Faust trat hervor -- die rasende Ver- zweiflung rollte sich in scheußlichen Zügen, auf seiner Schattengestalt -- er -- wer kann den Frevel ausdrücken?
Alle Teufel bebten bey seinen Worten, und erstaunten über seine Vermessenheit. Seit der Entstehung der Hölle herrschte keine solche Stille, in dem dunklen furchtbaren Reiche, der Wohnung ewigen Jammers, ewigen Geheuls. Faust unterbrach sie, und for- derte den Satan zur Erfüllung seines Ver- sprechens auf.
Satan. Thor, wie kannst du von mir er- warten, daß ich der Herrscher der Hölle, dir mein Wort halten sollte, da man kein Bey- spiel hat, daß ein Fürst der Erde je sein Wort gehalten hätte, wenn er nichts dabey ge- wann. Wenn du vergessen kannst, daß du ein Mensch bist, so vergiß nicht, daß du vor dem Teufel stehst. Meine Teufel er- blaßten bey deiner Verwegenheit, mein fe- ster, unerschütterlicher Thron erbebte bey deinen vermeßnen Worten, und ich glaubte einen Zeigerschlag, ich hätte zu viel gewagt. Fort, deine Gegenwart macht mich unruhig, und du beweisest, daß der Mensch mehr thun kann als der Teufel ertragen mag. Zerrt ihn in den schrecklichsten Winkel der Hölle,
dort
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Fauſt trat hervor — die raſende Ver- zweiflung rollte ſich in ſcheußlichen Zuͤgen, auf ſeiner Schattengeſtalt — er — wer kann den Frevel ausdruͤcken?
Alle Teufel bebten bey ſeinen Worten, und erſtaunten uͤber ſeine Vermeſſenheit. Seit der Entſtehung der Hoͤlle herrſchte keine ſolche Stille, in dem dunklen furchtbaren Reiche, der Wohnung ewigen Jammers, ewigen Geheuls. Fauſt unterbrach ſie, und for- derte den Satan zur Erfuͤllung ſeines Ver- ſprechens auf.
Satan. Thor, wie kannſt du von mir er- warten, daß ich der Herrſcher der Hoͤlle, dir mein Wort halten ſollte, da man kein Bey- ſpiel hat, daß ein Fuͤrſt der Erde je ſein Wort gehalten haͤtte, wenn er nichts dabey ge- wann. Wenn du vergeſſen kannſt, daß du ein Menſch biſt, ſo vergiß nicht, daß du vor dem Teufel ſtehſt. Meine Teufel er- blaßten bey deiner Verwegenheit, mein fe- ſter, unerſchuͤtterlicher Thron erbebte bey deinen vermeßnen Worten, und ich glaubte einen Zeigerſchlag, ich haͤtte zu viel gewagt. Fort, deine Gegenwart macht mich unruhig, und du beweiſeſt, daß der Menſch mehr thun kann als der Teufel ertragen mag. Zerrt ihn in den ſchrecklichſten Winkel der Hoͤlle,
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Fauſt trat hervor — die raſende Ver-
zweiflung rollte ſich in ſcheußlichen Zuͤgen,
auf ſeiner Schattengeſtalt — er — wer
kann den Frevel ausdruͤcken?
Alle Teufel bebten bey ſeinen Worten, und
erſtaunten uͤber ſeine Vermeſſenheit. Seit der
Entſtehung der Hoͤlle herrſchte keine ſolche
Stille, in dem dunklen furchtbaren Reiche,
der Wohnung ewigen Jammers, ewigen
Geheuls. Fauſt unterbrach ſie, und for-
derte den Satan zur Erfuͤllung ſeines Ver-
ſprechens auf.
Satan. Thor, wie kannſt du von mir er-
warten, daß ich der Herrſcher der Hoͤlle, dir
mein Wort halten ſollte, da man kein Bey-
ſpiel hat, daß ein Fuͤrſt der Erde je ſein Wort
gehalten haͤtte, wenn er nichts dabey ge-
wann. Wenn du vergeſſen kannſt, daß du
ein Menſch biſt, ſo vergiß nicht, daß du
vor dem Teufel ſtehſt. Meine Teufel er-
blaßten bey deiner Verwegenheit, mein fe-
ſter, unerſchuͤtterlicher Thron erbebte bey
deinen vermeßnen Worten, und ich glaubte
einen Zeigerſchlag, ich haͤtte zu viel gewagt.
Fort, deine Gegenwart macht mich unruhig,
und du beweiſeſt, daß der Menſch mehr thun
kann als der Teufel ertragen mag. Zerrt
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/420>, abgerufen am 23.11.2024.
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