männer (sie hätten sich beynah vor ihnen nie- dergeworfen; der Anführer konte nicht reden, also redeten alle) beschworen sie bey der Ehre der Nation, beym Vaterlande, nicht hart zu seyn, ihnen es nicht zu versagen, nicht abzu- schlagen, heute, an diesem festlichsten ihrer Tage, eine Stimme haben zu dürfen! Ekhar- den stürzten dabey die Thränen der Freude so heiß herunter, daß er sich wegwenden muste. Auch den übrigen Aldermännern wurd es schwer zur Rede zu kommen; und nicht wenig nahm ihre Freude zu, da sie beynah aus allen Zünften die Anwalde laut rufen hörten, daß den Jünglingen ihre Bitte nicht verweigert werden müste! Die Aldermänner gestanden sie zu. Die Jünglinge gingen nicht wieder zum Volke hinunter. Sie traten seitwärts neben die Bildsäulen, blieben dort stehen, und schlugen, mit jeder Anmut der Bescheidenheit, und mit der schönen Röthe des zurükgehaltnen Feuers, die Augen nieder.
Der Anwald der Weltweisen kam langsam auf dem Zunftplaze vorwärts gegangen, und sagte, indem er sich gegen den halben Kreis wandte: Die Aldermänner, und wer sonst wie sie dächte, würden seine Kälte nicht in ei- nem falschen Gesichtspunkte ansehn. Sie hät- te keine andre Ursache, als die Neigung, vor
dem
maͤnner (ſie haͤtten ſich beynah vor ihnen nie- dergeworfen; der Anfuͤhrer konte nicht reden, alſo redeten alle) beſchworen ſie bey der Ehre der Nation, beym Vaterlande, nicht hart zu ſeyn, ihnen es nicht zu verſagen, nicht abzu- ſchlagen, heute, an dieſem feſtlichſten ihrer Tage, eine Stimme haben zu duͤrfen! Ekhar- den ſtuͤrzten dabey die Thraͤnen der Freude ſo heiß herunter, daß er ſich wegwenden muſte. Auch den uͤbrigen Aldermaͤnnern wurd es ſchwer zur Rede zu kommen; und nicht wenig nahm ihre Freude zu, da ſie beynah aus allen Zuͤnften die Anwalde laut rufen hoͤrten, daß den Juͤnglingen ihre Bitte nicht verweigert werden muͤſte! Die Aldermaͤnner geſtanden ſie zu. Die Juͤnglinge gingen nicht wieder zum Volke hinunter. Sie traten ſeitwaͤrts neben die Bildſaͤulen, blieben dort ſtehen, und ſchlugen, mit jeder Anmut der Beſcheidenheit, und mit der ſchoͤnen Roͤthe des zuruͤkgehaltnen Feuers, die Augen nieder.
Der Anwald der Weltweiſen kam langſam auf dem Zunftplaze vorwaͤrts gegangen, und ſagte, indem er ſich gegen den halben Kreis wandte: Die Aldermaͤnner, und wer ſonſt wie ſie daͤchte, wuͤrden ſeine Kaͤlte nicht in ei- nem falſchen Geſichtspunkte anſehn. Sie haͤt- te keine andre Urſache, als die Neigung, vor
dem
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maͤnner (ſie haͤtten ſich beynah vor ihnen nie-
dergeworfen; der Anfuͤhrer konte nicht reden,
alſo redeten alle) beſchworen ſie bey der Ehre
der Nation, beym Vaterlande, nicht hart zu
ſeyn, ihnen es nicht zu verſagen, nicht abzu-
ſchlagen, heute, an dieſem feſtlichſten ihrer
Tage, eine Stimme haben zu duͤrfen! Ekhar-
den ſtuͤrzten dabey die Thraͤnen der Freude ſo
heiß herunter, daß er ſich wegwenden muſte.
Auch den uͤbrigen Aldermaͤnnern wurd es
ſchwer zur Rede zu kommen; und nicht wenig
nahm ihre Freude zu, da ſie beynah aus allen
Zuͤnften die Anwalde laut rufen hoͤrten, daß
den Juͤnglingen ihre Bitte nicht verweigert
werden muͤſte! Die Aldermaͤnner geſtanden
ſie zu. Die Juͤnglinge gingen nicht wieder
zum Volke hinunter. Sie traten ſeitwaͤrts
neben die Bildſaͤulen, blieben dort ſtehen, und
ſchlugen, mit jeder Anmut der Beſcheidenheit,
und mit der ſchoͤnen Roͤthe des zuruͤkgehaltnen
Feuers, die Augen nieder.
Der Anwald der Weltweiſen kam langſam
auf dem Zunftplaze vorwaͤrts gegangen, und
ſagte, indem er ſich gegen den halben Kreis
wandte: Die Aldermaͤnner, und wer ſonſt
wie ſie daͤchte, wuͤrden ſeine Kaͤlte nicht in ei-
nem falſchen Geſichtspunkte anſehn. Sie haͤt-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/520>, abgerufen am 22.11.2024.
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