Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
verliebten Vorhabens bedeutet. Jch hätte die-
sem länger zugehöret/ wenn ich nicht durch einen
kleinen Mohren wäre nach Hofe beruffen wor-
den. Da ich denn bald merckte/ daß meine schö-
ne Eswara mich würde fodern lassen: hierinnen
befand ich mich auch nicht betrogen/ denn indem
mich dieser kleine Mohr durch die Schloß-Pforte
nach einer Stiegen/ und dieselbe hinauf führte/
fiele mir die Eswara um den Hals/ und versetzte
mir einen solchen Kuß/ welcher noch durch blosses
Andencken ein Aufstoß bey mir verursachet: denn
weil ihr viel Heimligkeiten der Liebe in dem Ma-
gen mochten verfaulet seyn/ so empfand ich aus
ihrem Halse einen solchen Geruch/ welcher auch
die (+) Japoneser zum Abfall hätte zwingen kön-
nen. Hierüber erschrack ich nun nicht wenig/
sie aber lachte so freundlich/ daß man den wenigen/
Vorrath ihrer Zähne gar deutlich sehen kunte/
welche einer alten Mauer mit Schieß-Scharten
nicht unähnlich schienen. Jch stellte mich so
freundlich/ wie eine todte Katze/ welche noch bey
ihrem Abschiede die Zähne weiset/ und erfreute
mich über ihrer Gegenwart/ fragte auch zugleich
nach ihrem Begehren/ welches in nichts als ei-
nem hertzlichen Verlangen mich zu sehen bestund:
endlich führte sie mich in ein sauber Zimmer/ und
setzte sich neben mich auf ein niedriges Bette.
Da sich denn/ wie bey Verliebten pfleget/ hunder-

ter-
(+) Von den grausamen Martern der Christen in Ja-
von besiehe Francisci Kunst- und Sitten-Spiegel pag. 1148.

Der Aſiatiſchen Baniſe.
verliebten Vorhabens bedeutet. Jch haͤtte die-
ſem laͤnger zugehoͤret/ wenn ich nicht durch einen
kleinen Mohren waͤre nach Hofe beruffen wor-
den. Da ich denn bald merckte/ daß meine ſchoͤ-
ne Eſwara mich wuͤrde fodern laſſen: hierinnen
befand ich mich auch nicht betrogen/ denn indem
mich dieſer kleine Mohr durch die Schloß-Pforte
nach einer Stiegen/ und dieſelbe hinauf fuͤhrte/
fiele mir die Eſwara um den Hals/ und verſetzte
mir einen ſolchen Kuß/ welcher noch durch bloſſes
Andencken ein Aufſtoß bey mir verurſachet: denn
weil ihr viel Heimligkeiten der Liebe in dem Ma-
gen mochten verfaulet ſeyn/ ſo empfand ich aus
ihrem Halſe einen ſolchen Geruch/ welcher auch
die (†) Japoneſer zum Abfall haͤtte zwingen koͤn-
nen. Hieruͤber erſchrack ich nun nicht wenig/
ſie aber lachte ſo freundlich/ daß man den wenigen/
Vorrath ihrer Zaͤhne gar deutlich ſehen kunte/
welche einer alten Mauer mit Schieß-Scharten
nicht unaͤhnlich ſchienen. Jch ſtellte mich ſo
freundlich/ wie eine todte Katze/ welche noch bey
ihrem Abſchiede die Zaͤhne weiſet/ und erfreute
mich uͤber ihrer Gegenwart/ fragte auch zugleich
nach ihrem Begehren/ welches in nichts als ei-
nem hertzlichen Verlangen mich zu ſehen beſtund:
endlich fuͤhrte ſie mich in ein ſauber Zimmer/ und
ſetzte ſich neben mich auf ein niedriges Bette.
Da ſich denn/ wie bey Verliebten pfleget/ hunder-

ter-
(†) Von den grauſamen Martern der Chriſten in Ja-
von beſiehe Franciſci Kunſt- und Sitten-Spiegel pag. 1148.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0228" n="208"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
verliebten Vorhabens bedeutet. Jch ha&#x0364;tte die-<lb/>
&#x017F;em la&#x0364;nger zugeho&#x0364;ret/ wenn ich nicht durch einen<lb/>
kleinen Mohren wa&#x0364;re nach Hofe beruffen wor-<lb/>
den. Da ich denn bald merckte/ daß meine &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
ne E&#x017F;wara mich wu&#x0364;rde fodern la&#x017F;&#x017F;en: hierinnen<lb/>
befand ich mich auch nicht betrogen/ denn indem<lb/>
mich die&#x017F;er kleine Mohr durch die Schloß-Pforte<lb/>
nach einer Stiegen/ und die&#x017F;elbe hinauf fu&#x0364;hrte/<lb/>
fiele mir die E&#x017F;wara um den Hals/ und ver&#x017F;etzte<lb/>
mir einen &#x017F;olchen Kuß/ welcher noch durch blo&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Andencken ein Auf&#x017F;toß bey mir verur&#x017F;achet: denn<lb/>
weil ihr viel Heimligkeiten der Liebe in dem Ma-<lb/>
gen mochten verfaulet &#x017F;eyn/ &#x017F;o empfand ich aus<lb/>
ihrem Hal&#x017F;e einen &#x017F;olchen Geruch/ welcher auch<lb/>
die <note place="foot" n="(&#x2020;)">Von den grau&#x017F;amen Martern der Chri&#x017F;ten in Ja-<lb/>
von be&#x017F;iehe Franci&#x017F;ci Kun&#x017F;t- und Sitten-Spiegel <hi rendition="#aq">pag.</hi> 1148.</note> Japone&#x017F;er zum Abfall ha&#x0364;tte zwingen ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Hieru&#x0364;ber er&#x017F;chrack ich nun nicht wenig/<lb/>
&#x017F;ie aber lachte &#x017F;o freundlich/ daß man den wenigen/<lb/>
Vorrath ihrer Za&#x0364;hne gar deutlich &#x017F;ehen kunte/<lb/>
welche einer alten Mauer mit Schieß-Scharten<lb/>
nicht una&#x0364;hnlich &#x017F;chienen. Jch &#x017F;tellte mich &#x017F;o<lb/>
freundlich/ wie eine todte Katze/ welche noch bey<lb/>
ihrem Ab&#x017F;chiede die Za&#x0364;hne wei&#x017F;et/ und erfreute<lb/>
mich u&#x0364;ber ihrer Gegenwart/ fragte auch zugleich<lb/>
nach ihrem Begehren/ welches in nichts als ei-<lb/>
nem hertzlichen Verlangen mich zu &#x017F;ehen be&#x017F;tund:<lb/>
endlich fu&#x0364;hrte &#x017F;ie mich in ein &#x017F;auber Zimmer/ und<lb/>
&#x017F;etzte &#x017F;ich neben mich auf ein niedriges Bette.<lb/>
Da &#x017F;ich denn/ wie bey Verliebten pfleget/ hunder-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ter-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0228] Der Aſiatiſchen Baniſe. verliebten Vorhabens bedeutet. Jch haͤtte die- ſem laͤnger zugehoͤret/ wenn ich nicht durch einen kleinen Mohren waͤre nach Hofe beruffen wor- den. Da ich denn bald merckte/ daß meine ſchoͤ- ne Eſwara mich wuͤrde fodern laſſen: hierinnen befand ich mich auch nicht betrogen/ denn indem mich dieſer kleine Mohr durch die Schloß-Pforte nach einer Stiegen/ und dieſelbe hinauf fuͤhrte/ fiele mir die Eſwara um den Hals/ und verſetzte mir einen ſolchen Kuß/ welcher noch durch bloſſes Andencken ein Aufſtoß bey mir verurſachet: denn weil ihr viel Heimligkeiten der Liebe in dem Ma- gen mochten verfaulet ſeyn/ ſo empfand ich aus ihrem Halſe einen ſolchen Geruch/ welcher auch die (†) Japoneſer zum Abfall haͤtte zwingen koͤn- nen. Hieruͤber erſchrack ich nun nicht wenig/ ſie aber lachte ſo freundlich/ daß man den wenigen/ Vorrath ihrer Zaͤhne gar deutlich ſehen kunte/ welche einer alten Mauer mit Schieß-Scharten nicht unaͤhnlich ſchienen. Jch ſtellte mich ſo freundlich/ wie eine todte Katze/ welche noch bey ihrem Abſchiede die Zaͤhne weiſet/ und erfreute mich uͤber ihrer Gegenwart/ fragte auch zugleich nach ihrem Begehren/ welches in nichts als ei- nem hertzlichen Verlangen mich zu ſehen beſtund: endlich fuͤhrte ſie mich in ein ſauber Zimmer/ und ſetzte ſich neben mich auf ein niedriges Bette. Da ſich denn/ wie bey Verliebten pfleget/ hunder- ter- (†) Von den grauſamen Martern der Chriſten in Ja- von beſiehe Franciſci Kunſt- und Sitten-Spiegel pag. 1148.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/228
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/228>, abgerufen am 24.11.2024.