Mich ins Dunkle der Herrlichkeit Gottes hinüber zu tragen! Nun empfind ich sie ganz, der Auferstehung Gedanken! Adams Geschlecht, so wirst du erwachen! Dieß Staunen, dieß Zittern, Dieses Jauchzen des ewigen Lebens wird über dich kommen! Dann wird stehn auf dem Throne, der hier im Staube gebückt liegt, Einen langen gefürchteten Tag, sein Weltgericht halten, Und vollenden den Bund, durch diese Leiden gestiftet. O, mit welchem Gefühl der neuen Schöpfung, wie selig, Werden, die du erlöset hast, dich auf dem Richterstul anschaun! Deine schimmernden Wunden, das Bild der Liebe zum Tode, Bis zum Tod am Kreuze, mit betenden Augen betrachten, Und dir feyern, dir Halleluja der Ewigkeit singen! Dann wird schweigen vor ihnen des Weltgerichts Donnerposaune, Und die Stimme vom Thron. Es wird die Tiefe sich bücken, Und die Höh gefaltete Hände gen Himmel erheben. Dann wird der letzte der Tage den stillverlöschenden Schimmer Vor dem Throne der Ewigkeit niederlegen. Dann wirst du Deine Gerechten um dich zu deinem Anschaun versammeln, Daß sie dich sehn, wie du bist. Sie werdens fühlen, und jauchzen, Daß sie ewig sind, und den Gedanken des Lebens ohn Ende, Weil du sie liebest, erst ganz in seiner Hoheit empfinden. So sagt der, den Jehovah, voll Ehrfurcht die Seraphim nennen; Die Verworfenen, Richter; der selber Vater sich nennet! Also sang Eloa vom Himmel. Es schaute der Gottmensch Sanft dem anbetenden Seraph ins Angesicht, sanfter auf Tabor. Aber noch daurte das ernste Gericht, die Bängsten der Leiden Ueber ihn auszugießen, und kein Erbarmen zu kennen. Und er neigte sich tief, rang seine Hände gen Himmel, Und verstummte. So windet ein Lamm, am Altare geschlachtet, Sich in seinem Blute; so lag, umströmt von den Wolken Seiner Opfer, umströmt vom Blute, so neigte sich Abel,
Als
Fuͤnfter Geſang.
Mich ins Dunkle der Herrlichkeit Gottes hinuͤber zu tragen! Nun empfind ich ſie ganz, der Auferſtehung Gedanken! Adams Geſchlecht, ſo wirſt du erwachen! Dieß Staunen, dieß Zittern, Dieſes Jauchzen des ewigen Lebens wird uͤber dich kommen! Dann wird ſtehn auf dem Throne, der hier im Staube gebuͤckt liegt, Einen langen gefuͤrchteten Tag, ſein Weltgericht halten, Und vollenden den Bund, durch dieſe Leiden geſtiftet. O, mit welchem Gefuͤhl der neuen Schoͤpfung, wie ſelig, Werden, die du erloͤſet haſt, dich auf dem Richterſtul anſchaun! Deine ſchimmernden Wunden, das Bild der Liebe zum Tode, Bis zum Tod am Kreuze, mit betenden Augen betrachten, Und dir feyern, dir Halleluja der Ewigkeit ſingen! Dann wird ſchweigen vor ihnen des Weltgerichts Donnerpoſaune, Und die Stimme vom Thron. Es wird die Tiefe ſich buͤcken, Und die Hoͤh gefaltete Haͤnde gen Himmel erheben. Dann wird der letzte der Tage den ſtillverloͤſchenden Schimmer Vor dem Throne der Ewigkeit niederlegen. Dann wirſt du Deine Gerechten um dich zu deinem Anſchaun verſammeln, Daß ſie dich ſehn, wie du biſt. Sie werdens fuͤhlen, und jauchzen, Daß ſie ewig ſind, und den Gedanken des Lebens ohn Ende, Weil du ſie liebeſt, erſt ganz in ſeiner Hoheit empfinden. So ſagt der, den Jehovah, voll Ehrfurcht die Seraphim nennen; Die Verworfenen, Richter; der ſelber Vater ſich nennet! Alſo ſang Eloa vom Himmel. Es ſchaute der Gottmenſch Sanft dem anbetenden Seraph ins Angeſicht, ſanfter auf Tabor. Aber noch daurte das ernſte Gericht, die Baͤngſten der Leiden Ueber ihn auszugießen, und kein Erbarmen zu kennen. Und er neigte ſich tief, rang ſeine Haͤnde gen Himmel, Und verſtummte. So windet ein Lamm, am Altare geſchlachtet, Sich in ſeinem Blute; ſo lag, umſtroͤmt von den Wolken Seiner Opfer, umſtroͤmt vom Blute, ſo neigte ſich Abel,
Als
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Fuͤnfter Geſang.
Mich ins Dunkle der Herrlichkeit Gottes hinuͤber zu tragen!
Nun empfind ich ſie ganz, der Auferſtehung Gedanken!
Adams Geſchlecht, ſo wirſt du erwachen! Dieß Staunen, dieß Zittern,
Dieſes Jauchzen des ewigen Lebens wird uͤber dich kommen!
Dann wird ſtehn auf dem Throne, der hier im Staube gebuͤckt liegt,
Einen langen gefuͤrchteten Tag, ſein Weltgericht halten,
Und vollenden den Bund, durch dieſe Leiden geſtiftet.
O, mit welchem Gefuͤhl der neuen Schoͤpfung, wie ſelig,
Werden, die du erloͤſet haſt, dich auf dem Richterſtul anſchaun!
Deine ſchimmernden Wunden, das Bild der Liebe zum Tode,
Bis zum Tod am Kreuze, mit betenden Augen betrachten,
Und dir feyern, dir Halleluja der Ewigkeit ſingen!
Dann wird ſchweigen vor ihnen des Weltgerichts Donnerpoſaune,
Und die Stimme vom Thron. Es wird die Tiefe ſich buͤcken,
Und die Hoͤh gefaltete Haͤnde gen Himmel erheben.
Dann wird der letzte der Tage den ſtillverloͤſchenden Schimmer
Vor dem Throne der Ewigkeit niederlegen. Dann wirſt du
Deine Gerechten um dich zu deinem Anſchaun verſammeln,
Daß ſie dich ſehn, wie du biſt. Sie werdens fuͤhlen, und jauchzen,
Daß ſie ewig ſind, und den Gedanken des Lebens ohn Ende,
Weil du ſie liebeſt, erſt ganz in ſeiner Hoheit empfinden.
So ſagt der, den Jehovah, voll Ehrfurcht die Seraphim nennen;
Die Verworfenen, Richter; der ſelber Vater ſich nennet!
Alſo ſang Eloa vom Himmel. Es ſchaute der Gottmenſch
Sanft dem anbetenden Seraph ins Angeſicht, ſanfter auf Tabor.
Aber noch daurte das ernſte Gericht, die Baͤngſten der Leiden
Ueber ihn auszugießen, und kein Erbarmen zu kennen.
Und er neigte ſich tief, rang ſeine Haͤnde gen Himmel,
Und verſtummte. So windet ein Lamm, am Altare geſchlachtet,
Sich in ſeinem Blute; ſo lag, umſtroͤmt von den Wolken
Seiner Opfer, umſtroͤmt vom Blute, ſo neigte ſich Abel,
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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/195>, abgerufen am 16.02.2025.
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