngling. Sie ſahen Jhn und ſeinen Gefaͤhrten, indem mit melodiſcher Stimme Semida redete, beyde mit freudig ſtaunenden Blicken Unverwendet auf ſie, ſo daucht es ihnen, hinabſchaun. Als er endete, wandte zu ihren Soͤhnen ſich Thirza: Moͤchten ſie weilen, ich liebe ſie. Einfalt und Unſchuld der Seele Schmuͤckt ſie; allein vielleicht, daß der Schauer, welcher ſie ſchreckte, Von dem Ewigen kam! Geht hin in Frieden! Der Herr ſey Euer Gott! und leit’ euch zu unſerm ewigen Leben! Ja bey unſerm Staube, der einſt der Unſterblichkeit aufwacht, Ja, wir kommen, entſchlummert ihr, euch von dem Himmel entgegen. Jethro und Semida wendeten ſich, und verließen die Hoͤle. Als der beyden Sterblichen Bild noch um Thirza’s Seele Schwebte, verdrang es auf Einmal ein Anblick voller Erſtaunen! Jhre Soͤhne, ſo wie ſie vom Leben der Himmliſchen ſtrahlen, Sinken III Band. D

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/65>, abgerufen am 29.03.2024.