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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
ge/ welche einen Fuß im Sarge/ und ihr Hertze
bey ihrem Printzen hat.

Banise.

Wehe mir! rieff der seufftzende Printz/ die Zeit
ist zu kurtz/ und ich bin verlohren! Ach! so ist denn
kein beständiger Sonnenschein mehr zu hoffen/
und muß ein ieder Stern zum Cometen werden?
Zwar derjenige solte sich wol vor keinem Ungewit-
ter mehr fürchten/ welchen der ungütige Himmel
schon öffters durch harte Blitze versehret und be-
trübet hat: Allein wo er zugleich mit den Keu-
len seines Zorns spielet/ da muß auch der festeste
Grund erzittern. Wie so zweiffelhafftig? Gnä-
digster Herr/ redete ihm Talemon ein/ der Zweif-
fel ist kein Zeichen eines großmüthigen Hertzens.
Bey so gestallten Sachen muß man den Gottern
vor der Princeßin Leben dancken/ sie aber nicht
durch Ungedult erzürnen. Hier aber muß man
Gedult und Großmuth herrschen lassen. Jene
erleichtert das Unglücke/ diese aber ist der Anfang
allerwichtigsten Dinge/ durch welche auch die Un-
mögligkeit selbst bekrieget und besieget wird. Das
Glücke ist rund/ vollführte Ponnedro diese Rede/
und gewinnet öffters das Ansehen/ als wenn alles
verlohren/ und kein Mittel dem Ubel zu begegnen
mehr vorhanden wäre. Wenn man aber des-
selben Umstände Großmüthigst betrachtet/ so ver-
kehret es sich öffters dergestalt/ daß/ gleich wie es
zuvorhero den Untergang gedräuet/ es hernach-
mals zu unserm besten ausschlägt/ darum nur ge-

trost/

Der Aſiatiſchen Baniſe.
ge/ welche einen Fuß im Sarge/ und ihr Hertze
bey ihrem Printzen hat.

Baniſe.

Wehe mir! rieff der ſeufftzende Printz/ die Zeit
iſt zu kurtz/ und ich bin verlohren! Ach! ſo iſt denn
kein beſtaͤndiger Sonnenſchein mehr zu hoffen/
und muß ein ieder Stern zum Cometen werden?
Zwar derjenige ſolte ſich wol vor keinem Ungewit-
ter mehr fuͤrchten/ welchen der unguͤtige Himmel
ſchon oͤffters durch harte Blitze verſehret und be-
truͤbet hat: Allein wo er zugleich mit den Keu-
len ſeines Zorns ſpielet/ da muß auch der feſteſte
Grund erzittern. Wie ſo zweiffelhafftig? Gnaͤ-
digſter Herr/ redete ihm Talemon ein/ der Zweif-
fel iſt kein Zeichen eines großmuͤthigen Hertzens.
Bey ſo geſtallten Sachen muß man den Gottern
vor der Princeßin Leben dancken/ ſie aber nicht
durch Ungedult erzuͤrnen. Hier aber muß man
Gedult und Großmuth herrſchen laſſen. Jene
erleichtert das Ungluͤcke/ dieſe aber iſt der Anfang
allerwichtigſten Dinge/ durch welche auch die Un-
moͤgligkeit ſelbſt bekrieget und beſieget wird. Das
Gluͤcke iſt rund/ vollfuͤhrte Ponnedro dieſe Rede/
und gewinnet oͤffters das Anſehen/ als wenn alles
verlohren/ und kein Mittel dem Ubel zu begegnen
mehr vorhanden waͤre. Wenn man aber deſ-
ſelben Umſtaͤnde Großmuͤthigſt betrachtet/ ſo ver-
kehret es ſich oͤffters dergeſtalt/ daß/ gleich wie es
zuvorhero den Untergang gedraͤuet/ es hernach-
mals zu unſerm beſten ausſchlaͤgt/ darum nur ge-

troſt/
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[404/0424] Der Aſiatiſchen Baniſe. ge/ welche einen Fuß im Sarge/ und ihr Hertze bey ihrem Printzen hat. Baniſe. Wehe mir! rieff der ſeufftzende Printz/ die Zeit iſt zu kurtz/ und ich bin verlohren! Ach! ſo iſt denn kein beſtaͤndiger Sonnenſchein mehr zu hoffen/ und muß ein ieder Stern zum Cometen werden? Zwar derjenige ſolte ſich wol vor keinem Ungewit- ter mehr fuͤrchten/ welchen der unguͤtige Himmel ſchon oͤffters durch harte Blitze verſehret und be- truͤbet hat: Allein wo er zugleich mit den Keu- len ſeines Zorns ſpielet/ da muß auch der feſteſte Grund erzittern. Wie ſo zweiffelhafftig? Gnaͤ- digſter Herr/ redete ihm Talemon ein/ der Zweif- fel iſt kein Zeichen eines großmuͤthigen Hertzens. Bey ſo geſtallten Sachen muß man den Gottern vor der Princeßin Leben dancken/ ſie aber nicht durch Ungedult erzuͤrnen. Hier aber muß man Gedult und Großmuth herrſchen laſſen. Jene erleichtert das Ungluͤcke/ dieſe aber iſt der Anfang allerwichtigſten Dinge/ durch welche auch die Un- moͤgligkeit ſelbſt bekrieget und beſieget wird. Das Gluͤcke iſt rund/ vollfuͤhrte Ponnedro dieſe Rede/ und gewinnet oͤffters das Anſehen/ als wenn alles verlohren/ und kein Mittel dem Ubel zu begegnen mehr vorhanden waͤre. Wenn man aber deſ- ſelben Umſtaͤnde Großmuͤthigſt betrachtet/ ſo ver- kehret es ſich oͤffters dergeſtalt/ daß/ gleich wie es zuvorhero den Untergang gedraͤuet/ es hernach- mals zu unſerm beſten ausſchlaͤgt/ darum nur ge- troſt/

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/424>, abgerufen am 25.11.2024.