Ausländern an, daß sie bey ihrer Heimkunft ihren Freunden vieles von diesem Vorgange würden zu erzählen haben. Die Anzeige (bey welcher der Herold dem unordentlichen Rufen nicht selten Einhalt thun muste) wurde nieder- geschrieben. Nachdem die Blätter dem An- kläger waren übergeben worden; so las er die Geseze ab, nach denen er anklagen wolte. Hierauf kam er, mit einigen Heften von ziem- licher Dicke, zum Vorschein, welche solche Stellen aus den Schriften der Angeklagten enthielten, die diesen dadurch ungemein lästig fielen, daß sie den Gesezen immer schnurstraks entgegen waren. Da er also die Stellen so gut gewählt hatte, daß nichts als Ausflüchte |da- wider konte vorgebracht werden; so hatten die Aldermänner beynah nichts anders zu thun, als die Vertheidigungen abzuweisen. Denn sie pflegen die Plauderhaftigkeit nie lange zu dulden, wodurch man, eben deswegen, weil man nur Ausflüchte macht, bloß Mangel des Verstandes, und ausser dem noch den Stolz zeigt, zu glauben, solcherley gröbliche Sophi- sterey werde nicht, da es doch selbst feine so leicht wird, gleich beym ersten Anblicke ent- dekt. Sie thaten nur selten eine und die an- dre unerwartete Frage an die Angeklagten, wodurch sie diese und jene nicht dunkle Stelle
zu
Auslaͤndern an, daß ſie bey ihrer Heimkunft ihren Freunden vieles von dieſem Vorgange wuͤrden zu erzaͤhlen haben. Die Anzeige (bey welcher der Herold dem unordentlichen Rufen nicht ſelten Einhalt thun muſte) wurde nieder- geſchrieben. Nachdem die Blaͤtter dem An- klaͤger waren uͤbergeben worden; ſo las er die Geſeze ab, nach denen er anklagen wolte. Hierauf kam er, mit einigen Heften von ziem- licher Dicke, zum Vorſchein, welche ſolche Stellen aus den Schriften der Angeklagten enthielten, die dieſen dadurch ungemein laͤſtig fielen, daß ſie den Geſezen immer ſchnurſtraks entgegen waren. Da er alſo die Stellen ſo gut gewaͤhlt hatte, daß nichts als Ausfluͤchte |da- wider konte vorgebracht werden; ſo hatten die Aldermaͤnner beynah nichts anders zu thun, als die Vertheidigungen abzuweiſen. Denn ſie pflegen die Plauderhaftigkeit nie lange zu dulden, wodurch man, eben deswegen, weil man nur Ausfluͤchte macht, bloß Mangel des Verſtandes, und auſſer dem noch den Stolz zeigt, zu glauben, ſolcherley groͤbliche Sophi- ſterey werde nicht, da es doch ſelbſt feine ſo leicht wird, gleich beym erſten Anblicke ent- dekt. Sie thaten nur ſelten eine und die an- dre unerwartete Frage an die Angeklagten, wodurch ſie dieſe und jene nicht dunkle Stelle
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Auslaͤndern an, daß ſie bey ihrer Heimkunft
ihren Freunden vieles von dieſem Vorgange
wuͤrden zu erzaͤhlen haben. Die Anzeige (bey
welcher der Herold dem unordentlichen Rufen
nicht ſelten Einhalt thun muſte) wurde nieder-
geſchrieben. Nachdem die Blaͤtter dem An-
klaͤger waren uͤbergeben worden; ſo las er die
Geſeze ab, nach denen er anklagen wolte.
Hierauf kam er, mit einigen Heften von ziem-
licher Dicke, zum Vorſchein, welche ſolche
Stellen aus den Schriften der Angeklagten
enthielten, die dieſen dadurch ungemein laͤſtig
fielen, daß ſie den Geſezen immer ſchnurſtraks
entgegen waren. Da er alſo die Stellen ſo gut
gewaͤhlt hatte, daß nichts als Ausfluͤchte |da-
wider konte vorgebracht werden; ſo hatten die
Aldermaͤnner beynah nichts anders zu thun,
als die Vertheidigungen abzuweiſen. Denn
ſie pflegen die Plauderhaftigkeit nie lange zu
dulden, wodurch man, eben deswegen, weil
man nur Ausfluͤchte macht, bloß Mangel des
Verſtandes, und auſſer dem noch den Stolz
zeigt, zu glauben, ſolcherley groͤbliche Sophi-
ſterey werde nicht, da es doch ſelbſt feine ſo
leicht wird, gleich beym erſten Anblicke ent-
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wodurch ſie dieſe und jene nicht dunkle Stelle
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/358>, abgerufen am 22.11.2024.
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