[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Simon
Simon
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <l> <pb facs="#f0153" n="141"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vierter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Hatt’ ich vor demvon dem Juͤnger des Menſchenfreundes! Du ſollteſt</l><lb/> <l>Juda, von ſeinem Tode, durch ſchoͤne Wunder einſt zeugen,</l><lb/> <l>Auch ein Maͤrtyrer ſeyn! Die hohen Lieder auch hoͤren,</l><lb/> <l>Die wir ſingen den Ueberwindern! So waͤrſt du geſtorben!</l><lb/> <l>Deine Seele, mit Lichte bekleidet, die haͤtte dein Freund dann,</l><lb/> <l>Bey der Hand im Triumphe daher zum Meßias gefuͤhret,</l><lb/> <l>Zu dem Erſten der Ueberwinder! Jch haͤtte von ferne</l><lb/> <l>Unter den goldenen Stuͤlen der zwoͤlf erwaͤhlten des Mittlers,</l><lb/> <l>Deinen erhabenen Stul dir gezeigt! Du waͤrſt in Entzuͤckung,</l><lb/> <l>Bey dem Anblick des glaͤnzenden Stuls, und deß auf dem Throne,</l><lb/> <l>Ueberfloſſen! Jch haͤtte dich, Freund, ich haͤtte dich, Bruder,</l><lb/> <l>Ach, ich haͤtte mit ſuͤßer Stimme dich, Seraph, genennet!</l><lb/> <l>Mein Jſchariot haͤtte mich dann im Geheimniß der Chriſten</l><lb/> <l>Unterrichtet: was er in ſeiner Seele da fuͤhlte,</l><lb/> <l>Da der Geiſt der Propheten auf ihn vom Himmel herabkam,</l><lb/> <l>Da du den Muth, zu ſterben, empfiengſt; und vom Geiſte gelehret,</l><lb/> <l>Beteteſt unausſprechliche Worte; nicht ſuͤndigen konnteſt,</l><lb/> <l>Weil dein Herz zu der Unſchuld des Paradieſes verjuͤngt war.</l><lb/> <l>Aber ſie ſind nun dahin der frommen Entzuͤckung Gedanken!</l><lb/> <l>Wie ein laͤchelnder Fruͤhling verbluͤht, wie die Blume des Lebens,</l><lb/> <l>Bald im hoffenden Juͤnglinge ſtirbt, vor der Reife der Jahre!</l><lb/> <l>Alſo ſind ſie voruͤbergegangen. Mein Juͤnger verlaͤßt mich!</l><lb/> <l>Kurz noch eines Heiligen Schutzgelſt|, wandl’ ich itzt einſam</l><lb/> <l>Unter den Engeln, die um mich vor Wehmut verſtummen. Gebiete,</l><lb/> <l>Großer Meßias! Soll ich mich von neuem zum Himmel erheben.</l><lb/> <l>Oder bin ich gewuͤrdiget worden, dich ſterben zu ſehen?</l><lb/> <l>Jeſus wandt auf den Seraph ſein ernſtes Antlitz, und ſagte:<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Simon</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [141/0153]
Vierter Geſang.
Hatt’ ich vor demvon dem Juͤnger des Menſchenfreundes! Du ſollteſt
Juda, von ſeinem Tode, durch ſchoͤne Wunder einſt zeugen,
Auch ein Maͤrtyrer ſeyn! Die hohen Lieder auch hoͤren,
Die wir ſingen den Ueberwindern! So waͤrſt du geſtorben!
Deine Seele, mit Lichte bekleidet, die haͤtte dein Freund dann,
Bey der Hand im Triumphe daher zum Meßias gefuͤhret,
Zu dem Erſten der Ueberwinder! Jch haͤtte von ferne
Unter den goldenen Stuͤlen der zwoͤlf erwaͤhlten des Mittlers,
Deinen erhabenen Stul dir gezeigt! Du waͤrſt in Entzuͤckung,
Bey dem Anblick des glaͤnzenden Stuls, und deß auf dem Throne,
Ueberfloſſen! Jch haͤtte dich, Freund, ich haͤtte dich, Bruder,
Ach, ich haͤtte mit ſuͤßer Stimme dich, Seraph, genennet!
Mein Jſchariot haͤtte mich dann im Geheimniß der Chriſten
Unterrichtet: was er in ſeiner Seele da fuͤhlte,
Da der Geiſt der Propheten auf ihn vom Himmel herabkam,
Da du den Muth, zu ſterben, empfiengſt; und vom Geiſte gelehret,
Beteteſt unausſprechliche Worte; nicht ſuͤndigen konnteſt,
Weil dein Herz zu der Unſchuld des Paradieſes verjuͤngt war.
Aber ſie ſind nun dahin der frommen Entzuͤckung Gedanken!
Wie ein laͤchelnder Fruͤhling verbluͤht, wie die Blume des Lebens,
Bald im hoffenden Juͤnglinge ſtirbt, vor der Reife der Jahre!
Alſo ſind ſie voruͤbergegangen. Mein Juͤnger verlaͤßt mich!
Kurz noch eines Heiligen Schutzgelſt|, wandl’ ich itzt einſam
Unter den Engeln, die um mich vor Wehmut verſtummen. Gebiete,
Großer Meßias! Soll ich mich von neuem zum Himmel erheben.
Oder bin ich gewuͤrdiget worden, dich ſterben zu ſehen?
Jeſus wandt auf den Seraph ſein ernſtes Antlitz, und ſagte:
Simon
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |