Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Funfzehnter Gesang.
Sey erstanden! und dir vielleicht die Zeuginnen selber
Sagen werden, sie hätten den Herrn des Todes gesehen!

Jemina sprachs, und sah ihr mit glänzendem Lächeln ins Antlitz.
Mir? ... So athmete Portia sanft, mit leiserem Laute.
Weichet, Zweifel, von ihr! Der Ewigkeiten Beherrscher,
Der von Anbeginne das Reich der Himmel beseligt,
Sey dein Gott! Er, der dich geschaffen hat, sey dein Erbarmer!
Denn du brachst mir mein Herz, Jehova sey dein Erbarmer!
Thränen stürzten, daß ihr die Stimm' erstarb, von ihr nieder,
Als ihr auf die Stirne die Hand die Unsterbliche legte,
Und sie segnete. Portia sprach, da die Stimm' ihr zurück kam:
Leite mich, wer du auch bist, der begnadeten Sterblichen Eine,
Oder Eine der Himmlischen, welche den Menschen erscheinen,
Leite, was soll ich thun? o führe du mich zu Gott hin!
Hörtest du, Portia, schon, daß Todte mit Jesus erstanden?
Fragte Rahel mit ruhiger Stimme, mit schneller die Heidinn:
Ach was sagest du mir? Erstanden Todte mit Jesus? ...
Ja, der Ruf beginnt zu erschallen, es hätten, mit Jesus,
Todte die Gräber verlassen, und die erschienen den Frommen,
Die den Göttlichen liebten. ... O laßt mich meinem Erstaunen
Mich entreissen, und mich besinnen! Zu viel der Entzückung
Schwindelt um mich! Erstanden ist er? erstanden noch Todte?
Er erscheinet, und sie? O Tag des Lebens, an dem ich
Diese Wunder Gottes erfahre. ... Wir wollen dich leiten,
Portia. Suche sie nicht, die Christus sehen, du findest
Doch sie nicht auf. Er wird, wen er dir senden will, senden,
Daß sie dir zeugen von ihm! Jn Galiläa erscheint er,
Ausser
P 2

Funfzehnter Geſang.
Sey erſtanden! und dir vielleicht die Zeuginnen ſelber
Sagen werden, ſie haͤtten den Herrn des Todes geſehen!

Jemina ſprachs, und ſah ihr mit glaͤnzendem Laͤcheln ins Antlitz.
Mir? … So athmete Portia ſanft, mit leiſerem Laute.
Weichet, Zweifel, von ihr! Der Ewigkeiten Beherrſcher,
Der von Anbeginne das Reich der Himmel beſeligt,
Sey dein Gott! Er, der dich geſchaffen hat, ſey dein Erbarmer!
Denn du brachſt mir mein Herz, Jehova ſey dein Erbarmer!
Thraͤnen ſtuͤrzten, daß ihr die Stimm’ erſtarb, von ihr nieder,
Als ihr auf die Stirne die Hand die Unſterbliche legte,
Und ſie ſegnete. Portia ſprach, da die Stimm’ ihr zuruͤck kam:
Leite mich, wer du auch biſt, der begnadeten Sterblichen Eine,
Oder Eine der Himmliſchen, welche den Menſchen erſcheinen,
Leite, was ſoll ich thun? o fuͤhre du mich zu Gott hin!
Hoͤrteſt du, Portia, ſchon, daß Todte mit Jeſus erſtanden?
Fragte Rahel mit ruhiger Stimme, mit ſchneller die Heidinn:
Ach was ſageſt du mir? Erſtanden Todte mit Jeſus? …
Ja, der Ruf beginnt zu erſchallen, es haͤtten, mit Jeſus,
Todte die Graͤber verlaſſen, und die erſchienen den Frommen,
Die den Goͤttlichen liebten. … O laßt mich meinem Erſtaunen
Mich entreiſſen, und mich beſinnen! Zu viel der Entzuͤckung
Schwindelt um mich! Erſtanden iſt er? erſtanden noch Todte?
Er erſcheinet, und ſie? O Tag des Lebens, an dem ich
Dieſe Wunder Gottes erfahre. … Wir wollen dich leiten,
Portia. Suche ſie nicht, die Chriſtus ſehen, du findeſt
Doch ſie nicht auf. Er wird, wen er dir ſenden will, ſenden,
Daß ſie dir zeugen von ihm! Jn Galilaͤa erſcheint er,
Auſſer
P 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="74">
            <pb facs="#f0243" n="227"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Funfzehnter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <l>Sey er&#x017F;tanden! und dir vielleicht die Zeuginnen &#x017F;elber</l><lb/>
            <l>Sagen werden, &#x017F;ie ha&#x0364;tten den Herrn des Todes ge&#x017F;ehen!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="75">
            <l>Jemina &#x017F;prachs, und &#x017F;ah ihr mit gla&#x0364;nzendem La&#x0364;cheln ins Antlitz.</l><lb/>
            <l>Mir? &#x2026; So athmete Portia &#x017F;anft, mit lei&#x017F;erem Laute.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="76">
            <l>Weichet, Zweifel, von ihr! Der Ewigkeiten Beherr&#x017F;cher,</l><lb/>
            <l>Der von Anbeginne das Reich der Himmel be&#x017F;eligt,</l><lb/>
            <l>Sey dein Gott! Er, der dich ge&#x017F;chaffen hat, &#x017F;ey dein Erbarmer!</l><lb/>
            <l>Denn du brach&#x017F;t mir mein Herz, Jehova &#x017F;ey dein Erbarmer!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="77">
            <l>Thra&#x0364;nen &#x017F;tu&#x0364;rzten, daß ihr die Stimm&#x2019; er&#x017F;tarb, von ihr nieder,</l><lb/>
            <l>Als ihr auf die Stirne die Hand die Un&#x017F;terbliche legte,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie &#x017F;egnete. Portia &#x017F;prach, da die Stimm&#x2019; ihr zuru&#x0364;ck kam:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="78">
            <l>Leite mich, wer du auch bi&#x017F;t, der begnadeten Sterblichen Eine,</l><lb/>
            <l>Oder Eine der Himmli&#x017F;chen, welche den Men&#x017F;chen er&#x017F;cheinen,</l><lb/>
            <l>Leite, was &#x017F;oll ich thun? o fu&#x0364;hre du mich zu Gott hin!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="79">
            <l>Ho&#x0364;rte&#x017F;t du, Portia, &#x017F;chon, daß Todte mit Je&#x017F;us er&#x017F;tanden?</l><lb/>
            <l>Fragte Rahel mit ruhiger Stimme, mit &#x017F;chneller die Heidinn:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="80">
            <l>Ach was &#x017F;age&#x017F;t du mir? Er&#x017F;tanden Todte mit Je&#x017F;us? &#x2026;</l><lb/>
            <l>Ja, der Ruf beginnt zu er&#x017F;challen, es ha&#x0364;tten, mit Je&#x017F;us,</l><lb/>
            <l>Todte die Gra&#x0364;ber verla&#x017F;&#x017F;en, und die er&#x017F;chienen den Frommen,</l><lb/>
            <l>Die den Go&#x0364;ttlichen liebten. &#x2026; O laßt mich meinem Er&#x017F;taunen</l><lb/>
            <l>Mich entrei&#x017F;&#x017F;en, und mich be&#x017F;innen! Zu viel der Entzu&#x0364;ckung</l><lb/>
            <l>Schwindelt um mich! Er&#x017F;tanden i&#x017F;t er? er&#x017F;tanden noch Todte?</l><lb/>
            <l>Er er&#x017F;cheinet, und &#x017F;ie? O Tag des Lebens, an dem ich</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;e Wunder Gottes erfahre. &#x2026; Wir wollen dich leiten,</l><lb/>
            <l>Portia. Suche &#x017F;ie nicht, die Chri&#x017F;tus &#x017F;ehen, du finde&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;ie nicht auf. Er wird, wen er dir &#x017F;enden will, &#x017F;enden,</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie dir zeugen von ihm! Jn Galila&#x0364;a er&#x017F;cheint er,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">P 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Au&#x017F;&#x017F;er</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0243] Funfzehnter Geſang. Sey erſtanden! und dir vielleicht die Zeuginnen ſelber Sagen werden, ſie haͤtten den Herrn des Todes geſehen! Jemina ſprachs, und ſah ihr mit glaͤnzendem Laͤcheln ins Antlitz. Mir? … So athmete Portia ſanft, mit leiſerem Laute. Weichet, Zweifel, von ihr! Der Ewigkeiten Beherrſcher, Der von Anbeginne das Reich der Himmel beſeligt, Sey dein Gott! Er, der dich geſchaffen hat, ſey dein Erbarmer! Denn du brachſt mir mein Herz, Jehova ſey dein Erbarmer! Thraͤnen ſtuͤrzten, daß ihr die Stimm’ erſtarb, von ihr nieder, Als ihr auf die Stirne die Hand die Unſterbliche legte, Und ſie ſegnete. Portia ſprach, da die Stimm’ ihr zuruͤck kam: Leite mich, wer du auch biſt, der begnadeten Sterblichen Eine, Oder Eine der Himmliſchen, welche den Menſchen erſcheinen, Leite, was ſoll ich thun? o fuͤhre du mich zu Gott hin! Hoͤrteſt du, Portia, ſchon, daß Todte mit Jeſus erſtanden? Fragte Rahel mit ruhiger Stimme, mit ſchneller die Heidinn: Ach was ſageſt du mir? Erſtanden Todte mit Jeſus? … Ja, der Ruf beginnt zu erſchallen, es haͤtten, mit Jeſus, Todte die Graͤber verlaſſen, und die erſchienen den Frommen, Die den Goͤttlichen liebten. … O laßt mich meinem Erſtaunen Mich entreiſſen, und mich beſinnen! Zu viel der Entzuͤckung Schwindelt um mich! Erſtanden iſt er? erſtanden noch Todte? Er erſcheinet, und ſie? O Tag des Lebens, an dem ich Dieſe Wunder Gottes erfahre. … Wir wollen dich leiten, Portia. Suche ſie nicht, die Chriſtus ſehen, du findeſt Doch ſie nicht auf. Er wird, wen er dir ſenden will, ſenden, Daß ſie dir zeugen von ihm! Jn Galilaͤa erſcheint er, Auſſer P 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/243
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/243>, abgerufen am 22.11.2024.