Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. Kummers bald vergessen/ und in diese Worte her-aus brechen: O angenehmstes Verhängniß! be- glückter Tag! an welchem mir die Sonne meines Lebens auffs neue auffgegangen ist. Nunmehro bin ich genesen/ und die wahrhafftigen Götter ha- ben mein Hoffen gesegnet. Ach überirrdische Schönheit! deren Glantz die Sterne übertrifft/ und sich durch kein Gleichniß beschreiben läst. Es erhellet nur eine Sonne den Himmel/ und die Erde heget nur einen Phönix/ also ist nur eine Gottheit in Asien/ welche anbetens würdig ist/ so lasset mich demnach/ O ihr Götter/ ihr Priester werden. Jch muste hierinne in allem meinem Printzen Beyfall geben: denn gewiß/ ich glaube/ daß derjenige eine vergebene Arbeit thun würde/ welcher in Asten sich eine gleiche Schönheit aus- zusuchen bemühen wolte. Jch selbst wurde gantz verblendet/ als nach überstandner Ohnmacht der Purpur wiederum ihre Wangen bekleidete: ja es kam mir fast unglaublich vor/ daß eine solche Schönheit von sterblichen Menschen könne gezeu- get werden. Jhre Geberden hatten so ein hohes und Majestätisches Ansehen/ daß man sie un- möglich/ ohne in hohen Ehren zu halten/ und sich über dieselbe zu verwundern/ ansehen konte. Sie hatte ein so freyes und leutseliges Wesen/ daß/ ungeachtet ihrer mit einspielenden Ernsthafftig- keit/ die sie stets im Gesichte behielte/ in allen ihren Reden und Thun nichts als lauter Freundligkeit und höchste Anmuth zu spüren war. Die
Der Aſiatiſchen Baniſe. Kummers bald vergeſſen/ und in dieſe Worte her-aus brechen: O angenehmſtes Verhaͤngniß! be- gluͤckter Tag! an welchem mir die Sonne meines Lebens auffs neue auffgegangen iſt. Nunmehro bin ich geneſen/ und die wahrhafftigen Goͤtter ha- ben mein Hoffen geſegnet. Ach uͤberirrdiſche Schoͤnheit! deren Glantz die Sterne uͤbertrifft/ und ſich durch kein Gleichniß beſchreiben laͤſt. Es erhellet nur eine Sonne den Himmel/ und die Erde heget nur einen Phoͤnix/ alſo iſt nur eine Gottheit in Aſien/ welche anbetens wuͤrdig iſt/ ſo laſſet mich demnach/ O ihr Goͤtter/ ihr Prieſter werden. Jch muſte hierinne in allem meinem Printzen Beyfall geben: denn gewiß/ ich glaube/ daß derjenige eine vergebene Arbeit thun wuͤrde/ welcher in Aſten ſich eine gleiche Schoͤnheit aus- zuſuchen bemuͤhen wolte. Jch ſelbſt wurde gantz verblendet/ als nach uͤberſtandner Ohnmacht der Purpur wiederum ihre Wangen bekleidete: ja es kam mir faſt unglaublich vor/ daß eine ſolche Schoͤnheit von ſteꝛblichen Menſchen koͤnne gezeu- get werden. Jhre Geberden hatten ſo ein hohes und Majeſtaͤtiſches Anſehen/ daß man ſie un- moͤglich/ ohne in hohen Ehren zu halten/ und ſich uͤber dieſelbe zu verwundern/ anſehen konte. Sie hatte ein ſo freyes und leutſeliges Weſen/ daß/ ungeachtet ihrer mit einſpielenden Ernſthafftig- keit/ die ſie ſtets im Geſichte behielte/ in allen ihren Reden und Thun nichts als lauter Freundligkeit und hoͤchſte Anmuth zu ſpuͤren war. Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0224" n="204"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Aſiatiſchen Baniſe.</hi></fw><lb/> Kummers bald vergeſſen/ und in dieſe Worte her-<lb/> aus brechen: O angenehmſtes Verhaͤngniß! be-<lb/> gluͤckter Tag! an welchem mir die Sonne meines<lb/> Lebens auffs neue auffgegangen iſt. Nunmehro<lb/> bin ich geneſen/ und die wahrhafftigen Goͤtter ha-<lb/> ben mein Hoffen geſegnet. Ach uͤberirrdiſche<lb/> Schoͤnheit! deren Glantz die Sterne uͤbertrifft/<lb/> und ſich durch kein Gleichniß beſchreiben laͤſt. Es<lb/> erhellet nur eine Sonne den Himmel/ und die<lb/> Erde heget nur einen Phoͤnix/ alſo iſt nur eine<lb/> Gottheit in Aſien/ welche anbetens wuͤrdig iſt/ ſo<lb/> laſſet mich demnach/ O ihr Goͤtter/ ihr Prieſter<lb/> werden. Jch muſte hierinne in allem meinem<lb/> Printzen Beyfall geben: denn gewiß/ ich glaube/<lb/> daß derjenige eine vergebene Arbeit thun wuͤrde/<lb/> welcher in Aſten ſich eine gleiche Schoͤnheit aus-<lb/> zuſuchen bemuͤhen wolte. Jch ſelbſt wurde gantz<lb/> verblendet/ als nach uͤberſtandner Ohnmacht der<lb/> Purpur wiederum ihre Wangen bekleidete: ja<lb/> es kam mir faſt unglaublich vor/ daß eine ſolche<lb/> Schoͤnheit von ſteꝛblichen Menſchen koͤnne gezeu-<lb/> get werden. Jhre Geberden hatten ſo ein hohes<lb/> und Majeſtaͤtiſches Anſehen/ daß man ſie un-<lb/> moͤglich/ ohne in hohen Ehren zu halten/ und ſich<lb/> uͤber dieſelbe zu verwundern/ anſehen konte. Sie<lb/> hatte ein ſo freyes und leutſeliges Weſen/ daß/<lb/> ungeachtet ihrer mit einſpielenden Ernſthafftig-<lb/> keit/ die ſie ſtets im Geſichte behielte/ in allen<lb/> ihren Reden und Thun nichts als lauter<lb/> Freundligkeit und hoͤchſte Anmuth zu ſpuͤren war.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [204/0224]
Der Aſiatiſchen Baniſe.
Kummers bald vergeſſen/ und in dieſe Worte her-
aus brechen: O angenehmſtes Verhaͤngniß! be-
gluͤckter Tag! an welchem mir die Sonne meines
Lebens auffs neue auffgegangen iſt. Nunmehro
bin ich geneſen/ und die wahrhafftigen Goͤtter ha-
ben mein Hoffen geſegnet. Ach uͤberirrdiſche
Schoͤnheit! deren Glantz die Sterne uͤbertrifft/
und ſich durch kein Gleichniß beſchreiben laͤſt. Es
erhellet nur eine Sonne den Himmel/ und die
Erde heget nur einen Phoͤnix/ alſo iſt nur eine
Gottheit in Aſien/ welche anbetens wuͤrdig iſt/ ſo
laſſet mich demnach/ O ihr Goͤtter/ ihr Prieſter
werden. Jch muſte hierinne in allem meinem
Printzen Beyfall geben: denn gewiß/ ich glaube/
daß derjenige eine vergebene Arbeit thun wuͤrde/
welcher in Aſten ſich eine gleiche Schoͤnheit aus-
zuſuchen bemuͤhen wolte. Jch ſelbſt wurde gantz
verblendet/ als nach uͤberſtandner Ohnmacht der
Purpur wiederum ihre Wangen bekleidete: ja
es kam mir faſt unglaublich vor/ daß eine ſolche
Schoͤnheit von ſteꝛblichen Menſchen koͤnne gezeu-
get werden. Jhre Geberden hatten ſo ein hohes
und Majeſtaͤtiſches Anſehen/ daß man ſie un-
moͤglich/ ohne in hohen Ehren zu halten/ und ſich
uͤber dieſelbe zu verwundern/ anſehen konte. Sie
hatte ein ſo freyes und leutſeliges Weſen/ daß/
ungeachtet ihrer mit einſpielenden Ernſthafftig-
keit/ die ſie ſtets im Geſichte behielte/ in allen
ihren Reden und Thun nichts als lauter
Freundligkeit und hoͤchſte Anmuth zu ſpuͤren war.
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeZum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |