Woraus denn folget, daß Kriddeler auch Richter, Kriddelije auch Gericht, und kriddsk auch richterlich heisse. (Jch bemenge mich hiebey gar nicht damit, zu erörtern, wie Un- recht die Kritiker darinn haben, daß sie sich dünken lassen, Richter zu seyn; es komt mir einzig und allein auf die rechte Auslegung der Wörter an, durch deren Hülfe und Beystand sie sich, welcher Abkunft die Wörter auch seyn mögen, griechischer oder deutscher, das an- massen, was sie nicht haben.) Jch hätte also in dieser dunkeln Sache ein solches Licht aufgestekt, daß die Hauptbedeutung des Wortes kriddsk wieder hergestelt wäre. Aber, auf daß man mir nicht Unrecht thue, so muß ich sagen: Jch verlange der Wiederherstellung halben gleichwol nicht, daß man das griechi- sche Wort kritisch verwerfe, und das alte, nur noch im Niederdeutschen übliche auf- nehme. Denn fürs erste muß man zu wich- tigen Dingen nicht ohne die gröste Noth übel- klingende Wörter brauchen; und kriddsk klingt denn doch gewiß übel genung: fürs zweyte muß man sich hüten, Wörter aus den gemeinen Landessprachen ins Deutsche aufzu- nehmen. Sonst hätte freylich die Sache, wenn man sie nach der andern Seite herum- dreht, auch ihre Vortheile. Kunstrichterey,
wel-
Woraus denn folget, daß Kriddeler auch Richter, Kriddelije auch Gericht, und kriddſk auch richterlich heiſſe. (Jch bemenge mich hiebey gar nicht damit, zu eroͤrtern, wie Un- recht die Kritiker darinn haben, daß ſie ſich duͤnken laſſen, Richter zu ſeyn; es komt mir einzig und allein auf die rechte Auslegung der Woͤrter an, durch deren Huͤlfe und Beyſtand ſie ſich, welcher Abkunft die Woͤrter auch ſeyn moͤgen, griechiſcher oder deutſcher, das an- maſſen, was ſie nicht haben.) Jch haͤtte alſo in dieſer dunkeln Sache ein ſolches Licht aufgeſtekt, daß die Hauptbedeutung des Wortes kriddſk wieder hergeſtelt waͤre. Aber, auf daß man mir nicht Unrecht thue, ſo muß ich ſagen: Jch verlange der Wiederherſtellung halben gleichwol nicht, daß man das griechi- ſche Wort kritiſch verwerfe, und das alte, nur noch im Niederdeutſchen uͤbliche auf- nehme. Denn fuͤrs erſte muß man zu wich- tigen Dingen nicht ohne die groͤſte Noth uͤbel- klingende Woͤrter brauchen; und kriddſk klingt denn doch gewiß uͤbel genung: fuͤrs zweyte muß man ſich huͤten, Woͤrter aus den gemeinen Landesſprachen ins Deutſche aufzu- nehmen. Sonſt haͤtte freylich die Sache, wenn man ſie nach der andern Seite herum- dreht, auch ihre Vortheile. Kunſtrichterey,
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Woraus denn folget, daß Kriddeler auch
Richter, Kriddelije auch Gericht, und kriddſk
auch richterlich heiſſe. (Jch bemenge mich
hiebey gar nicht damit, zu eroͤrtern, wie Un-
recht die Kritiker darinn haben, daß ſie ſich
duͤnken laſſen, Richter zu ſeyn; es komt mir
einzig und allein auf die rechte Auslegung der
Woͤrter an, durch deren Huͤlfe und Beyſtand
ſie ſich, welcher Abkunft die Woͤrter auch ſeyn
moͤgen, griechiſcher oder deutſcher, das an-
maſſen, was ſie nicht haben.) Jch haͤtte
alſo in dieſer dunkeln Sache ein ſolches Licht
aufgeſtekt, daß die Hauptbedeutung des
Wortes kriddſk wieder hergeſtelt waͤre. Aber,
auf daß man mir nicht Unrecht thue, ſo muß
ich ſagen: Jch verlange der Wiederherſtellung
halben gleichwol nicht, daß man das griechi-
ſche Wort kritiſch verwerfe, und das alte,
nur noch im Niederdeutſchen uͤbliche auf-
nehme. Denn fuͤrs erſte muß man zu wich-
tigen Dingen nicht ohne die groͤſte Noth uͤbel-
klingende Woͤrter brauchen; und kriddſk
klingt denn doch gewiß uͤbel genung: fuͤrs
zweyte muß man ſich huͤten, Woͤrter aus den
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wenn man ſie nach der andern Seite herum-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/222>, abgerufen am 24.11.2024.
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