Von der Art, wie die Länder jezt beherscht würden, wahr und frey, aber zugleich mit ei- ner solchen Mässigung zu schreiben, daß diese nicht nur etwa gegen Verfolgungen in Sicher- heit stelte; sondern auch die freye Wahrheit desto gewisser zu ihrem Zwecke führte, je ge- wisser zwar manchmal offenherzige, allein noch öfter ausschweifende und lügenhafte Kühnheit, wie sie zum Exempel über dem Meere so sehr gänge und gebe wäre, diesen Zwek verfehlte.
Der dritte Grundsaz war:
Sich durch tiefe Untersuchung der Geschich- te, und durch meisterhafte Vorstellung des ge- fundnen Wahren, den Grossen, welche die Ehre liebten, furchtbar zu machen.
Wir Deutschen, schloß er, haben hier noch ein grosses ungebautes Feld vor uns. Denn seht nur hin, wie klein in der Zunft unsrer Ge- schichtschreiber die Anzahl derer ist, welche den grossen Namen, Geschichtschreiber zu heissen, völlig verdienen.
Diejenigen Grundsäze der Politik, die sich auf das Betragen unsrer Mitbürger gegen die übrigen Altfranken, und die Ausländer bezie- hen, behalten wir uns vor, zu einer andern Zeit vorzutragen; auch behalten wir es uns für das Künftige vor, uns mit euch zu berath-
schla-
M 2
Der zweite Grundſaz war:
Von der Art, wie die Laͤnder jezt beherſcht wuͤrden, wahr und frey, aber zugleich mit ei- ner ſolchen Maͤſſigung zu ſchreiben, daß dieſe nicht nur etwa gegen Verfolgungen in Sicher- heit ſtelte; ſondern auch die freye Wahrheit deſto gewiſſer zu ihrem Zwecke fuͤhrte, je ge- wiſſer zwar manchmal offenherzige, allein noch oͤfter ausſchweifende und luͤgenhafte Kuͤhnheit, wie ſie zum Exempel uͤber dem Meere ſo ſehr gaͤnge und gebe waͤre, dieſen Zwek verfehlte.
Der dritte Grundſaz war:
Sich durch tiefe Unterſuchung der Geſchich- te, und durch meiſterhafte Vorſtellung des ge- fundnen Wahren, den Groſſen, welche die Ehre liebten, furchtbar zu machen.
Wir Deutſchen, ſchloß er, haben hier noch ein groſſes ungebautes Feld vor uns. Denn ſeht nur hin, wie klein in der Zunft unſrer Ge- ſchichtſchreiber die Anzahl derer iſt, welche den groſſen Namen, Geſchichtſchreiber zu heiſſen, voͤllig verdienen.
Diejenigen Grundſaͤze der Politik, die ſich auf das Betragen unſrer Mitbuͤrger gegen die uͤbrigen Altfranken, und die Auslaͤnder bezie- hen, behalten wir uns vor, zu einer andern Zeit vorzutragen; auch behalten wir es uns fuͤr das Kuͤnftige vor, uns mit euch zu berath-
ſchla-
M 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0255"n="179"/><p>Der zweite Grundſaz war:</p><lb/><p>Von der Art, wie die Laͤnder jezt beherſcht<lb/>
wuͤrden, wahr und frey, aber zugleich mit ei-<lb/>
ner ſolchen Maͤſſigung zu ſchreiben, daß dieſe<lb/>
nicht nur etwa gegen Verfolgungen in Sicher-<lb/>
heit ſtelte; ſondern auch die freye Wahrheit<lb/>
deſto gewiſſer zu ihrem Zwecke fuͤhrte, je ge-<lb/>
wiſſer zwar manchmal offenherzige, allein noch<lb/>
oͤfter ausſchweifende und luͤgenhafte Kuͤhnheit,<lb/>
wie ſie zum Exempel uͤber dem Meere ſo ſehr<lb/>
gaͤnge und gebe waͤre, dieſen Zwek verfehlte.</p><lb/><p>Der dritte Grundſaz war:</p><lb/><p>Sich durch tiefe Unterſuchung der Geſchich-<lb/>
te, und durch meiſterhafte Vorſtellung des ge-<lb/>
fundnen Wahren, den Groſſen, welche die<lb/>
Ehre liebten, furchtbar zu machen.</p><lb/><p>Wir Deutſchen, ſchloß er, haben hier noch<lb/>
ein groſſes ungebautes Feld vor uns. Denn<lb/>ſeht nur hin, wie klein in der Zunft unſrer Ge-<lb/>ſchichtſchreiber die Anzahl derer iſt, welche den<lb/>
groſſen Namen, Geſchichtſchreiber zu heiſſen,<lb/>
voͤllig verdienen.</p><lb/><p>Diejenigen Grundſaͤze der Politik, die ſich<lb/>
auf das Betragen unſrer Mitbuͤrger gegen die<lb/>
uͤbrigen Altfranken, und die Auslaͤnder bezie-<lb/>
hen, behalten wir uns vor, zu einer andern<lb/>
Zeit vorzutragen; auch behalten wir es uns<lb/>
fuͤr das Kuͤnftige vor, uns mit euch zu berath-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſchla-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[179/0255]
Der zweite Grundſaz war:
Von der Art, wie die Laͤnder jezt beherſcht
wuͤrden, wahr und frey, aber zugleich mit ei-
ner ſolchen Maͤſſigung zu ſchreiben, daß dieſe
nicht nur etwa gegen Verfolgungen in Sicher-
heit ſtelte; ſondern auch die freye Wahrheit
deſto gewiſſer zu ihrem Zwecke fuͤhrte, je ge-
wiſſer zwar manchmal offenherzige, allein noch
oͤfter ausſchweifende und luͤgenhafte Kuͤhnheit,
wie ſie zum Exempel uͤber dem Meere ſo ſehr
gaͤnge und gebe waͤre, dieſen Zwek verfehlte.
Der dritte Grundſaz war:
Sich durch tiefe Unterſuchung der Geſchich-
te, und durch meiſterhafte Vorſtellung des ge-
fundnen Wahren, den Groſſen, welche die
Ehre liebten, furchtbar zu machen.
Wir Deutſchen, ſchloß er, haben hier noch
ein groſſes ungebautes Feld vor uns. Denn
ſeht nur hin, wie klein in der Zunft unſrer Ge-
ſchichtſchreiber die Anzahl derer iſt, welche den
groſſen Namen, Geſchichtſchreiber zu heiſſen,
voͤllig verdienen.
Diejenigen Grundſaͤze der Politik, die ſich
auf das Betragen unſrer Mitbuͤrger gegen die
uͤbrigen Altfranken, und die Auslaͤnder bezie-
hen, behalten wir uns vor, zu einer andern
Zeit vorzutragen; auch behalten wir es uns
fuͤr das Kuͤnftige vor, uns mit euch zu berath-
ſchla-
M 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/255>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.