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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
ckete den Göttern/ daß sie uns nicht blind/ oder
schielende/ werden lassen: wohl erwegende/ daß
aus einem geschminckten Angesichte/ nichts ge-
wissers/ als ein falsches und Lasterbegieriges Her-
tze zu schliessen sey. Was aber mein köstliches
Schminck-Oel anbelanget/ so habe ich dessen
Beschreibung in einem Buche/ welches ich noch
von meiner Groß-Mutter Schwester Sohns-
Tochter bekommen habe/ gelesen: So bald ich
nun in Europa komme/ will ich fleißig darnach
fragen/ und durch dessen überbringen dero aller-
seitiges Vergnügen stillen. Was vor Ehren-
Titul nun dem Scandor seine Haare einbuderten/
das empfunden die gedultigen Ohren am besten.
Diese hieß ihn einen Narren/ jene einen Bären-
heuter/ und die dritte wolte ihn gar ins Loch stecken
lassen. Biß sich ihm endlich die Princeßin von
Savady wiederum näherte/ und einige Saphi-
re an sich erhandelte. Währenden dieses wun-
derlichen Handels/ hatte sich die Princeßin mit
dem verstellten Printzen in ihr innerstes Cabinet
begeben/ unter dem Vorwand/ ihm einige Dia-
manten zu zeigen/ von deren Art er ihr noch un-
terschiedene schaffen solte. So bald sie solches be-
treten/ und nicht mehr an des Printzen Person
zweiffelte/ redete sie ihn alsobald an: Ach mein
werthester Printz! die Zeit ist kurtz/ und die Sa-
che/ wovon ich reden soll/ ist wichtig: Derowe-
gen ich denn nicht gesonnen bin/ ihn durch viel
Versicherungen/ meiner sattsam bekandten Lie-

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Anderes Buch.
ckete den Goͤttern/ daß ſie uns nicht blind/ oder
ſchielende/ werden laſſen: wohl erwegende/ daß
aus einem geſchminckten Angeſichte/ nichts ge-
wiſſers/ als ein falſches und Laſterbegieriges Her-
tze zu ſchlieſſen ſey. Was aber mein koͤſtliches
Schminck-Oel anbelanget/ ſo habe ich deſſen
Beſchreibung in einem Buche/ welches ich noch
von meiner Groß-Mutter Schweſter Sohns-
Tochter bekommen habe/ geleſen: So bald ich
nun in Europa komme/ will ich fleißig darnach
fragen/ und durch deſſen uͤberbringen dero aller-
ſeitiges Vergnuͤgen ſtillen. Was vor Ehren-
Titul nun dem Scandor ſeine Haare einbudeꝛten/
das empfunden die gedultigen Ohren am beſten.
Dieſe hieß ihn einen Narren/ jene einen Baͤren-
heuter/ und die dritte wolte ihn gar ins Loch ſtecken
laſſen. Biß ſich ihm endlich die Princeßin von
Savady wiederum naͤherte/ und einige Saphi-
re an ſich erhandelte. Waͤhrenden dieſes wun-
derlichen Handels/ hatte ſich die Princeßin mit
dem verſtellten Printzen in ihr innerſtes Cabinet
begeben/ unter dem Vorwand/ ihm einige Dia-
manten zu zeigen/ von deren Art er ihr noch un-
terſchiedene ſchaffen ſolte. So bald ſie ſolches be-
treten/ und nicht mehr an des Printzen Perſon
zweiffelte/ redete ſie ihn alſobald an: Ach mein
wertheſter Printz! die Zeit iſt kurtz/ und die Sa-
che/ wovon ich reden ſoll/ iſt wichtig: Derowe-
gen ich denn nicht geſonnen bin/ ihn durch viel
Verſicherungen/ meiner ſattſam bekandten Lie-

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[437/0457] Anderes Buch. ckete den Goͤttern/ daß ſie uns nicht blind/ oder ſchielende/ werden laſſen: wohl erwegende/ daß aus einem geſchminckten Angeſichte/ nichts ge- wiſſers/ als ein falſches und Laſterbegieriges Her- tze zu ſchlieſſen ſey. Was aber mein koͤſtliches Schminck-Oel anbelanget/ ſo habe ich deſſen Beſchreibung in einem Buche/ welches ich noch von meiner Groß-Mutter Schweſter Sohns- Tochter bekommen habe/ geleſen: So bald ich nun in Europa komme/ will ich fleißig darnach fragen/ und durch deſſen uͤberbringen dero aller- ſeitiges Vergnuͤgen ſtillen. Was vor Ehren- Titul nun dem Scandor ſeine Haare einbudeꝛten/ das empfunden die gedultigen Ohren am beſten. Dieſe hieß ihn einen Narren/ jene einen Baͤren- heuter/ und die dritte wolte ihn gar ins Loch ſtecken laſſen. Biß ſich ihm endlich die Princeßin von Savady wiederum naͤherte/ und einige Saphi- re an ſich erhandelte. Waͤhrenden dieſes wun- derlichen Handels/ hatte ſich die Princeßin mit dem verſtellten Printzen in ihr innerſtes Cabinet begeben/ unter dem Vorwand/ ihm einige Dia- manten zu zeigen/ von deren Art er ihr noch un- terſchiedene ſchaffen ſolte. So bald ſie ſolches be- treten/ und nicht mehr an des Printzen Perſon zweiffelte/ redete ſie ihn alſobald an: Ach mein wertheſter Printz! die Zeit iſt kurtz/ und die Sa- che/ wovon ich reden ſoll/ iſt wichtig: Derowe- gen ich denn nicht geſonnen bin/ ihn durch viel Verſicherungen/ meiner ſattſam bekandten Lie- be/ E e 3

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/457>, abgerufen am 22.11.2024.