Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Ausländern, und so gar unter fremden Leuten
jezo mehr gilt, als er sonst gegolten hat.

Der Mathematiker schien keine Antwort zu
haben. Unterdeß wurde sein Stillschweigen
weniger bemerkt, weil der Rathfrager zur rech-
ten Zeit für ihn gegangen kam, und sich so
an die Aldermänner wendete:

Wir sehen nicht genung, wie wir es machen
sollen, um eure vorgeschlagne Grundsäze in
Ausübung zu bringen; wir bitten euch daher,
euch näher darüber zu erklären.

Die Antwort war:

Du würdest keine nähere Erklärung von
uns verlangen, wenn, für die meisten unter
euch, die Ausführung nicht mit zu vielen
Schwierigkeiten verbunden wäre. Und damit
uns künftig keine Gelindigkeit mehr vorge-
worfen werde, so sezen wir hinzu: Jn Bezie-
hung auf eure grössere Zahl, ist der Republik
wenig daran gelegen, daß ihr euch der Gewalt
der Grossen entzieht, und euch durch mehr
Musse geschikter zu gelehrten Unternehmungen
macht. Wir haben die Grundsäze unserer
Politik nur den Zünften vorgeschlagen. Wir
können dem Volke zwar nicht wehren, sie auch
anzunehmen; aber wir empfehlen sie doch
gleichwol unter euch vorzüglich nur den Jüng-
lingen. Sie sollen sie nämlich oft überdenken,

sie
M 3

Auslaͤndern, und ſo gar unter fremden Leuten
jezo mehr gilt, als er ſonſt gegolten hat.

Der Mathematiker ſchien keine Antwort zu
haben. Unterdeß wurde ſein Stillſchweigen
weniger bemerkt, weil der Rathfrager zur rech-
ten Zeit fuͤr ihn gegangen kam, und ſich ſo
an die Aldermaͤnner wendete:

Wir ſehen nicht genung, wie wir es machen
ſollen, um eure vorgeſchlagne Grundſaͤze in
Ausuͤbung zu bringen; wir bitten euch daher,
euch naͤher daruͤber zu erklaͤren.

Die Antwort war:

Du wuͤrdeſt keine naͤhere Erklaͤrung von
uns verlangen, wenn, fuͤr die meiſten unter
euch, die Ausfuͤhrung nicht mit zu vielen
Schwierigkeiten verbunden waͤre. Und damit
uns kuͤnftig keine Gelindigkeit mehr vorge-
worfen werde, ſo ſezen wir hinzu: Jn Bezie-
hung auf eure groͤſſere Zahl, iſt der Republik
wenig daran gelegen, daß ihr euch der Gewalt
der Groſſen entzieht, und euch durch mehr
Muſſe geſchikter zu gelehrten Unternehmungen
macht. Wir haben die Grundſaͤze unſerer
Politik nur den Zuͤnften vorgeſchlagen. Wir
koͤnnen dem Volke zwar nicht wehren, ſie auch
anzunehmen; aber wir empfehlen ſie doch
gleichwol unter euch vorzuͤglich nur den Juͤng-
lingen. Sie ſollen ſie naͤmlich oft uͤberdenken,

ſie
M 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0257" n="181"/>
Ausla&#x0364;ndern, und &#x017F;o gar unter fremden Leuten<lb/>
jezo mehr gilt, als er &#x017F;on&#x017F;t gegolten hat.</p><lb/>
          <p>Der Mathematiker &#x017F;chien keine Antwort zu<lb/>
haben. Unterdeß wurde &#x017F;ein Still&#x017F;chweigen<lb/>
weniger bemerkt, weil der Rathfrager zur rech-<lb/>
ten Zeit fu&#x0364;r ihn gegangen kam, und &#x017F;ich &#x017F;o<lb/>
an die Alderma&#x0364;nner wendete:</p><lb/>
          <p>Wir &#x017F;ehen nicht genung, wie wir es machen<lb/>
&#x017F;ollen, um eure vorge&#x017F;chlagne Grund&#x017F;a&#x0364;ze in<lb/>
Ausu&#x0364;bung zu bringen; wir bitten euch daher,<lb/>
euch na&#x0364;her daru&#x0364;ber zu erkla&#x0364;ren.</p><lb/>
          <p>Die Antwort war:</p><lb/>
          <p>Du wu&#x0364;rde&#x017F;t keine na&#x0364;here Erkla&#x0364;rung von<lb/>
uns verlangen, wenn, fu&#x0364;r die mei&#x017F;ten unter<lb/>
euch, die Ausfu&#x0364;hrung nicht mit zu vielen<lb/>
Schwierigkeiten verbunden wa&#x0364;re. Und damit<lb/>
uns ku&#x0364;nftig keine Gelindigkeit mehr vorge-<lb/>
worfen werde, &#x017F;o &#x017F;ezen wir hinzu: Jn Bezie-<lb/>
hung auf eure gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Zahl, i&#x017F;t der Republik<lb/>
wenig daran gelegen, daß ihr euch der Gewalt<lb/>
der Gro&#x017F;&#x017F;en entzieht, und euch durch mehr<lb/>
Mu&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;chikter zu gelehrten Unternehmungen<lb/>
macht. Wir haben die Grund&#x017F;a&#x0364;ze un&#x017F;erer<lb/>
Politik nur den Zu&#x0364;nften vorge&#x017F;chlagen. Wir<lb/>
ko&#x0364;nnen dem Volke zwar nicht wehren, &#x017F;ie auch<lb/>
anzunehmen; aber wir empfehlen &#x017F;ie doch<lb/>
gleichwol unter euch vorzu&#x0364;glich nur den Ju&#x0364;ng-<lb/>
lingen. Sie &#x017F;ollen &#x017F;ie na&#x0364;mlich oft u&#x0364;berdenken,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0257] Auslaͤndern, und ſo gar unter fremden Leuten jezo mehr gilt, als er ſonſt gegolten hat. Der Mathematiker ſchien keine Antwort zu haben. Unterdeß wurde ſein Stillſchweigen weniger bemerkt, weil der Rathfrager zur rech- ten Zeit fuͤr ihn gegangen kam, und ſich ſo an die Aldermaͤnner wendete: Wir ſehen nicht genung, wie wir es machen ſollen, um eure vorgeſchlagne Grundſaͤze in Ausuͤbung zu bringen; wir bitten euch daher, euch naͤher daruͤber zu erklaͤren. Die Antwort war: Du wuͤrdeſt keine naͤhere Erklaͤrung von uns verlangen, wenn, fuͤr die meiſten unter euch, die Ausfuͤhrung nicht mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden waͤre. Und damit uns kuͤnftig keine Gelindigkeit mehr vorge- worfen werde, ſo ſezen wir hinzu: Jn Bezie- hung auf eure groͤſſere Zahl, iſt der Republik wenig daran gelegen, daß ihr euch der Gewalt der Groſſen entzieht, und euch durch mehr Muſſe geſchikter zu gelehrten Unternehmungen macht. Wir haben die Grundſaͤze unſerer Politik nur den Zuͤnften vorgeſchlagen. Wir koͤnnen dem Volke zwar nicht wehren, ſie auch anzunehmen; aber wir empfehlen ſie doch gleichwol unter euch vorzuͤglich nur den Juͤng- lingen. Sie ſollen ſie naͤmlich oft uͤberdenken, ſie M 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/257
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/257>, abgerufen am 08.05.2024.