Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Drittes Buch. Geläute auffgehöret/ stiegen zwey Talegreposvon hohem Ansehen/ und in ihrem Gesetze wohl- erfahrne Männer/ auff zween/ mit Türckischen Teppichen köstlich-bekleidete Stühle/ und erklär- ten von denselben dem Volcke/ was diese Gebräu- che vor heimliche Deutungen bey sich führeten: Zugleich thäten sie einen weitläufftigen Bericht/ von dem unglücklichen Tode des alten/ und Er- wehlung des neuen Rolims/ dessen Tugenden und Eigenschafften sie vortrefflich zu rühmen wusten. Da nun die vorige grosse Glocke abermal angezo- gen ward/ stiegen sie herunter/ stiessen ihre Stüle um/ und verbrannten sie. Nachdem alles wieder stille worden/ sahe man den
Drittes Buch. Gelaͤute auffgehoͤret/ ſtiegen zwey Talegreposvon hohem Anſehen/ und in ihrem Geſetze wohl- erfahrne Maͤnner/ auff zween/ mit Tuͤrckiſchen Teppichen koͤſtlich-bekleidete Stuͤhle/ und erklaͤr- ten von denſelben dem Volcke/ was dieſe Gebraͤu- che vor heimliche Deutungen bey ſich fuͤhreten: Zugleich thaͤten ſie einen weitlaͤufftigen Bericht/ von dem ungluͤcklichen Tode des alten/ und Er- wehlung des neuen Rolims/ deſſen Tugenden und Eigenſchafften ſie vortrefflich zu ruͤhmen wuſten. Da nun die vorige groſſe Glocke abermal angezo- gen ward/ ſtiegen ſie herunter/ ſtieſſen ihre Stuͤle um/ und verbrannten ſie. Nachdem alles wieder ſtille worden/ ſahe man den
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Drittes Buch.
Gelaͤute auffgehoͤret/ ſtiegen zwey Talegrepos
von hohem Anſehen/ und in ihrem Geſetze wohl-
erfahrne Maͤnner/ auff zween/ mit Tuͤrckiſchen
Teppichen koͤſtlich-bekleidete Stuͤhle/ und erklaͤr-
ten von denſelben dem Volcke/ was dieſe Gebraͤu-
che vor heimliche Deutungen bey ſich fuͤhreten:
Zugleich thaͤten ſie einen weitlaͤufftigen Bericht/
von dem ungluͤcklichen Tode des alten/ und Er-
wehlung des neuen Rolims/ deſſen Tugenden und
Eigenſchafften ſie vortrefflich zu ruͤhmen wuſten.
Da nun die vorige groſſe Glocke abermal angezo-
gen ward/ ſtiegen ſie herunter/ ſtieſſen ihre Stuͤle
um/ und verbrannten ſie.
Nachdem alles wieder ſtille worden/ ſahe man
aus der nechſten Kirche einen groſſen Umbgang
von lauter kleinen Kindern/ ſo alle zum Beweiß
ihrer Unſchuld/ in weiſſen Dafft gekleidet waren/
hervor kommen/ welche viel Kleinodien umb den
Halß/ guͤldene Ketten an den Fuͤſſen/ vergoldete
Wachs-Kertzen in den Haͤnden/ und mit Gold
und Edelgeſteinen reichlich beſetzte Huͤte auff ih-
ren Haͤuptern trugen. Mitten innen ſahe man
einen Kaſten/ mit einem guͤldenen Stuͤcke bede-
cket/ und rings um her mit viel guͤldnen Raͤuch-
faͤſſern behangen/ welche einen lieblichen Geruch
von ſich ſtreueten. Dieſer Kaſten wurde von
zwoͤlff Kinder getragen/ die andern Kinder aber
ſpieleten auff allerhand Seitenſpielen/ und baten
GOtt/ daß er doch dieſen Verſtorbenen zu einem
neuen Leben aufferwecken wolle. Als ſie nun an
den
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