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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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Gewinn für den Fürsten. Weiß der Dur-
stige und kümmerts ihn, ob die Quelle, die
ihn tränkt, aus dem Bauche eines Berges
springt, der mit Gift angefüllt ist? Genug
für ihn, wenn er nur ohne Schaden sein
heißes Blut abkühlt. Dieser Heuchler miß-
fiel dir, weil er deiner hohen Meinung, die
du mir gerne aus gewissen Ursachen auf-
drängen wolltest, nicht entsprach, und ich
mußte ihn auf deinen Befehl erwürgen.
Sein unmündiger Sohn folgte ihm in der
Regierung. Seine Vormünder drückten
und preßten das unter dem Heuchler einst
glückliche Volk, verdarben das Herz und
den Geist des künftigen Regenten, entnerv-
ten früh seinen Körper durch Wollust, be-
herrschen ihn nun, da er mündig ist, und
sind seine und des Volks Tyrannen. Hätt'
ich nicht auf deinen Befehl den Vater er-
würgen müssen, so würde er seinen Sohn
nach seinen Grundsätzen erzogen, seine Fä-
higkeiten entwickelt, und ihn zum Manne
gebildet haben, der würdig sey, an der

Spitze

Gewinn fuͤr den Fuͤrſten. Weiß der Dur-
ſtige und kuͤmmerts ihn, ob die Quelle, die
ihn traͤnkt, aus dem Bauche eines Berges
ſpringt, der mit Gift angefuͤllt iſt? Genug
fuͤr ihn, wenn er nur ohne Schaden ſein
heißes Blut abkuͤhlt. Dieſer Heuchler miß-
fiel dir, weil er deiner hohen Meinung, die
du mir gerne aus gewiſſen Urſachen auf-
draͤngen wollteſt, nicht entſprach, und ich
mußte ihn auf deinen Befehl erwuͤrgen.
Sein unmuͤndiger Sohn folgte ihm in der
Regierung. Seine Vormuͤnder druͤckten
und preßten das unter dem Heuchler einſt
gluͤckliche Volk, verdarben das Herz und
den Geiſt des kuͤnftigen Regenten, entnerv-
ten fruͤh ſeinen Koͤrper durch Wolluſt, be-
herrſchen ihn nun, da er muͤndig iſt, und
ſind ſeine und des Volks Tyrannen. Haͤtt’
ich nicht auf deinen Befehl den Vater er-
wuͤrgen muͤſſen, ſo wuͤrde er ſeinen Sohn
nach ſeinen Grundſaͤtzen erzogen, ſeine Faͤ-
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[386/0397] Gewinn fuͤr den Fuͤrſten. Weiß der Dur- ſtige und kuͤmmerts ihn, ob die Quelle, die ihn traͤnkt, aus dem Bauche eines Berges ſpringt, der mit Gift angefuͤllt iſt? Genug fuͤr ihn, wenn er nur ohne Schaden ſein heißes Blut abkuͤhlt. Dieſer Heuchler miß- fiel dir, weil er deiner hohen Meinung, die du mir gerne aus gewiſſen Urſachen auf- draͤngen wollteſt, nicht entſprach, und ich mußte ihn auf deinen Befehl erwuͤrgen. Sein unmuͤndiger Sohn folgte ihm in der Regierung. Seine Vormuͤnder druͤckten und preßten das unter dem Heuchler einſt gluͤckliche Volk, verdarben das Herz und den Geiſt des kuͤnftigen Regenten, entnerv- ten fruͤh ſeinen Koͤrper durch Wolluſt, be- herrſchen ihn nun, da er muͤndig iſt, und ſind ſeine und des Volks Tyrannen. Haͤtt’ ich nicht auf deinen Befehl den Vater er- wuͤrgen muͤſſen, ſo wuͤrde er ſeinen Sohn nach ſeinen Grundſaͤtzen erzogen, ſeine Faͤ- higkeiten entwickelt, und ihn zum Manne gebildet haben, der wuͤrdig ſey, an der Spitze

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/397>, abgerufen am 22.11.2024.