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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
Mutter Liebe versichert seyn/ wenn sie nicht das-
selbe bißweilen küssen wolte? Die Princeßin fand
sich hierdurch nicht wenig beleidiget/ iedoch ver-
barg sie noch ihr Mißvergnügen/ und sagte nur
dieses zu ihm: Haltet eure Lust im Zaum/ und
verstattet eurer Begierde doch nicht so den Zügel/
indem ihr wissen sollet/ daß ich vereit so gut als
vermählet bin. Das ist gantz unschädlich/ verrieth
er seine unzüchtige Gedancken ferner/ denn es kön-
nen viel Schwane in einem Flusse baden/ da doch
dessen Fluth im wenigsten gemindert wird. Be-
zäumet eure Lippen/ redete ihm die princeßin mit
etwas härterer Stimme em/ und gebet euch nicht
so gar bloß. Mich wundert/ daß ihr euch durch
thörichte Brunst auff solche tolle Reden verleiten
lasset. Heisset dieses toll/ versetzte Zarang/ was
uns die Natur befiehlet? Die Natur/ erwiederte
Banise/ wil nicht/ daß man die Ehe zerrütten soll.
Die Ehe bleibet unzertrennet/ war Zarangs Ein-
wenden/ ob man gleich andere liebet. Wehe dem/
antwortete Banise/ welcher durch solche Liebe
Aergerniß verursachet. Ey/ die Liebe ist vielerley/
wolte sich Zarang rechtfertigen/ man muß in den
Gräntzen bleiben. Ja/ erwiederte Banise/ wer
auff die Gräntzen kömmt/ der will sich auch ins
Land wagen. Dieser Einwurff thut mir nichts/
fieng endlich Zarang an/ gnug/ daß ich sie lieben/
und dasjenige mit Gewalt nehmen muß/ was sie
mir so lange vorenthalten hat. Mit welchen Wor-
ten er mehr als halb verzweiffelt nach einem Kusse

schnap-

Der Aſiatiſchen Baniſe.
Mutter Liebe verſichert ſeyn/ wenn ſie nicht daſ-
ſelbe bißweilen kuͤſſen wolte? Die Princeßin fand
ſich hierdurch nicht wenig beleidiget/ iedoch ver-
barg ſie noch ihr Mißvergnuͤgen/ und ſagte nur
dieſes zu ihm: Haltet eure Luſt im Zaum/ und
verſtattet eurer Begierde doch nicht ſo den Zuͤgel/
indem ihr wiſſen ſollet/ daß ich vereit ſo gut als
vermaͤhlet bin. Das iſt gantz unſchaͤdlich/ verrieth
er ſeine unzuͤchtige Gedancken ferner/ denn es koͤn-
nen viel Schwane in einem Fluſſe baden/ da doch
deſſen Fluth im wenigſten gemindert wird. Be-
zaͤumet eure Lippen/ redete ihm die princeßin mit
etwas haͤrterer Stimme em/ und gebet euch nicht
ſo gar bloß. Mich wundert/ daß ihr euch durch
thoͤrichte Brunſt auff ſolche tolle Reden verleiten
laſſet. Heiſſet dieſes toll/ verſetzte Zarang/ was
uns die Natur befiehlet? Die Natur/ erwiederte
Baniſe/ wil nicht/ daß man die Ehe zerruͤtten ſoll.
Die Ehe bleibet unzertrennet/ war Zarangs Ein-
wenden/ ob man gleich andere liebet. Wehe dem/
antwortete Baniſe/ welcher durch ſolche Liebe
Aergerniß verurſachet. Ey/ die Liebe iſt vielerley/
wolte ſich Zarang rechtfertigen/ man muß in den
Graͤntzen bleiben. Ja/ erwiederte Baniſe/ wer
auff die Graͤntzen koͤmmt/ der will ſich auch ins
Land wagen. Dieſer Einwurff thut mir nichts/
fieng endlich Zarang an/ gnug/ daß ich ſie lieben/
und dasjenige mit Gewalt nehmen muß/ was ſie
mir ſo lange vorenthalten hat. Mit welchen Wor-
ten er mehr als halb verzweiffelt nach einem Kuſſe

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[524/0544] Der Aſiatiſchen Baniſe. Mutter Liebe verſichert ſeyn/ wenn ſie nicht daſ- ſelbe bißweilen kuͤſſen wolte? Die Princeßin fand ſich hierdurch nicht wenig beleidiget/ iedoch ver- barg ſie noch ihr Mißvergnuͤgen/ und ſagte nur dieſes zu ihm: Haltet eure Luſt im Zaum/ und verſtattet eurer Begierde doch nicht ſo den Zuͤgel/ indem ihr wiſſen ſollet/ daß ich vereit ſo gut als vermaͤhlet bin. Das iſt gantz unſchaͤdlich/ verrieth er ſeine unzuͤchtige Gedancken ferner/ denn es koͤn- nen viel Schwane in einem Fluſſe baden/ da doch deſſen Fluth im wenigſten gemindert wird. Be- zaͤumet eure Lippen/ redete ihm die princeßin mit etwas haͤrterer Stimme em/ und gebet euch nicht ſo gar bloß. Mich wundert/ daß ihr euch durch thoͤrichte Brunſt auff ſolche tolle Reden verleiten laſſet. Heiſſet dieſes toll/ verſetzte Zarang/ was uns die Natur befiehlet? Die Natur/ erwiederte Baniſe/ wil nicht/ daß man die Ehe zerruͤtten ſoll. Die Ehe bleibet unzertrennet/ war Zarangs Ein- wenden/ ob man gleich andere liebet. Wehe dem/ antwortete Baniſe/ welcher durch ſolche Liebe Aergerniß verurſachet. Ey/ die Liebe iſt vielerley/ wolte ſich Zarang rechtfertigen/ man muß in den Graͤntzen bleiben. Ja/ erwiederte Baniſe/ wer auff die Graͤntzen koͤmmt/ der will ſich auch ins Land wagen. Dieſer Einwurff thut mir nichts/ fieng endlich Zarang an/ gnug/ daß ich ſie lieben/ und dasjenige mit Gewalt nehmen muß/ was ſie mir ſo lange vorenthalten hat. Mit welchen Wor- ten er mehr als halb verzweiffelt nach einem Kuſſe ſchnap-

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/544>, abgerufen am 22.11.2024.