Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

der jezigen Lage der Sachen nichts anders thun, als
nur immer die guten, und nicht einmal gesucht zu
seyn scheinenden Gelegenheiten abpassen, wo man
nötige Erinnerungen machen kann, die dann, wenn
es einmal recht Ernst wird, gewiß nicht ohne Wir-
kung seyn werden.

K. den 9 Jun. 70. Graf Dietrichstein schrieb mir
im Dec. des vorigen Jahrs, daß zur ächten Ausfüh-
rung ich, und vielleicht ich allein der Mann wäre;
schrieb aber auch, daß, was die Zeit derselben anbeträ-
fe, wir noch andre Umstände abwarten müsten. Jch
habe bisher noch nicht geantwortet, weil ich nicht
dringend scheinen wolte. Aber wenn ich nicht un-
gewiß wäre, ob Er schon von Berlin zurükgekommen
sey; so würd ich nun antworten. Jch mache mir
jezo Vorwürfe wegen des Aufschubs. Denn nur
immer nicht dringend zu scheinen, damit kann das
Leben hingehn, ohne daß man etwas gethan hat ...
Die Meinung war, daß die Reise schon im damals
bevorstehenden Frühjahre geschehn solte. Mehr
Einladung, und also auch mehr Hofnung, etwas
auszurichten, würde gemacht haben, daß ich so gar
das Unangenehme einer Winterreise nicht würde
geachtet haben.

W. den 19 Jul. 70. Es war mein und Jhrer
andern hiesigen Freunde Gedanken, die Sache wah-
rend Jhrer Anwesenheit ganz anders anzugreifen,
und sie hoffentlich zu Jhrem völligen Vergnügen zu
endigen. Freylich können Sie mehr Einladung ver-
langen ... Der Kaiser selbst ist Jhnen geneigt. Was
begehren Sie denn mehr? Lassen Sie sich das für
dießmal genung Einladung seyn.



Zwölf-

der jezigen Lage der Sachen nichts anders thun, als
nur immer die guten, und nicht einmal geſucht zu
ſeyn ſcheinenden Gelegenheiten abpaſſen, wo man
noͤtige Erinnerungen machen kann, die dann, wenn
es einmal recht Ernſt wird, gewiß nicht ohne Wir-
kung ſeyn werden.

K. den 9 Jun. 70. Graf Dietrichſtein ſchrieb mir
im Dec. des vorigen Jahrs, daß zur aͤchten Ausfuͤh-
rung ich, und vielleicht ich allein der Mann waͤre;
ſchrieb aber auch, daß, was die Zeit derſelben anbetraͤ-
fe, wir noch andre Umſtaͤnde abwarten muͤſten. Jch
habe bisher noch nicht geantwortet, weil ich nicht
dringend ſcheinen wolte. Aber wenn ich nicht un-
gewiß waͤre, ob Er ſchon von Berlin zuruͤkgekommen
ſey; ſo wuͤrd ich nun antworten. Jch mache mir
jezo Vorwuͤrfe wegen des Aufſchubs. Denn nur
immer nicht dringend zu ſcheinen, damit kann das
Leben hingehn, ohne daß man etwas gethan hat …
Die Meinung war, daß die Reiſe ſchon im damals
bevorſtehenden Fruͤhjahre geſchehn ſolte. Mehr
Einladung, und alſo auch mehr Hofnung, etwas
auszurichten, wuͤrde gemacht haben, daß ich ſo gar
das Unangenehme einer Winterreiſe nicht wuͤrde
geachtet haben.

W. den 19 Jul. 70. Es war mein und Jhrer
andern hieſigen Freunde Gedanken, die Sache wah-
rend Jhrer Anweſenheit ganz anders anzugreifen,
und ſie hoffentlich zu Jhrem voͤlligen Vergnuͤgen zu
endigen. Freylich koͤnnen Sie mehr Einladung ver-
langen … Der Kaiſer ſelbſt iſt Jhnen geneigt. Was
begehren Sie denn mehr? Laſſen Sie ſich das fuͤr
dießmal genung Einladung ſeyn.



Zwoͤlf-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0508" n="432"/>
der jezigen Lage der Sachen nichts anders thun, als<lb/>
nur immer die guten, und nicht einmal ge&#x017F;ucht zu<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;cheinenden Gelegenheiten abpa&#x017F;&#x017F;en, wo man<lb/>
no&#x0364;tige Erinnerungen machen kann, die dann, wenn<lb/>
es einmal recht Ern&#x017F;t wird, gewiß nicht ohne Wir-<lb/>
kung &#x017F;eyn werden.</p><lb/>
          <p>K. den 9 Jun. 70. Graf Dietrich&#x017F;tein &#x017F;chrieb mir<lb/>
im Dec. des vorigen Jahrs, daß zur a&#x0364;chten Ausfu&#x0364;h-<lb/>
rung ich, und vielleicht ich allein der Mann wa&#x0364;re;<lb/>
&#x017F;chrieb aber auch, daß, was die Zeit der&#x017F;elben anbetra&#x0364;-<lb/>
fe, wir noch andre Um&#x017F;ta&#x0364;nde abwarten mu&#x0364;&#x017F;ten. Jch<lb/>
habe bisher noch nicht geantwortet, weil ich nicht<lb/>
dringend &#x017F;cheinen wolte. Aber wenn ich nicht un-<lb/>
gewiß wa&#x0364;re, ob Er &#x017F;chon von Berlin zuru&#x0364;kgekommen<lb/>
&#x017F;ey; &#x017F;o wu&#x0364;rd ich nun antworten. Jch mache mir<lb/>
jezo Vorwu&#x0364;rfe wegen des Auf&#x017F;chubs. Denn nur<lb/>
immer nicht dringend zu &#x017F;cheinen, damit kann das<lb/>
Leben hingehn, ohne daß man etwas gethan hat &#x2026;<lb/>
Die Meinung war, daß die Rei&#x017F;e &#x017F;chon im damals<lb/>
bevor&#x017F;tehenden Fru&#x0364;hjahre ge&#x017F;chehn &#x017F;olte. Mehr<lb/>
Einladung, und al&#x017F;o auch mehr Hofnung, etwas<lb/>
auszurichten, wu&#x0364;rde gemacht haben, daß ich &#x017F;o gar<lb/>
das Unangenehme einer Winterrei&#x017F;e nicht wu&#x0364;rde<lb/>
geachtet haben.</p><lb/>
          <p>W. den 19 Jul. 70. Es war mein und Jhrer<lb/>
andern hie&#x017F;igen Freunde Gedanken, die Sache wah-<lb/>
rend Jhrer Anwe&#x017F;enheit ganz anders anzugreifen,<lb/>
und &#x017F;ie hoffentlich zu Jhrem vo&#x0364;lligen Vergnu&#x0364;gen zu<lb/>
endigen. Freylich ko&#x0364;nnen Sie mehr Einladung ver-<lb/>
langen &#x2026; Der Kai&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t Jhnen geneigt. Was<lb/>
begehren Sie denn mehr? La&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ich das fu&#x0364;r<lb/>
dießmal genung Einladung &#x017F;eyn.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Zwo&#x0364;lf-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[432/0508] der jezigen Lage der Sachen nichts anders thun, als nur immer die guten, und nicht einmal geſucht zu ſeyn ſcheinenden Gelegenheiten abpaſſen, wo man noͤtige Erinnerungen machen kann, die dann, wenn es einmal recht Ernſt wird, gewiß nicht ohne Wir- kung ſeyn werden. K. den 9 Jun. 70. Graf Dietrichſtein ſchrieb mir im Dec. des vorigen Jahrs, daß zur aͤchten Ausfuͤh- rung ich, und vielleicht ich allein der Mann waͤre; ſchrieb aber auch, daß, was die Zeit derſelben anbetraͤ- fe, wir noch andre Umſtaͤnde abwarten muͤſten. Jch habe bisher noch nicht geantwortet, weil ich nicht dringend ſcheinen wolte. Aber wenn ich nicht un- gewiß waͤre, ob Er ſchon von Berlin zuruͤkgekommen ſey; ſo wuͤrd ich nun antworten. Jch mache mir jezo Vorwuͤrfe wegen des Aufſchubs. Denn nur immer nicht dringend zu ſcheinen, damit kann das Leben hingehn, ohne daß man etwas gethan hat … Die Meinung war, daß die Reiſe ſchon im damals bevorſtehenden Fruͤhjahre geſchehn ſolte. Mehr Einladung, und alſo auch mehr Hofnung, etwas auszurichten, wuͤrde gemacht haben, daß ich ſo gar das Unangenehme einer Winterreiſe nicht wuͤrde geachtet haben. W. den 19 Jul. 70. Es war mein und Jhrer andern hieſigen Freunde Gedanken, die Sache wah- rend Jhrer Anweſenheit ganz anders anzugreifen, und ſie hoffentlich zu Jhrem voͤlligen Vergnuͤgen zu endigen. Freylich koͤnnen Sie mehr Einladung ver- langen … Der Kaiſer ſelbſt iſt Jhnen geneigt. Was begehren Sie denn mehr? Laſſen Sie ſich das fuͤr dießmal genung Einladung ſeyn. Zwoͤlf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/508
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/508>, abgerufen am 24.11.2024.