Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Anderes Buch. unwürdigst anvertrauete Frauenzimmer einHimmel voller Sternen: Allein durch den Tod der unvergleichlichen Banisen würde die Sonne untergehen Chaumigrem stund hierauff etwas in Gedancken/ und ein tieffes Nachdencken schien seine Zunge zu binden: Endlich antwortete er dem Ponnedro/ sagende: Hütet euch/ Ponnedro/ daß dieses Vorbringen nicht aus einer alten Ge- wogenheit gegen vorige Herrschafft herrühre/ sonst werden wir euch dem Xemindo zur Auffwar- tung in jenes Leben nachschicken. Mein Kopff soll der Zungen Vorwitz bezahlen/ war Ponnedro mit der Antwort bald fertig/ wenn nicht J. M. eine dreyfache Erfüllung meiner Worte in den schönen Augen erblicken wird. Der Rolim gab in- dessen mit einigem Kopffschütteln sein Mißvergnü- gen zu verstehen/ so gar/ daß er endlich in diese Wor- te heraus brach: Getreue Räthe sollen den Aertz- ten gleichen/ welche dem Krancken nicht alles/ was ihm beliebt/ sondern was dessen Gesundheit befördert/ darreichen sollen. Dieser Rath aber des Ponnedro scheinet verdächtig/ ja höchst ge- fährlich zu seyn. J. M. lassen um der Götter willen die Vernunfft hier gelten/ und bedencken/ daß der Vorwitz/ die vermeynte Schönheit zu se- hen/ einen solchen strengen Gifft mit sich führe/ welcher durch die Augen in das Hertz dringen/ und die gantze Majestät verderben kan. Denn durch das Anschauen beherrschen die schwachen Weibsbilder die stärcksten Männer/ ihr Flehen und B b 2
Anderes Buch. unwuͤrdigſt anvertrauete Frauenzimmer einHimmel voller Sternen: Allein durch den Tod der unvergleichlichen Baniſen wuͤrde die Sonne untergehen Chaumigrem ſtund hierauff etwas in Gedancken/ und ein tieffes Nachdencken ſchien ſeine Zunge zu binden: Endlich antwortete er dem Ponnedro/ ſagende: Huͤtet euch/ Ponnedro/ daß dieſes Vorbringen nicht aus einer alten Ge- wogenheit gegen vorige Herrſchafft herruͤhre/ ſonſt werden wir euch dem Xemindo zur Auffwar- tung in jenes Leben nachſchicken. Mein Kopff ſoll der Zungen Vorwitz bezahlen/ war Ponnedro mit der Antwort bald fertig/ wenn nicht J. M. eine dreyfache Erfuͤllung meiner Worte in den ſchoͤnen Augen eꝛblicken wird. Der Rolim gab in- deſſẽ mit einigem Kopffſchuͤtteln ſein Mißvergnuͤ- gẽ zu verſtehẽ/ ſo gar/ daß er endlich in dieſe Wor- te heraus brach: Getreue Raͤthe ſollen den Aertz- ten gleichen/ welche dem Krancken nicht alles/ was ihm beliebt/ ſondern was deſſen Geſundheit befoͤrdert/ darreichen ſollen. Dieſer Rath aber des Ponnedro ſcheinet verdaͤchtig/ ja hoͤchſt ge- faͤhrlich zu ſeyn. J. M. laſſen um der Goͤtter willen die Vernunfft hier gelten/ und bedencken/ daß der Vorwitz/ die vermeynte Schoͤnheit zu ſe- hen/ einen ſolchen ſtrengen Gifft mit ſich fuͤhre/ welcher durch die Augen in das Hertz dringen/ und die gantze Majeſtaͤt verderben kan. Denn durch das Anſchauen beherrſchen die ſchwachen Weibsbilder die ſtaͤrckſten Maͤnner/ ihr Flehen und B b 2
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Anderes Buch.
unwuͤrdigſt anvertrauete Frauenzimmer ein
Himmel voller Sternen: Allein durch den Tod
der unvergleichlichen Baniſen wuͤrde die Sonne
untergehen Chaumigrem ſtund hierauff etwas
in Gedancken/ und ein tieffes Nachdencken ſchien
ſeine Zunge zu binden: Endlich antwortete er
dem Ponnedro/ ſagende: Huͤtet euch/ Ponnedro/
daß dieſes Vorbringen nicht aus einer alten Ge-
wogenheit gegen vorige Herrſchafft herruͤhre/
ſonſt werden wir euch dem Xemindo zur Auffwar-
tung in jenes Leben nachſchicken. Mein Kopff
ſoll der Zungen Vorwitz bezahlen/ war Ponnedro
mit der Antwort bald fertig/ wenn nicht J. M.
eine dreyfache Erfuͤllung meiner Worte in den
ſchoͤnen Augen eꝛblicken wird. Der Rolim gab in-
deſſẽ mit einigem Kopffſchuͤtteln ſein Mißvergnuͤ-
gẽ zu verſtehẽ/ ſo gar/ daß er endlich in dieſe Wor-
te heraus brach: Getreue Raͤthe ſollen den Aertz-
ten gleichen/ welche dem Krancken nicht alles/
was ihm beliebt/ ſondern was deſſen Geſundheit
befoͤrdert/ darreichen ſollen. Dieſer Rath aber
des Ponnedro ſcheinet verdaͤchtig/ ja hoͤchſt ge-
faͤhrlich zu ſeyn. J. M. laſſen um der Goͤtter
willen die Vernunfft hier gelten/ und bedencken/
daß der Vorwitz/ die vermeynte Schoͤnheit zu ſe-
hen/ einen ſolchen ſtrengen Gifft mit ſich fuͤhre/
welcher durch die Augen in das Hertz dringen/
und die gantze Majeſtaͤt verderben kan. Denn
durch das Anſchauen beherrſchen die ſchwachen
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