Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch.
Mensch in letzten Zügen erfahren könte. Er
hätte sein Vornehmen bey sich auf tausender-
ley Art überleget/ und doch geschlossen/ es müste
bey diesem Endschlusse verbleiben. Nachdem
er aber nach einem so mühsamen Streite sich oh-
ne Zweiffel würde sehr betrübet haben/ wenn er
so gute Gelegenheit/ welche er Zeit seines Lebens
nicht wieder erlangen möchte/ aus blosser Blödig-
keit solte aus den Händen haben gehen lassen/ als
hat er dieser gefährlichen Nachfolge mit diesen
endlichen Worten zuvor kommen wollen: Hoch-
wertheste Princeßin! Weiln ich es mir denn vor
die höchste Ehre schätze/ meine Pflicht iederzeit
durch gehorsame Folge zu bezeugen: So breche
demnach die Kette meiner schwachen Zunge/ und
bekenne aus innerstem Grunde seines Hertzens/
daß Balacin/ Printz von Ava/ bereits mit dem
einen Fusse das Grab berühre/ wo ihn nicht die
überirdische Leutseligkeit der himmlischen Ba-
nisen vom Tode errettet. Denn wie die Sonne
auch abwesende würcket/ und man den unsichtba-
ren Göttern die meisten Opffer gewähret; also
schwere ich/ daß mich dero Schönheit auch in der
Ferne verwundet/ und die Strahlen ihrer Tugend
entzündet haben. Die Begierden haben durch
dero hohes Lob auch von weiten als ein Zunder
Glut gefangen/ welche aber nunmehro durch den
Blitz gegenwärtiger Krafft vollkommene Flammen
zeigen. Hemmet sie nun nicht/ unvergleichliche
Banise/ diese Brunst/ und lässet die brennende

Son-
R 4

Erſtes Buch.
Menſch in letzten Zuͤgen erfahren koͤnte. Er
haͤtte ſein Vornehmen bey ſich auf tauſender-
ley Art uͤberleget/ und doch geſchloſſen/ es muͤſte
bey dieſem Endſchluſſe verbleiben. Nachdem
er aber nach einem ſo muͤhſamen Streite ſich oh-
ne Zweiffel wuͤrde ſehr betruͤbet haben/ wenn er
ſo gute Gelegenheit/ welche er Zeit ſeines Lebens
nicht wieder erlangen moͤchte/ aus bloſſer Bloͤdig-
keit ſolte aus den Haͤnden haben gehen laſſen/ als
hat er dieſer gefaͤhrlichen Nachfolge mit dieſen
endlichen Worten zuvor kommen wollen: Hoch-
wertheſte Princeßin! Weiln ich es mir denn vor
die hoͤchſte Ehre ſchaͤtze/ meine Pflicht iederzeit
durch gehorſame Folge zu bezeugen: So breche
demnach die Kette meiner ſchwachen Zunge/ und
bekenne aus innerſtem Grunde ſeines Hertzens/
daß Balacin/ Printz von Ava/ bereits mit dem
einen Fuſſe das Grab beruͤhre/ wo ihn nicht die
uͤberirdiſche Leutſeligkeit der himmliſchen Ba-
niſen vom Tode errettet. Denn wie die Sonne
auch abweſende wuͤrcket/ und man den unſichtba-
ren Goͤttern die meiſten Opffer gewaͤhret; alſo
ſchwere ich/ daß mich dero Schoͤnheit auch in der
Ferne verwundet/ und die Strahlen ihrer Tugend
entzuͤndet haben. Die Begierden haben durch
dero hohes Lob auch von weiten als ein Zunder
Glut gefangen/ welche aber nunmehro durch den
Blitz gegenwaͤrtiger Krafft vollkom̃ene Flammen
zeigen. Hemmet ſie nun nicht/ unvergleichliche
Baniſe/ dieſe Brunſt/ und laͤſſet die brennende

Son-
R 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0283" n="263"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
Men&#x017F;ch in letzten Zu&#x0364;gen erfahren ko&#x0364;nte. Er<lb/>
ha&#x0364;tte &#x017F;ein Vornehmen bey &#x017F;ich auf tau&#x017F;ender-<lb/>
ley Art u&#x0364;berleget/ und doch ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ es mu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
bey die&#x017F;em End&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e verbleiben. Nachdem<lb/>
er aber nach einem &#x017F;o mu&#x0364;h&#x017F;amen Streite &#x017F;ich oh-<lb/>
ne Zweiffel wu&#x0364;rde &#x017F;ehr betru&#x0364;bet haben/ wenn er<lb/>
&#x017F;o gute Gelegenheit/ welche er Zeit &#x017F;eines Lebens<lb/>
nicht wieder erlangen mo&#x0364;chte/ aus blo&#x017F;&#x017F;er Blo&#x0364;dig-<lb/>
keit &#x017F;olte aus den Ha&#x0364;nden haben gehen la&#x017F;&#x017F;en/ als<lb/>
hat er die&#x017F;er gefa&#x0364;hrlichen Nachfolge mit die&#x017F;en<lb/>
endlichen Worten zuvor kommen wollen: Hoch-<lb/>
werthe&#x017F;te Princeßin! Weiln ich es mir denn vor<lb/>
die ho&#x0364;ch&#x017F;te Ehre &#x017F;cha&#x0364;tze/ meine Pflicht iederzeit<lb/>
durch gehor&#x017F;ame Folge zu bezeugen: So breche<lb/>
demnach die Kette meiner &#x017F;chwachen Zunge/ und<lb/>
bekenne aus inner&#x017F;tem Grunde &#x017F;eines Hertzens/<lb/>
daß Balacin/ Printz von Ava/ bereits mit dem<lb/>
einen Fu&#x017F;&#x017F;e das Grab beru&#x0364;hre/ wo ihn nicht die<lb/>
u&#x0364;berirdi&#x017F;che Leut&#x017F;eligkeit der himmli&#x017F;chen Ba-<lb/>
ni&#x017F;en vom Tode errettet. Denn wie die Sonne<lb/>
auch abwe&#x017F;ende wu&#x0364;rcket/ und man den un&#x017F;ichtba-<lb/>
ren Go&#x0364;ttern die mei&#x017F;ten Opffer gewa&#x0364;hret; al&#x017F;o<lb/>
&#x017F;chwere ich/ daß mich dero Scho&#x0364;nheit auch in der<lb/>
Ferne verwundet/ und die Strahlen ihrer Tugend<lb/>
entzu&#x0364;ndet haben. Die Begierden haben durch<lb/>
dero hohes Lob auch von weiten als ein Zunder<lb/>
Glut gefangen/ welche aber nunmehro durch den<lb/>
Blitz gegenwa&#x0364;rtiger Krafft vollkom&#x0303;ene Flammen<lb/>
zeigen. Hemmet &#x017F;ie nun nicht/ unvergleichliche<lb/>
Bani&#x017F;e/ die&#x017F;e Brun&#x017F;t/ und la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et die brennende<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Son-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0283] Erſtes Buch. Menſch in letzten Zuͤgen erfahren koͤnte. Er haͤtte ſein Vornehmen bey ſich auf tauſender- ley Art uͤberleget/ und doch geſchloſſen/ es muͤſte bey dieſem Endſchluſſe verbleiben. Nachdem er aber nach einem ſo muͤhſamen Streite ſich oh- ne Zweiffel wuͤrde ſehr betruͤbet haben/ wenn er ſo gute Gelegenheit/ welche er Zeit ſeines Lebens nicht wieder erlangen moͤchte/ aus bloſſer Bloͤdig- keit ſolte aus den Haͤnden haben gehen laſſen/ als hat er dieſer gefaͤhrlichen Nachfolge mit dieſen endlichen Worten zuvor kommen wollen: Hoch- wertheſte Princeßin! Weiln ich es mir denn vor die hoͤchſte Ehre ſchaͤtze/ meine Pflicht iederzeit durch gehorſame Folge zu bezeugen: So breche demnach die Kette meiner ſchwachen Zunge/ und bekenne aus innerſtem Grunde ſeines Hertzens/ daß Balacin/ Printz von Ava/ bereits mit dem einen Fuſſe das Grab beruͤhre/ wo ihn nicht die uͤberirdiſche Leutſeligkeit der himmliſchen Ba- niſen vom Tode errettet. Denn wie die Sonne auch abweſende wuͤrcket/ und man den unſichtba- ren Goͤttern die meiſten Opffer gewaͤhret; alſo ſchwere ich/ daß mich dero Schoͤnheit auch in der Ferne verwundet/ und die Strahlen ihrer Tugend entzuͤndet haben. Die Begierden haben durch dero hohes Lob auch von weiten als ein Zunder Glut gefangen/ welche aber nunmehro durch den Blitz gegenwaͤrtiger Krafft vollkom̃ene Flammen zeigen. Hemmet ſie nun nicht/ unvergleichliche Baniſe/ dieſe Brunſt/ und laͤſſet die brennende Son- R 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/283
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/283>, abgerufen am 22.11.2024.