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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
trost/ so lange ein Patient den geringsten Athem
noch von sich spüren lässet/ so lange hat ein behertz-
ter Artzt noch Hoffnung zu des Menschen Leben.
Ein kluger Rath und behender Anschlag kan der
schweresten Sache/ und also auch hier/ am besten
rathen. Ach verschonet mich mit vergebener
Hoffnung/ fiel ihm der in diesem Fall etwas
kleinmüthige Printz in die Rede/ denn sie in so kur-
tzer Zeit mit Gewalt zu erretten/ lässet die Unmög-
ligkeit nicht zu/ weil viel hundert tausend Mann
hierzu erfodert werden. List scheinet zu gefähr-
lich/ weil deren mißlingender Ausgang nur ihren
und viel anderer Unschuldigen Tod befördern
möchte. Den Chaumigrem aber zu einer gütlichen
Abfolge zu behandeln/ ist so vergebliche Arbeit/
als ob wir einen Mohren zu waschen/ und unser
ewiges Gedächtniß in die See zu schreiben/ bemü-
het wären. Die Bedingung aber/ welche sich
der Tyranne nach verflossenen 4. Tagen vorbe-
halten hat/ möchte ich doch gerne wissen. Ponne-
dro erstattete folgenden Bericht: Die durchdrin-
gende Schönheit der Princeßin hat auch dieses
Tyger-Hertz bezwungen/ dannenhero er von dem
Gifft eingesogener Liebe fast zu börsten vermey-
net. Und weil sich bey erster Zusammenkunfft
die Princeßin vorsichtiger Weise sehr ungeberdig
stellete/ als hat er ihr fünff Tage Bedenck-Zeit
eingeräumet/ nach deren Verfliessung er sonder
Zweiffel seine hefftige Liebe verfolgen dürffte/ wo
nicht der Götter Hülffe eine gewünschte Erret-

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Anderes Buch.
troſt/ ſo lange ein Patient den geringſten Athem
noch von ſich ſpuͤren laͤſſet/ ſo lange hat ein behertz-
ter Artzt noch Hoffnung zu des Menſchen Leben.
Ein kluger Rath und behender Anſchlag kan der
ſchwereſten Sache/ und alſo auch hier/ am beſten
rathen. Ach verſchonet mich mit vergebener
Hoffnung/ fiel ihm der in dieſem Fall etwas
kleinmuͤthige Printz in die Rede/ denn ſie in ſo kur-
tzer Zeit mit Gewalt zu erretten/ laͤſſet die Unmoͤg-
ligkeit nicht zu/ weil viel hundert tauſend Mann
hierzu erfodert werden. Liſt ſcheinet zu gefaͤhr-
lich/ weil deren mißlingender Ausgang nur ihren
und viel anderer Unſchuldigen Tod befoͤrdern
moͤchte. Den Chaumigrem aber zu einer guͤtlichen
Abfolge zu behandeln/ iſt ſo vergebliche Arbeit/
als ob wir einen Mohren zu waſchen/ und unſer
ewiges Gedaͤchtniß in die See zu ſchreiben/ bemuͤ-
het waͤren. Die Bedingung aber/ welche ſich
der Tyranne nach verfloſſenen 4. Tagen vorbe-
halten hat/ moͤchte ich doch gerne wiſſen. Ponne-
dro erſtattete folgenden Bericht: Die durchdrin-
gende Schoͤnheit der Princeßin hat auch dieſes
Tyger-Hertz bezwungen/ dannenhero er von dem
Gifft eingeſogener Liebe faſt zu boͤrſten vermey-
net. Und weil ſich bey erſter Zuſammenkunfft
die Princeßin vorſichtiger Weiſe ſehr ungeberdig
ſtellete/ als hat er ihr fuͤnff Tage Bedenck-Zeit
eingeraͤumet/ nach deren Verflieſſung er ſonder
Zweiffel ſeine hefftige Liebe verfolgen duͤrffte/ wo
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[405/0425] Anderes Buch. troſt/ ſo lange ein Patient den geringſten Athem noch von ſich ſpuͤren laͤſſet/ ſo lange hat ein behertz- ter Artzt noch Hoffnung zu des Menſchen Leben. Ein kluger Rath und behender Anſchlag kan der ſchwereſten Sache/ und alſo auch hier/ am beſten rathen. Ach verſchonet mich mit vergebener Hoffnung/ fiel ihm der in dieſem Fall etwas kleinmuͤthige Printz in die Rede/ denn ſie in ſo kur- tzer Zeit mit Gewalt zu erretten/ laͤſſet die Unmoͤg- ligkeit nicht zu/ weil viel hundert tauſend Mann hierzu erfodert werden. Liſt ſcheinet zu gefaͤhr- lich/ weil deren mißlingender Ausgang nur ihren und viel anderer Unſchuldigen Tod befoͤrdern moͤchte. Den Chaumigrem aber zu einer guͤtlichen Abfolge zu behandeln/ iſt ſo vergebliche Arbeit/ als ob wir einen Mohren zu waſchen/ und unſer ewiges Gedaͤchtniß in die See zu ſchreiben/ bemuͤ- het waͤren. Die Bedingung aber/ welche ſich der Tyranne nach verfloſſenen 4. Tagen vorbe- halten hat/ moͤchte ich doch gerne wiſſen. Ponne- dro erſtattete folgenden Bericht: Die durchdrin- gende Schoͤnheit der Princeßin hat auch dieſes Tyger-Hertz bezwungen/ dannenhero er von dem Gifft eingeſogener Liebe faſt zu boͤrſten vermey- net. Und weil ſich bey erſter Zuſammenkunfft die Princeßin vorſichtiger Weiſe ſehr ungeberdig ſtellete/ als hat er ihr fuͤnff Tage Bedenck-Zeit eingeraͤumet/ nach deren Verflieſſung er ſonder Zweiffel ſeine hefftige Liebe verfolgen duͤrffte/ wo nicht der Goͤtter Huͤlffe eine gewuͤnſchte Erret- tung C c 3

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/425>, abgerufen am 15.08.2024.