Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. begehren ausdrücklich von euch zu vernehmen/was ihr und das Reich Pegu von unserm Ver- fahren vor Gedancken und Meynungen schöpfft. Wir versichern euch/ es soll alles in Gnaden auf- genommen werden. Als nun Ponnedro solchen Ernst sahe/ und wohl wuste/ wie wenig mit dem Tyrannen zu schertzen wäre/ so fassete er endlich einen Muth/ und gab folgende Antwort: Groß- mächtigster Keyser und Herr! Der Götter Ge- rechtigkeit ist unerfoschlich/ und also bemühet man sich nur vergebens/ dem Geheimnisse des Wun- der-vollen Schicksals nachzugrüblen: warum es dem grossen GOtt der tausend Götter gefallen hat/ den so alten und mächtigen Käyser-Stamm von Pegu in den Sand eines blutigen Verges- sens zu verscharren/ und die Stelle des verblaßten Sternes mit einem hellen und tapffern Jove zu ersetzen. gleichsam des Reichs Gedancken zu er- öffnen; so ist zwar solches wegen bekandter Un- wissenheit ein unmögliches Wesen/ indessen aber zwinget mich doch schuldigster Gehorsam/ diß/ was die auffrichtige Muthmassung erlaubet/ kürtzlich anzudeuten. Wir Peguaner haben ie- derzeit das Gebot der Götter/ welches uns anbe- siehlet/ die vorgesetzte Obrigkeit zu ehren und zu lie- ben/ in hohen Ehren und genauer Beobachtung gehalten; Dahero wir denn auch der blutig- untergegangenen Sonnen die nechste Ehre nach den Göttern gewiedmet/ und unser Gut und Blut vor dero Wolfarth dargestrecket haben. Nach- dem
Der Aſiatiſchen Baniſe. begehren ausdruͤcklich von euch zu vernehmen/was ihr und das Reich Pegu von unſerm Ver- fahren vor Gedancken und Meynungen ſchoͤpfft. Wir verſichern euch/ es ſoll alles in Gnaden auf- genommen werden. Als nun Ponnedro ſolchen Ernſt ſahe/ und wohl wuſte/ wie wenig mit dem Tyrannen zu ſchertzen waͤre/ ſo faſſete er endlich einen Muth/ und gab folgende Antwort: Groß- maͤchtigſter Keyſer und Herr! Der Goͤtter Ge- rechtigkeit iſt unerfoſchlich/ und alſo bemuͤhet man ſich nur vergebens/ dem Geheimniſſe des Wun- der-vollen Schickſals nachzugruͤblen: warum es dem groſſen GOtt der tauſend Goͤtter gefallen hat/ den ſo alten und maͤchtigen Kaͤyſer-Stamm von Pegu in den Sand eines blutigen Vergeſ- ſens zu verſcharren/ und die Stelle des verblaßten Sternes mit einem hellen und tapffern Jove zu erſetzen. gleichſam des Reichs Gedancken zu er- oͤffnen; ſo iſt zwar ſolches wegen bekandter Un- wiſſenheit ein unmoͤgliches Weſen/ indeſſen aber zwinget mich doch ſchuldigſter Gehorſam/ diß/ was die auffrichtige Muthmaſſung erlaubet/ kuͤrtzlich anzudeuten. Wir Peguaner haben ie- derzeit das Gebot der Goͤtter/ welches uns anbe- ſiehlet/ die vorgeſetzte Obrigkeit zu ehren und zu lie- ben/ in hohen Ehren und genauer Beobachtung gehalten; Dahero wir denn auch der blutig- untergegangenen Sonnen die nechſte Ehre nach den Goͤttern gewiedmet/ und unſer Gut und Blut vor dero Wolfarth dargeſtrecket haben. Nach- dem
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
begehren ausdruͤcklich von euch zu vernehmen/
was ihr und das Reich Pegu von unſerm Ver-
fahren vor Gedancken und Meynungen ſchoͤpfft.
Wir verſichern euch/ es ſoll alles in Gnaden auf-
genommen werden. Als nun Ponnedro ſolchen
Ernſt ſahe/ und wohl wuſte/ wie wenig mit dem
Tyrannen zu ſchertzen waͤre/ ſo faſſete er endlich
einen Muth/ und gab folgende Antwort: Groß-
maͤchtigſter Keyſer und Herr! Der Goͤtter Ge-
rechtigkeit iſt unerfoſchlich/ und alſo bemuͤhet man
ſich nur vergebens/ dem Geheimniſſe des Wun-
der-vollen Schickſals nachzugruͤblen: warum es
dem groſſen GOtt der tauſend Goͤtter gefallen
hat/ den ſo alten und maͤchtigen Kaͤyſer-Stamm
von Pegu in den Sand eines blutigen Vergeſ-
ſens zu verſcharren/ und die Stelle des verblaßten
Sternes mit einem hellen und tapffern Jove zu
erſetzen. gleichſam des Reichs Gedancken zu er-
oͤffnen; ſo iſt zwar ſolches wegen bekandter Un-
wiſſenheit ein unmoͤgliches Weſen/ indeſſen aber
zwinget mich doch ſchuldigſter Gehorſam/ diß/
was die auffrichtige Muthmaſſung erlaubet/
kuͤrtzlich anzudeuten. Wir Peguaner haben ie-
derzeit das Gebot der Goͤtter/ welches uns anbe-
ſiehlet/ die vorgeſetzte Obrigkeit zu ehren und zu lie-
ben/ in hohen Ehren und genauer Beobachtung
gehalten; Dahero wir denn auch der blutig-
untergegangenen Sonnen die nechſte Ehre nach
den Goͤttern gewiedmet/ und unſer Gut und Blut
vor dero Wolfarth dargeſtrecket haben. Nach-
dem
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