Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. gute weile mit seinen Augen an den ihrigen ge-hefftet verblieben/ deren Magnet/ als zwey hell- funckelnde Nord-Sterne/ ihn gantz an sich gezo- gen hatten: Endlich aber hatte doch mein Printz auff den Knien das Stillschweigen zu erst gebro- chen/ und gesagt: Schönste Princeßin! Die Götter sind meine Zeugen/ daß mich nicht einiger Vorwitz/ noch allzu wenige Hochachtung gegen dero himmlische Person zu dieser Kühnheit ver- leitet/ wenn ich so frey dero Einsamkeit verstöre/ und mich unterfange/ so ungescheut den durch ihre Gegenwart geheiligten Ort/ zu betreten. Der gnädigste Befehl von Jhr. Maj. dero Herrn Va- ter ist hierinne die Richtschnur meines unterthä- nigsten Gehorsams gewesen. Solte ich aber wegen allzu genauer Beobachtung dieses ange- nehmen Befehls gesündiget/ und durch diese Ver- wegenheit dero Tugend zu sehr beleidiget haben/ so wil ich diesen Fehler auch mit meinem Blute büssen. Die Princeßin hatte hierauff eine ziem- liche Weile stille geschwiegen/ und dadurch mei- nen Printzen abermahls nicht wenig bekümmert gemacht/ endlich aber doch folgender Gestalt ge- antwortet: Tapfferer Pantoja! wann ich mich nicht wegen Errettung meines Lebens euch ver- pflichtet wüste/ und euch nicht Käyserliche Gnade dieses Unterfangen verstattet hätte/ so müste ich bekennen/ daß dieses ein höchst straffbares Begin- nen wäre/ wodurch ihr euch unterstündet/ meine Tugend und Gedult auf eine harte Probe zu se- tzen. R 3
Erſtes Buch. gute weile mit ſeinen Augen an den ihrigen ge-hefftet verblieben/ deren Magnet/ als zwey hell- funckelnde Nord-Sterne/ ihn gantz an ſich gezo- gen hatten: Endlich aber hatte doch mein Printz auff den Knien das Stillſchweigen zu erſt gebro- chen/ und geſagt: Schoͤnſte Princeßin! Die Goͤtter ſind meine Zeugen/ daß mich nicht einiger Vorwitz/ noch allzu wenige Hochachtung gegen dero himmliſche Perſon zu dieſer Kuͤhnheit ver- leitet/ wenn ich ſo frey dero Einſamkeit verſtoͤre/ und mich unterfange/ ſo ungeſcheut den durch ihre Gegenwart geheiligten Ort/ zu betreten. Der gnaͤdigſte Befehl von Jhr. Maj. dero Herrn Va- ter iſt hierinne die Richtſchnur meines unterthaͤ- nigſten Gehorſams geweſen. Solte ich aber wegen allzu genauer Beobachtung dieſes ange- nehmen Befehls geſuͤndiget/ und durch dieſe Ver- wegenheit dero Tugend zu ſehr beleidiget haben/ ſo wil ich dieſen Fehler auch mit meinem Blute buͤſſen. Die Princeßin hatte hierauff eine ziem- liche Weile ſtille geſchwiegen/ und dadurch mei- nen Printzen abermahls nicht wenig bekuͤmmert gemacht/ endlich aber doch folgender Geſtalt ge- antwortet: Tapfferer Pantoja! wann ich mich nicht wegen Errettung meines Lebens euch ver- pflichtet wuͤſte/ und euch nicht Kaͤyſerliche Gnade dieſes Unterfangen verſtattet haͤtte/ ſo muͤſte ich bekennen/ daß dieſes ein hoͤchſt ſtraffbares Begin- nen waͤre/ wodurch ihr euch unterſtuͤndet/ meine Tugend und Gedult auf eine harte Probe zu ſe- tzen. R 3
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Erſtes Buch.
gute weile mit ſeinen Augen an den ihrigen ge-
hefftet verblieben/ deren Magnet/ als zwey hell-
funckelnde Nord-Sterne/ ihn gantz an ſich gezo-
gen hatten: Endlich aber hatte doch mein Printz
auff den Knien das Stillſchweigen zu erſt gebro-
chen/ und geſagt: Schoͤnſte Princeßin! Die
Goͤtter ſind meine Zeugen/ daß mich nicht einiger
Vorwitz/ noch allzu wenige Hochachtung gegen
dero himmliſche Perſon zu dieſer Kuͤhnheit ver-
leitet/ wenn ich ſo frey dero Einſamkeit verſtoͤre/
und mich unterfange/ ſo ungeſcheut den durch ihre
Gegenwart geheiligten Ort/ zu betreten. Der
gnaͤdigſte Befehl von Jhr. Maj. dero Herrn Va-
ter iſt hierinne die Richtſchnur meines unterthaͤ-
nigſten Gehorſams geweſen. Solte ich aber
wegen allzu genauer Beobachtung dieſes ange-
nehmen Befehls geſuͤndiget/ und durch dieſe Ver-
wegenheit dero Tugend zu ſehr beleidiget haben/
ſo wil ich dieſen Fehler auch mit meinem Blute
buͤſſen. Die Princeßin hatte hierauff eine ziem-
liche Weile ſtille geſchwiegen/ und dadurch mei-
nen Printzen abermahls nicht wenig bekuͤmmert
gemacht/ endlich aber doch folgender Geſtalt ge-
antwortet: Tapfferer Pantoja! wann ich mich
nicht wegen Errettung meines Lebens euch ver-
pflichtet wuͤſte/ und euch nicht Kaͤyſerliche Gnade
dieſes Unterfangen verſtattet haͤtte/ ſo muͤſte ich
bekennen/ daß dieſes ein hoͤchſt ſtraffbares Begin-
nen waͤre/ wodurch ihr euch unterſtuͤndet/ meine
Tugend und Gedult auf eine harte Probe zu ſe-
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Zitationshilfe: | Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/281>, abgerufen am 16.07.2024. |