[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Die
Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="71"> <l> <pb facs="#f0185" n="155"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zehnter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Zu dem ewigen Leben, empfangen; und die, ſo du anders</l><lb/> <l>Fuͤhrſt zum ewigen Leben, die alle, die du mit Blute,</l><lb/> <l>Theuer erkauft, und ſie dem Anſchaun Gottes geweiht haſt,</l><lb/> <l>Leite ſie im aufbluͤhenden Alter! pflege die zarten</l><lb/> <l>Biegſamen Sproſſen, daß ſie zu ieder Fruchtbarkeit reifen,</l><lb/> <l>Welche du in ſie legteſt. Jn ihnen verdunkle die Suͤnde,</l><lb/> <l>Nie zu ſehr den Schimmer der fruͤherleuchtenden Gnade,</l><lb/> <l>Loͤſche das Feuer nicht aus, das, dich zu lieben, ſie anflammt!</l><lb/> <l>Herr! vor allen in denen nicht, deren reiferes Alter</l><lb/> <l>Du, der Erde zu leuchten, und ſie an Gott zu erinnern;</l><lb/> <l>Oder in jenen, die du beſtimmteſt, vom hoͤheren Schauplaz,</l><lb/> <l>Zu dem du ſie erhubſt, auf ihre Bruͤder, die Menſchen,</l><lb/> <l>Wohlthun, Frieden und Schutz, und Gerechtigkeit, auszuſchuͤtten!</l><lb/> <l>Alle, die es nun wiſſen, was Gott von ihnen, der Weſen</l><lb/> <l>Hoͤchſtes, heiligſtes, beſtes, der anzubetende Schoͤpfer,</l><lb/> <l>Mit ſo vieler Geduld, ſo viel Barmherzigkeit, fodert,</l><lb/> <l>Laß, laß alle Menſchen, ihr kurzes Leben am Staube,</l><lb/> <l>Dieſe Stunde der Pruͤfung, zu ihrer Seligkeit, leben!</l><lb/> <l>Daß der Wanderer nicht, am Quell, und unter den Schatten,</l><lb/> <l>Jene Krone, die Gott von fern ihm zeigte, verſchlummre!</l><lb/> <l>Oder ſie gar, an der Kette zu kleiner Freuden, verachte!</l><lb/> <l>Deren Herzen nicht ganz am Unendlichen hangen, und die ſich</l><lb/> <l>Auf den Arm des ſterblichen Helfers zu ſehr verlaſſen!</l><lb/> <l>Denen die Ehre zu ſuͤß iſt, und die oft Beyfall der Menſchen,</l><lb/> <l>Den zu ihrer Thaten Belohner waͤhlen, und Gottes,</l><lb/> <l>Vor dem Tadel und Lob der Menſchen, wie Blaſen der Luft, wiegt,</l><lb/> <l>Gottes Auge, das ſchaut, und zaͤhlt, und richtet, vergeſſen!</l><lb/> <l>Die ſich in Sinnlichkeiten verweben! Sie hatten der Luͤſte</l><lb/> <l>Stricke zwar mutig zerriſſen; allein die feinere Wolluſt</l><lb/> <l>Lockt ſie taͤuſchend vom Gipfel der beſſern Freuden herunter!<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0185]
Zehnter Geſang.
Zu dem ewigen Leben, empfangen; und die, ſo du anders
Fuͤhrſt zum ewigen Leben, die alle, die du mit Blute,
Theuer erkauft, und ſie dem Anſchaun Gottes geweiht haſt,
Leite ſie im aufbluͤhenden Alter! pflege die zarten
Biegſamen Sproſſen, daß ſie zu ieder Fruchtbarkeit reifen,
Welche du in ſie legteſt. Jn ihnen verdunkle die Suͤnde,
Nie zu ſehr den Schimmer der fruͤherleuchtenden Gnade,
Loͤſche das Feuer nicht aus, das, dich zu lieben, ſie anflammt!
Herr! vor allen in denen nicht, deren reiferes Alter
Du, der Erde zu leuchten, und ſie an Gott zu erinnern;
Oder in jenen, die du beſtimmteſt, vom hoͤheren Schauplaz,
Zu dem du ſie erhubſt, auf ihre Bruͤder, die Menſchen,
Wohlthun, Frieden und Schutz, und Gerechtigkeit, auszuſchuͤtten!
Alle, die es nun wiſſen, was Gott von ihnen, der Weſen
Hoͤchſtes, heiligſtes, beſtes, der anzubetende Schoͤpfer,
Mit ſo vieler Geduld, ſo viel Barmherzigkeit, fodert,
Laß, laß alle Menſchen, ihr kurzes Leben am Staube,
Dieſe Stunde der Pruͤfung, zu ihrer Seligkeit, leben!
Daß der Wanderer nicht, am Quell, und unter den Schatten,
Jene Krone, die Gott von fern ihm zeigte, verſchlummre!
Oder ſie gar, an der Kette zu kleiner Freuden, verachte!
Deren Herzen nicht ganz am Unendlichen hangen, und die ſich
Auf den Arm des ſterblichen Helfers zu ſehr verlaſſen!
Denen die Ehre zu ſuͤß iſt, und die oft Beyfall der Menſchen,
Den zu ihrer Thaten Belohner waͤhlen, und Gottes,
Vor dem Tadel und Lob der Menſchen, wie Blaſen der Luft, wiegt,
Gottes Auge, das ſchaut, und zaͤhlt, und richtet, vergeſſen!
Die ſich in Sinnlichkeiten verweben! Sie hatten der Luͤſte
Stricke zwar mutig zerriſſen; allein die feinere Wolluſt
Lockt ſie taͤuſchend vom Gipfel der beſſern Freuden herunter!
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |