Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch.
Weil er die Schalen dem Könige von Aracan ger-
ne gönnen wolte/ wenn er nur den Kern genossen
hätte. Ob nun zwar solches iedermann höchst-ver-
wunderlich vorkam/ so durffte sich doch niemand
erkühnen/ nach der Ursache zu fragen: sondern des
Printzen Befehl/ ich will/ erfoderte einen gleich-
lautenden Gegen-Hall: Jch will.

Die Princeßin von Savady hatte das Zeichen
weisser Treue kaum fliegen gesehen/ so wurde sie
mit innigsten Freuden dermassen überschüttet/ daß
sie an den ungewissen Ausschlag/ des verzweiffelten
unterfangens/ nicht zu gedencke vermochte. Dem-
nach forderte sie drey Soldaten von ihrer Wache
zu sich ins Zimmer/ und redete sie dergestalt an:
Tapffere Männer! Jch glaube/ daß eure Groß-
muth auch iederzeit mit einem billigen Mitleiden
gegen ein unglückseliges Frauenzimmer wird
vergesellschafftet seyn. Mit einem Frauenzim-
mer/ welches den Tod suchet/ und ihr in meiner
Person vor euch sehet. Wann mir denn die
Tyranney des Käysers auch zu sterben verweigert/
so ist mir das Leben um so viel mehr verhaßt/ und
wünsche ich nichts mehr/ als eure Glückseligkeit/
die ihr gnugsame Gelegenheit habet/ solches mit
einem rühmlichen Tode zu verwechseln. Schen-
cket mir demnach ein Theil solcher Glückseligkeit!
Erbarmet euch über mich/ und nehmet mich künf-
tige Nacht bey gesetzten Ausfall in eure Gesell-
schafft/ so soll dieses alles/ was ihr hier an Kostbar-
keiten schauet/ als eine verdiente Erbschaft vor euer
Mitleiden/ euch anheim fallen.

Ob

Drittes Buch.
Weil er die Schalen dem Koͤnige von Aracan ger-
ne goͤnnen wolte/ wenn er nur den Kern genoſſen
haͤtte. Ob nun zwar ſolches iedermann hoͤchſt-ver-
wunderlich vorkam/ ſo durffte ſich doch niemand
erkuͤhnen/ nach der Urſache zu fragen: ſondern des
Printzen Befehl/ ich will/ erfoderte einen gleich-
lautenden Gegen-Hall: Jch will.

Die Princeßin von Savady hatte das Zeichen
weiſſer Treue kaum fliegen geſehen/ ſo wurde ſie
mit innigſten Freuden dermaſſen uͤbeꝛſchuͤttet/ daß
ſie an den ungewiſſen Ausſchlag/ des verzweiffeltẽ
unterfangens/ nicht zu gedencke vermochte. Dem-
nach forderte ſie drey Soldaten von ihrer Wache
zu ſich ins Zimmer/ und redete ſie dergeſtalt an:
Tapffere Maͤnner! Jch glaube/ daß eure Groß-
muth auch iederzeit mit einem billigen Mitleiden
gegen ein ungluͤckſeliges Frauenzimmer wird
vergeſellſchafftet ſeyn. Mit einem Frauenzim-
mer/ welches den Tod ſuchet/ und ihr in meiner
Perſon vor euch ſehet. Wann mir denn die
Tyrañey des Kaͤyſers auch zu ſterben verweigert/
ſo iſt mir das Leben um ſo viel mehr verhaßt/ und
wuͤnſche ich nichts mehr/ als eure Gluͤckſeligkeit/
die ihr gnugſame Gelegenheit habet/ ſolches mit
einem ruͤhmlichen Tode zu verwechſeln. Schen-
cket mir demnach ein Theil ſolcher Gluͤckſeligkeit!
Erbarmet euch uͤber mich/ und nehmet mich kuͤnf-
tige Nacht bey geſetzten Ausfall in eure Geſell-
ſchafft/ ſo ſoll dieſes alles/ was ihr hier an Koſtbar-
keiten ſchauet/ als eine verdiente Erbſchaft vor euer
Mitleiden/ euch anheim fallen.

Ob
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0673" n="653"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi></fw><lb/>
Weil er die Schalen dem Ko&#x0364;nige von Aracan ger-<lb/>
ne go&#x0364;nnen wolte/ wenn er nur den Kern geno&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ha&#x0364;tte. Ob nun zwar &#x017F;olches iedermann ho&#x0364;ch&#x017F;t-ver-<lb/>
wunderlich vorkam/ &#x017F;o durffte &#x017F;ich doch niemand<lb/>
erku&#x0364;hnen/ nach der Ur&#x017F;ache zu fragen: &#x017F;ondern des<lb/>
Printzen Befehl/ ich will/ erfoderte einen gleich-<lb/>
lautenden Gegen-Hall: Jch will.</p><lb/>
        <p>Die Princeßin von Savady hatte das Zeichen<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;er Treue kaum fliegen ge&#x017F;ehen/ &#x017F;o wurde &#x017F;ie<lb/>
mit innig&#x017F;ten Freuden derma&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;be&#xA75B;&#x017F;chu&#x0364;ttet/ daß<lb/>
&#x017F;ie an den ungewi&#x017F;&#x017F;en Aus&#x017F;chlag/ des verzweiffelt&#x1EBD;<lb/>
unterfangens/ nicht zu gedencke vermochte. Dem-<lb/>
nach forderte &#x017F;ie drey Soldaten von ihrer Wache<lb/>
zu &#x017F;ich ins Zimmer/ und redete &#x017F;ie derge&#x017F;talt an:<lb/>
Tapffere Ma&#x0364;nner! Jch glaube/ daß eure Groß-<lb/>
muth auch iederzeit mit einem billigen Mitleiden<lb/>
gegen ein unglu&#x0364;ck&#x017F;eliges Frauenzimmer wird<lb/>
verge&#x017F;ell&#x017F;chafftet &#x017F;eyn. Mit einem Frauenzim-<lb/>
mer/ welches den Tod &#x017F;uchet/ und ihr in meiner<lb/>
Per&#x017F;on vor euch &#x017F;ehet. Wann mir denn die<lb/>
Tyrañey des Ka&#x0364;y&#x017F;ers auch zu &#x017F;terben verweigert/<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t mir das Leben um &#x017F;o viel mehr verhaßt/ und<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;che ich nichts mehr/ als eure Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit/<lb/>
die ihr gnug&#x017F;ame Gelegenheit habet/ &#x017F;olches mit<lb/>
einem ru&#x0364;hmlichen Tode zu verwech&#x017F;eln. Schen-<lb/>
cket mir demnach ein Theil &#x017F;olcher Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit!<lb/>
Erbarmet euch u&#x0364;ber mich/ und nehmet mich ku&#x0364;nf-<lb/>
tige Nacht bey ge&#x017F;etzten Ausfall in eure Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chafft/ &#x017F;o &#x017F;oll die&#x017F;es alles/ was ihr hier an Ko&#x017F;tbar-<lb/>
keiten &#x017F;chauet/ als eine verdiente Erb&#x017F;chaft vor euer<lb/>
Mitleiden/ euch anheim fallen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Ob</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[653/0673] Drittes Buch. Weil er die Schalen dem Koͤnige von Aracan ger- ne goͤnnen wolte/ wenn er nur den Kern genoſſen haͤtte. Ob nun zwar ſolches iedermann hoͤchſt-ver- wunderlich vorkam/ ſo durffte ſich doch niemand erkuͤhnen/ nach der Urſache zu fragen: ſondern des Printzen Befehl/ ich will/ erfoderte einen gleich- lautenden Gegen-Hall: Jch will. Die Princeßin von Savady hatte das Zeichen weiſſer Treue kaum fliegen geſehen/ ſo wurde ſie mit innigſten Freuden dermaſſen uͤbeꝛſchuͤttet/ daß ſie an den ungewiſſen Ausſchlag/ des verzweiffeltẽ unterfangens/ nicht zu gedencke vermochte. Dem- nach forderte ſie drey Soldaten von ihrer Wache zu ſich ins Zimmer/ und redete ſie dergeſtalt an: Tapffere Maͤnner! Jch glaube/ daß eure Groß- muth auch iederzeit mit einem billigen Mitleiden gegen ein ungluͤckſeliges Frauenzimmer wird vergeſellſchafftet ſeyn. Mit einem Frauenzim- mer/ welches den Tod ſuchet/ und ihr in meiner Perſon vor euch ſehet. Wann mir denn die Tyrañey des Kaͤyſers auch zu ſterben verweigert/ ſo iſt mir das Leben um ſo viel mehr verhaßt/ und wuͤnſche ich nichts mehr/ als eure Gluͤckſeligkeit/ die ihr gnugſame Gelegenheit habet/ ſolches mit einem ruͤhmlichen Tode zu verwechſeln. Schen- cket mir demnach ein Theil ſolcher Gluͤckſeligkeit! Erbarmet euch uͤber mich/ und nehmet mich kuͤnf- tige Nacht bey geſetzten Ausfall in eure Geſell- ſchafft/ ſo ſoll dieſes alles/ was ihr hier an Koſtbar- keiten ſchauet/ als eine verdiente Erbſchaft vor euer Mitleiden/ euch anheim fallen. Ob

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/673
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 653. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/673>, abgerufen am 25.11.2024.