Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir wissen so gut, begann er von neuem, als
es irgend jemand wissen kann, daß man dadurch,
was wir zu sagen haben, nur kleine Schritte
thut. Aber der ist sehr von der Reife eines
weisen Mannes entfernt, dem es noch unbe-
kant ist, daß auch kleine Schritte von Bedeu-
tung sind, wenn sie zu grossen Zielen führen.

Der erste Grundsaz, den er anführte,
war:

Sich der Gewalt der Grossen, sie möchten
Altfranken seyn, oder als herschsüchtige Kenner
(denn dieß wären sie gewönlich) der Republik
angehören, dadurch zu entziehen, daß man
theils durch sie so selten Aemter suchte, als es
nur immer möglich wäre; denn etliche dersel-
ben hingen ja nicht von den Grossen ab, und
etliche wären von einer Beschaffenheit, daß
sie dem Verdienste wohl werden müsten: und
daß man theils, wenn man ja anzusuchen ge-
zwungen wäre, zu strenger Mässigkeit ent-
schlossen, es oft nur um solche Aemter thäte,
die gewönlich Ungelehrte bekämen, und deren
Erlangung also nicht hoch angerechnet werden
könte. Ausser der grössern Unabhängigkeit,
würde die Verwaltung solcher Aemter auch
den Nuzen haben, daß man dabey mehr Musse
zu gelehrten Unternehmungen übrig behielte.

Der

Wir wiſſen ſo gut, begann er von neuem, als
es irgend jemand wiſſen kann, daß man dadurch,
was wir zu ſagen haben, nur kleine Schritte
thut. Aber der iſt ſehr von der Reife eines
weiſen Mannes entfernt, dem es noch unbe-
kant iſt, daß auch kleine Schritte von Bedeu-
tung ſind, wenn ſie zu groſſen Zielen fuͤhren.

Der erſte Grundſaz, den er anfuͤhrte,
war:

Sich der Gewalt der Groſſen, ſie moͤchten
Altfranken ſeyn, oder als herſchſuͤchtige Kenner
(denn dieß waͤren ſie gewoͤnlich) der Republik
angehoͤren, dadurch zu entziehen, daß man
theils durch ſie ſo ſelten Aemter ſuchte, als es
nur immer moͤglich waͤre; denn etliche derſel-
ben hingen ja nicht von den Groſſen ab, und
etliche waͤren von einer Beſchaffenheit, daß
ſie dem Verdienſte wohl werden muͤſten: und
daß man theils, wenn man ja anzuſuchen ge-
zwungen waͤre, zu ſtrenger Maͤſſigkeit ent-
ſchloſſen, es oft nur um ſolche Aemter thaͤte,
die gewoͤnlich Ungelehrte bekaͤmen, und deren
Erlangung alſo nicht hoch angerechnet werden
koͤnte. Auſſer der groͤſſern Unabhaͤngigkeit,
wuͤrde die Verwaltung ſolcher Aemter auch
den Nuzen haben, daß man dabey mehr Muſſe
zu gelehrten Unternehmungen uͤbrig behielte.

Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0254" n="178"/>
          <p>Wir wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;o gut, begann er von neuem, als<lb/>
es irgend jemand wi&#x017F;&#x017F;en kann, daß man dadurch,<lb/>
was wir zu &#x017F;agen haben, nur kleine Schritte<lb/>
thut. Aber der i&#x017F;t &#x017F;ehr von der Reife eines<lb/>
wei&#x017F;en Mannes entfernt, dem es noch unbe-<lb/>
kant i&#x017F;t, daß auch kleine Schritte von Bedeu-<lb/>
tung &#x017F;ind, wenn &#x017F;ie zu gro&#x017F;&#x017F;en Zielen fu&#x0364;hren.</p><lb/>
          <p>Der er&#x017F;te Grund&#x017F;az, den er anfu&#x0364;hrte,<lb/>
war:</p><lb/>
          <p>Sich der Gewalt der Gro&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ie mo&#x0364;chten<lb/>
Altfranken &#x017F;eyn, oder als her&#x017F;ch&#x017F;u&#x0364;chtige Kenner<lb/>
(denn dieß wa&#x0364;ren &#x017F;ie gewo&#x0364;nlich) der Republik<lb/>
angeho&#x0364;ren, dadurch zu entziehen, daß man<lb/>
theils durch &#x017F;ie &#x017F;o &#x017F;elten Aemter &#x017F;uchte, als es<lb/>
nur immer mo&#x0364;glich wa&#x0364;re; denn etliche der&#x017F;el-<lb/>
ben hingen ja nicht von den Gro&#x017F;&#x017F;en ab, und<lb/>
etliche wa&#x0364;ren von einer Be&#x017F;chaffenheit, daß<lb/>
&#x017F;ie dem Verdien&#x017F;te wohl werden mu&#x0364;&#x017F;ten: und<lb/>
daß man theils, wenn man ja anzu&#x017F;uchen ge-<lb/>
zwungen wa&#x0364;re, zu &#x017F;trenger Ma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit ent-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, es oft nur um &#x017F;olche Aemter tha&#x0364;te,<lb/>
die gewo&#x0364;nlich Ungelehrte beka&#x0364;men, und deren<lb/>
Erlangung al&#x017F;o nicht hoch angerechnet werden<lb/>
ko&#x0364;nte. Au&#x017F;&#x017F;er der gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern <hi rendition="#fr">Unabha&#x0364;ngigkeit,</hi><lb/>
wu&#x0364;rde die Verwaltung &#x017F;olcher Aemter auch<lb/>
den Nuzen haben, daß man dabey mehr <hi rendition="#fr">Mu&#x017F;&#x017F;e</hi><lb/>
zu gelehrten Unternehmungen u&#x0364;brig behielte.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0254] Wir wiſſen ſo gut, begann er von neuem, als es irgend jemand wiſſen kann, daß man dadurch, was wir zu ſagen haben, nur kleine Schritte thut. Aber der iſt ſehr von der Reife eines weiſen Mannes entfernt, dem es noch unbe- kant iſt, daß auch kleine Schritte von Bedeu- tung ſind, wenn ſie zu groſſen Zielen fuͤhren. Der erſte Grundſaz, den er anfuͤhrte, war: Sich der Gewalt der Groſſen, ſie moͤchten Altfranken ſeyn, oder als herſchſuͤchtige Kenner (denn dieß waͤren ſie gewoͤnlich) der Republik angehoͤren, dadurch zu entziehen, daß man theils durch ſie ſo ſelten Aemter ſuchte, als es nur immer moͤglich waͤre; denn etliche derſel- ben hingen ja nicht von den Groſſen ab, und etliche waͤren von einer Beſchaffenheit, daß ſie dem Verdienſte wohl werden muͤſten: und daß man theils, wenn man ja anzuſuchen ge- zwungen waͤre, zu ſtrenger Maͤſſigkeit ent- ſchloſſen, es oft nur um ſolche Aemter thaͤte, die gewoͤnlich Ungelehrte bekaͤmen, und deren Erlangung alſo nicht hoch angerechnet werden koͤnte. Auſſer der groͤſſern Unabhaͤngigkeit, wuͤrde die Verwaltung ſolcher Aemter auch den Nuzen haben, daß man dabey mehr Muſſe zu gelehrten Unternehmungen uͤbrig behielte. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/254
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/254>, abgerufen am 22.11.2024.