Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. und dessen Staat und Recht angefochten hat.Auff solches Ausruffen antwortete ein gewisser Hauffe Volcks/ so im Gedränge vor der gantzen Menge herlieff/ daß einem das Hertz davor erzit- terte: Ohne alle Barmhertzigkeit müsse derjeni- ge sterben/ der eine solche Sünde begangen hat. Folgends marchirten fünff hundert Bramaner zu Pferde/ und nach denselben wiederum so viel zu Fusse/ unter welchen etliche in ihren Händen blosse Degen und Schilde führeten/ die andern aber mit Pantzern und Brust-Harnischen ver- sehen waren. Mitten unter diesen erblickte man den betrübten Xemindo/ welcher auff einer ma- gern/ nichts werthen/ verschmachteten Schind- mehre saß/ und den Scharffrichter/ auff dessen Achseln sich seine Hände steuren musten/ hinter sich hatte. Dieser armselige Printz hatte ein so zerrissenes und zerlumpetes Bettel-Kleid an/ daß ihm allenthalben die Haut dadurch schien. Uber- das trug er zu grösserer Verspottung eine stroher- ne Crone/ welche auswendig mit Muschel-Scha- len/ so auff einen blauen Faden gezogen/ wie auch das eiserne Halsband/ statt der Perlen/ besetzet war. Ob man ihn nun gleich in so schmählicher Gestalt darstellete/ und sein Gesichte fast keinem lebendigen Menschen mehr ähnlich sahe/ so leuch- tete doch aus seinen Augen/ wenn er dieselben em- por hub/ ein Majestätischer Blick herfür/ der von seiner Beschaffenheit und hohem Stande ein sattsames Zeugniß gab/ wie sehr ihm auch das Un-
Der Aſiatiſchen Baniſe. und deſſen Staat und Recht angefochten hat.Auff ſolches Ausruffen antwortete ein gewiſſer Hauffe Volcks/ ſo im Gedraͤnge vor der gantzen Menge herlieff/ daß einem das Hertz davor erzit- terte: Ohne alle Barmhertzigkeit muͤſſe derjeni- ge ſterben/ der eine ſolche Suͤnde begangen hat. Folgends marchirten fuͤnff hundert Bramaner zu Pferde/ und nach denſelben wiederum ſo viel zu Fuſſe/ unter welchen etliche in ihren Haͤnden bloſſe Degen und Schilde fuͤhreten/ die andern aber mit Pantzern und Bruſt-Harniſchen ver- ſehen waren. Mitten unter dieſen erblickte man den betruͤbten Xemindo/ welcher auff einer ma- gern/ nichts werthen/ verſchmachteten Schind- mehre ſaß/ und den Scharffrichter/ auff deſſen Achſeln ſich ſeine Haͤnde ſteuren muſten/ hinter ſich hatte. Dieſer armſelige Printz hatte ein ſo zerriſſenes und zerlumpetes Bettel-Kleid an/ daß ihm allenthalben die Haut dadurch ſchien. Uber- das trug er zu groͤſſerer Verſpottung eine ſtroher- ne Crone/ welche auswendig mit Muſchel-Scha- len/ ſo auff einen blauen Faden gezogen/ wie auch das eiſerne Halsband/ ſtatt der Perlen/ beſetzet war. Ob man ihn nun gleich in ſo ſchmaͤhlicher Geſtalt darſtellete/ und ſein Geſichte faſt keinem lebendigen Menſchen mehr aͤhnlich ſahe/ ſo leuch- tete doch aus ſeinen Augen/ wenn er dieſelben em- por hub/ ein Majeſtaͤtiſcher Blick herfuͤr/ der von ſeiner Beſchaffenheit und hohem Stande ein ſattſames Zeugniß gab/ wie ſehr ihm auch das Un-
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
und deſſen Staat und Recht angefochten hat.
Auff ſolches Ausruffen antwortete ein gewiſſer
Hauffe Volcks/ ſo im Gedraͤnge vor der gantzen
Menge herlieff/ daß einem das Hertz davor erzit-
terte: Ohne alle Barmhertzigkeit muͤſſe derjeni-
ge ſterben/ der eine ſolche Suͤnde begangen hat.
Folgends marchirten fuͤnff hundert Bramaner
zu Pferde/ und nach denſelben wiederum ſo viel
zu Fuſſe/ unter welchen etliche in ihren Haͤnden
bloſſe Degen und Schilde fuͤhreten/ die andern
aber mit Pantzern und Bruſt-Harniſchen ver-
ſehen waren. Mitten unter dieſen erblickte man
den betruͤbten Xemindo/ welcher auff einer ma-
gern/ nichts werthen/ verſchmachteten Schind-
mehre ſaß/ und den Scharffrichter/ auff deſſen
Achſeln ſich ſeine Haͤnde ſteuren muſten/ hinter
ſich hatte. Dieſer armſelige Printz hatte ein ſo
zerriſſenes und zerlumpetes Bettel-Kleid an/ daß
ihm allenthalben die Haut dadurch ſchien. Uber-
das trug er zu groͤſſerer Verſpottung eine ſtroher-
ne Crone/ welche auswendig mit Muſchel-Scha-
len/ ſo auff einen blauen Faden gezogen/ wie auch
das eiſerne Halsband/ ſtatt der Perlen/ beſetzet
war. Ob man ihn nun gleich in ſo ſchmaͤhlicher
Geſtalt darſtellete/ und ſein Geſichte faſt keinem
lebendigen Menſchen mehr aͤhnlich ſahe/ ſo leuch-
tete doch aus ſeinen Augen/ wenn er dieſelben em-
por hub/ ein Majeſtaͤtiſcher Blick herfuͤr/ der von
ſeiner Beſchaffenheit und hohem Stande ein
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