Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Dreyzehnter Gesang.
Selber Eloa erhüb' umsonst mit der Harfe der Feyer
Sich im Psalme, der Psalm entströmte vergebens des Geistes
Jnnerstem, diesen Preis, die Gottesehren zu singen.
Lehre mich, Sionitinn, nur einige Laute von jener
Großen Erhöhung, die neben den Hütten sterblicher Sünder,
Doch nun auch versöhnter begann, und immer sich weiter
Auf stets höheren Stufen erhub, o lehre von fern mich
Nachschaun ihm, der hinauf zu dem Thron den Lichtweg wandelt.

Liebend sahe der Mittler herab auf Adam, indem winkt
Er dem Engel; der brachte die Seele. Sie sprach zu dem Führer:
Wer, o du strahlender Unbekannter, ist jener erhabne
Furchtbare Mann auf dem Felsenhügel? ... Und blickest du, Seele,
Denn nicht auch auf die Schaaren um ihn, die leuchtender schimmern?
Ach ich kann nicht wenden von dem mein Auge, zu dem du
Hin mich führest. Er ist in dieser Götterversammlung,
Auf, und bete mit an! der oberste Gott! ... Und dein Richter! ...
Weh mir! Jupiter! Jupiter! du, der herrscht im Olympus!
Größter! Herrlichster! O mein Führer! was blicket dein Auge
Mir vor Schrecken zu? Jsts Minos furchtbare Gottheit?
Oeffnet irgendwo hier die Erde Thore des Abgrunds?
Rauscht hier nah der Cocytus? und donnern über dem Strome
Jupiters Eide? Zu grausamer Führer, noch immer verstummst du
Meinen bebenden Fragen? Ach hat er den letzten geschworen,
Als ich starb? und stürzet mich der in Phlegetons Tiefe?
Jetzo sprach zu dem Todten der Mittler: Jupiter, Minos
Sind nicht; aber es schreyet laut von dem schmachtenden Lande,
Herrscher, zu mir das Volk! Er sprachs, und nannte des Todten
Künftige
J 3

Dreyzehnter Geſang.
Selber Eloa erhuͤb’ umſonſt mit der Harfe der Feyer
Sich im Pſalme, der Pſalm entſtroͤmte vergebens des Geiſtes
Jnnerſtem, dieſen Preis, die Gottesehren zu ſingen.
Lehre mich, Sionitinn, nur einige Laute von jener
Großen Erhoͤhung, die neben den Huͤtten ſterblicher Suͤnder,
Doch nun auch verſoͤhnter begann, und immer ſich weiter
Auf ſtets hoͤheren Stufen erhub, o lehre von fern mich
Nachſchaun ihm, der hinauf zu dem Thron den Lichtweg wandelt.

Liebend ſahe der Mittler herab auf Adam, indem winkt
Er dem Engel; der brachte die Seele. Sie ſprach zu dem Fuͤhrer:
Wer, o du ſtrahlender Unbekannter, iſt jener erhabne
Furchtbare Mann auf dem Felſenhuͤgel? … Und blickeſt du, Seele,
Denn nicht auch auf die Schaaren um ihn, die leuchtender ſchimmern?
Ach ich kann nicht wenden von dem mein Auge, zu dem du
Hin mich fuͤhreſt. Er iſt in dieſer Goͤtterverſammlung,
Auf, und bete mit an! der oberſte Gott! … Und dein Richter! …
Weh mir! Jupiter! Jupiter! du, der herrſcht im Olympus!
Groͤßter! Herrlichſter! O mein Fuͤhrer! was blicket dein Auge
Mir vor Schrecken zu? Jſts Minos furchtbare Gottheit?
Oeffnet irgendwo hier die Erde Thore des Abgrunds?
Rauſcht hier nah der Cocytus? und donnern uͤber dem Strome
Jupiters Eide? Zu grauſamer Fuͤhrer, noch immer verſtummſt du
Meinen bebenden Fragen? Ach hat er den letzten geſchworen,
Als ich ſtarb? und ſtuͤrzet mich der in Phlegetons Tiefe?
Jetzo ſprach zu dem Todten der Mittler: Jupiter, Minos
Sind nicht; aber es ſchreyet laut von dem ſchmachtenden Lande,
Herrſcher, zu mir das Volk! Er ſprachs, und nannte des Todten
Kuͤnftige
J 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="60">
            <pb facs="#f0149" n="133"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Dreyzehnter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <l>Selber Eloa erhu&#x0364;b&#x2019; um&#x017F;on&#x017F;t mit der Harfe der Feyer</l><lb/>
            <l>Sich im P&#x017F;alme, der P&#x017F;alm ent&#x017F;tro&#x0364;mte vergebens des Gei&#x017F;tes</l><lb/>
            <l>Jnner&#x017F;tem, die&#x017F;en Preis, die Gottesehren zu &#x017F;ingen.</l><lb/>
            <l>Lehre mich, Sionitinn, nur einige Laute von jener</l><lb/>
            <l>Großen Erho&#x0364;hung, die neben den Hu&#x0364;tten &#x017F;terblicher Su&#x0364;nder,</l><lb/>
            <l>Doch nun auch ver&#x017F;o&#x0364;hnter begann, und immer &#x017F;ich weiter</l><lb/>
            <l>Auf &#x017F;tets ho&#x0364;heren Stufen erhub, o lehre von fern mich</l><lb/>
            <l>Nach&#x017F;chaun ihm, der hinauf zu dem Thron den Lichtweg wandelt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="61">
            <l>Liebend &#x017F;ahe der Mittler herab auf Adam, indem winkt</l><lb/>
            <l>Er dem Engel; der brachte die Seele. Sie &#x017F;prach zu dem Fu&#x0364;hrer:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="62">
            <l>Wer, o du &#x017F;trahlender Unbekannter, i&#x017F;t jener erhabne</l><lb/>
            <l>Furchtbare Mann auf dem Fel&#x017F;enhu&#x0364;gel? &#x2026; Und blicke&#x017F;t du, Seele,</l><lb/>
            <l>Denn nicht auch auf die Schaaren um ihn, die leuchtender &#x017F;chimmern?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="63">
            <l>Ach ich kann nicht wenden von dem mein Auge, zu dem du</l><lb/>
            <l>Hin mich fu&#x0364;hre&#x017F;t. Er i&#x017F;t in die&#x017F;er Go&#x0364;tterver&#x017F;ammlung,</l><lb/>
            <l>Auf, und bete mit an! der ober&#x017F;te Gott! &#x2026; Und dein Richter! &#x2026;</l><lb/>
            <l>Weh mir! Jupiter! Jupiter! du, der herr&#x017F;cht im Olympus!</l><lb/>
            <l>Gro&#x0364;ßter! Herrlich&#x017F;ter! O mein Fu&#x0364;hrer! was blicket dein Auge</l><lb/>
            <l>Mir vor Schrecken zu? J&#x017F;ts Minos furchtbare Gottheit?</l><lb/>
            <l>Oeffnet irgendwo hier die Erde Thore des Abgrunds?</l><lb/>
            <l>Rau&#x017F;cht hier nah der Cocytus? und donnern u&#x0364;ber dem Strome</l><lb/>
            <l>Jupiters Eide? Zu grau&#x017F;amer Fu&#x0364;hrer, noch immer ver&#x017F;tumm&#x017F;t du</l><lb/>
            <l>Meinen bebenden Fragen? Ach hat er den letzten ge&#x017F;chworen,</l><lb/>
            <l>Als ich &#x017F;tarb? und &#x017F;tu&#x0364;rzet mich der in Phlegetons Tiefe?</l><lb/>
            <l>Jetzo &#x017F;prach zu dem Todten der Mittler: Jupiter, Minos</l><lb/>
            <l>Sind nicht; aber es &#x017F;chreyet laut von dem &#x017F;chmachtenden Lande,</l><lb/>
            <l>Herr&#x017F;cher, zu mir das Volk! Er &#x017F;prachs, und nannte des Todten</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">J 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Ku&#x0364;nftige</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0149] Dreyzehnter Geſang. Selber Eloa erhuͤb’ umſonſt mit der Harfe der Feyer Sich im Pſalme, der Pſalm entſtroͤmte vergebens des Geiſtes Jnnerſtem, dieſen Preis, die Gottesehren zu ſingen. Lehre mich, Sionitinn, nur einige Laute von jener Großen Erhoͤhung, die neben den Huͤtten ſterblicher Suͤnder, Doch nun auch verſoͤhnter begann, und immer ſich weiter Auf ſtets hoͤheren Stufen erhub, o lehre von fern mich Nachſchaun ihm, der hinauf zu dem Thron den Lichtweg wandelt. Liebend ſahe der Mittler herab auf Adam, indem winkt Er dem Engel; der brachte die Seele. Sie ſprach zu dem Fuͤhrer: Wer, o du ſtrahlender Unbekannter, iſt jener erhabne Furchtbare Mann auf dem Felſenhuͤgel? … Und blickeſt du, Seele, Denn nicht auch auf die Schaaren um ihn, die leuchtender ſchimmern? Ach ich kann nicht wenden von dem mein Auge, zu dem du Hin mich fuͤhreſt. Er iſt in dieſer Goͤtterverſammlung, Auf, und bete mit an! der oberſte Gott! … Und dein Richter! … Weh mir! Jupiter! Jupiter! du, der herrſcht im Olympus! Groͤßter! Herrlichſter! O mein Fuͤhrer! was blicket dein Auge Mir vor Schrecken zu? Jſts Minos furchtbare Gottheit? Oeffnet irgendwo hier die Erde Thore des Abgrunds? Rauſcht hier nah der Cocytus? und donnern uͤber dem Strome Jupiters Eide? Zu grauſamer Fuͤhrer, noch immer verſtummſt du Meinen bebenden Fragen? Ach hat er den letzten geſchworen, Als ich ſtarb? und ſtuͤrzet mich der in Phlegetons Tiefe? Jetzo ſprach zu dem Todten der Mittler: Jupiter, Minos Sind nicht; aber es ſchreyet laut von dem ſchmachtenden Lande, Herrſcher, zu mir das Volk! Er ſprachs, und nannte des Todten Kuͤnftige J 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/149
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/149>, abgerufen am 22.11.2024.